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Köln-Exzesse: Polizeipräsident muss gehen - Medien: Albers hat Oberbürgermeisterin Reker belogen

Stand: 09.01.16 06:49 Uhr

Kölns Polizeipräsident Albers muss gehen. Er wurde vom Innenministerium in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Zuvor hatte ihm die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker ihr Vertrauen entzogen - ein in der Geschichte der Bundesrepublik einmaliger Vorgang: Reker sagte Medienberichten zufolge, Polizeipräsident Albers habe auch ihr gegenüber die Situation in der Kölner Silvesternacht falsch dargestellt. Noch am Dienstag hatte Reker dem Polizeipräsidenten auf einer gemeinsamen Pressekonferenz öffentlich den Rücken gestärkt.

Zuvor hatte der Kölner Express die Darstellung des Kölner Polizeipräsidenten als Lüge entlarvt: Albers hatte behauptet, die Kölner Polizei wisse nichts über die Herkunft der Täter, die in der Silversternacht am Kölner Hauptbahnhof mindestens 120 Frauen massiv sexuell belästigt hatten. Zählt man die Anzeigen wegen Diebstahl dazu, dann haben bisher über 170 Frauen Anzeige erstattet.

Der Kölner Express hatte in der Sache recherchiert und anderslautende Zeugenaussagen von Polizisten veröffentlicht, die in der Silversternacht im Einsatz waren: Es gebe eine geheim gehaltene Sammelliste, auf der Namen und Nationalität von 15 in der Tatnacht vorläufig festgenommenen Tatverdächtigen aufgeführt seien. Kurz darauf war in den Medien auch der interne Polizeibericht eines Einsatzleiters der Kölner Polizei veröffentlicht worden. Demnach war das überbordende Ausmaß sexueller Gewalt der Polizei in der Tatnacht bekannt gewesen.

Zudem hatte die Polizei bereits in der Tatnacht ermittelt, dass es sich beim Großteil der vorläufig festgenommenen Tatverdächtigen um erst vor wenige Wochen eingereiste Asylbewerber handelt, hauptsächlich aus Syrien.

Zwei Fragen stellen sich nun: Erstens: Hat der Kölner Polizeipräsident gegnüber der Öffentlichkeit auf eigene Faust in massiver Weise unwahre Aussagen über die Tatnacht gemacht, oder wurde er von übergeordneten Stellen dazu gedrängt oder angewiesen? Zweitens: Handelt es sich bei der verharmlosenden ersten Pressemitteilung der Kölner Polizei vom Neujahrsmorgen, in der die massiven sexuellen Übergriffe mit keinem Wort erwähnt worden waren, "nur" um eine Schludrigkeit in der Abstimmung zwischen Einsatzkräften und Pressestelle, oder wurde die Pressestelle der Kölner Polizei von Vorgesetzten angewiesen, eine unwahre Darstellung der Ereignisse der Silvesternacht zu veröffentlichen?

Indes hat die Polizei Köln eine sechste Pressemitteilung zu den Vorgängen in der Silvesternacht veröffentlicht. Diese enthält eine Erklärung des - zu diesem Zeitpunkt noch amtierenden - Polizeirpäsidenten Albers. Darin erklärt Albers:

"Meine Mitarbeiter und ich haben seit der von mir initiierten Pressekonferenz am 3. Januar mehrfach öffentlich betont, dass Polizistinnen und Polizisten während des Silvestereinsatzes im Bereich des Bahnhofsvorplatzes eine Vielzahl von Personen kontrolliert haben. Bei diesen Personen haben die Beamtinnen und Beamten Identitätsfeststellungen durchgeführt. Ich habe immer wieder verdeutlicht, dass sich viele der von diesen Maßnahmen Betroffenen mit vom "Bundesamt für Migration und Flüchtlinge" ausgestellten Dokumenten auswiesen.

Ich habe stets erklärt, dass die von den Polizistinnen und Polizisten kontrollierten Männer nicht zwangsläufig auch die Täter der schrecklichen Übergriffe sein müssen. Solange die Polizei Menschen keine durch Fakten gestützten Tatvorwürfe machen kann, gilt hier in Deutschland die Unschuldsvermutung.

Ich habe mich nie und werde mich auch in Zukunft nicht an Spekulationen beteiligen. Mir vorzuwerfen, dass ich die Herkunft von Tatverdächtigen verschleiert hätte ist daher vollkommen abstrus. Wer meinen wiederholten Ausführungen dazu zugehört hätte, dem müsste das deutlich geworden sein." 

Die Pressemitteilung ist vom 08.01.14:37 Uhr - Nur kurze Zeit später gab die Kölner Polizei um 16:47 Uhr in einer Pressemitteilung bekannt, dass Albers in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden sei:

"Persönliche Erklärung von Wolfgang Albers zur Entscheidung von Innenminister Ralf Jäger, ihn in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen:

"Als Kölner Polizeipräsident habe ich meine Arbeit immer als Dienst für die Polizei Köln und für die Menschen in Köln gesehen. Und dazu gehört es auch, in schwierigen Zeiten Verantwortung zu übernehmen. Vor allem, wenn es der Polizei Köln nicht gelungen ist, die von den Bürgern in sie gesteckten Erwartungen zu erfüllen. Wenn bei Einsätzen Menschen verletzt oder nicht ausreichend geschützt werden konnten. Wie Sie alle wissen, ist dies in der vergangenen Silvesternacht der Fall gewesen. Dieser Sachverhalt muss jetzt detailliert aufgearbeitet werden. Die öffentliche Debatte rund um meine Person ist dazu angetan, diese wichtige Arbeit zu erschweren und zu verzögern. Deshalb verstehe ich die heutige Entscheidung von NRW Innenminister Ralf Jäger. Es geht darum, verlorengegangenes Vertrauen wiederherzustellen.

Ich akzeptiere es, dass in der aktuellen Diskussion die Polizeiführung und damit auch zuallererst meine Person ins Zentrum der Kritik geraten sind. Aber die Polizistinnen und Polizisten, die in der Silvesternacht rund um den Kölner Hauptbahnhof im Dienst waren, haben diese Kritik nicht verdient. Sie haben bewiesen, dass die Kölner Polizei getragen wird vom umfassenden Engagement eines jeden Einzelnen. Den Polizistinnen und Polizisten in Köln möchte ich deswegen meinen tiefempfundenen Respekt für ihre geleistete Arbeit aussprechen."

Die Versetzung in den Ruhestand werde, so heißt es in der Pressemitteilung, Gegenstand der Kabinettssitzung am Dienstag, den 12.01.2016 sein. Albers werde seine Amtsgeschäfte bis dahin nicht wieder aufnehmen. Als Vertreter wurde der Direktionsleiter Zentrale Aufgaben, LRD Manuel Kamp, benannt. 

Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker hatte sich am 08. Januar 2015 in einer Pressemitteilung zu Wort gemeldet: Ihr Vertrauen in die Kölner Polizeiführung sei "tief erschüttert", Sie könne nicht akzeptieren, dass sie die Infos über die Herkunft der Täter erst aus den Medien erfahren habe. Reker hatte die Polizeiführung zuvor um Informationen zu den Ereignissen gebeten. Die Polizeiführung habe intern offensichtlich bereits ein "wesentlich differenzierteres" Bild von den Vorfällen gehabt, als der Oberbürgermeisterin mitgeteilt worden sei, so Reker.

 

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