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Tübingen:

Max-Planck-Institut: Direktor Nikos Logothetis will nicht mehr an Primaten forschen

Stand: 01.05.15 18:06 Uhr

30.04.2015. Nikos Logothetis, Direktor am Tübinger Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik, wird "nach Abschluss der laufenden und bereits genehmigten" Experimente an Primaten nicht mehr weiter an Primaten forschen. Das teilte die Max-Planck-Gesellschaft heute mit. Logothetis werde in Zukunft ausschließlich an Nagetieren forschen. Das Tübinger Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik wird wegen seiner Versuche an Primaten von Tierschützern heftig kritisert.

Nikos Logothetis habe die Scientific Community darüber informiert, dass er nach Abschluss der laufenden und bereits genehmigten Experimente an Primaten zukünftig ausschließlich an Nagetieren forschen wird.

Die Max-Planck-Gesellschaft bedauerte die Entscheidung des griechischen Wissenschaftlers heute in einer Pressemitteilung:

"Seit September 2014 ist die Primatenforschung am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in der Abteilung von Nikos Logothetis im Fokus einer Kampagne von Tierschutzaktivisten," so die Max-Planck-Gesellschaft. Mit Bildern aus der Tierhaltung, die zum Teil mit falschen Texten unterlegt worden seien, oder bei denen Tiere mutmaßlich manipuliert worden seien, werde tierexperimentelle Forschung diskreditiert.

In der Pressemitteilung heißt es weiter: "Die Max-Planck-Gesellschaft und das Institut sind den erhobenen Vorwürfen entgegengetreten und haben alles unternommen, um zu einer sachlichen Aufklärung beizutragen. Nikos Logothetis hat in jeder Hinsicht die Unterstützung der Max-Planck-Gesellschaft erfahren. Auch von Seiten der Politik haben sich namhafte Vertreter frühzeitig und sehr deutlich für die Forschung am Max-Planck-Institut ausgesprochen. Dafür sind wir sehr dankbar."

Auch die Darstellung in den meisten Medien sei sachlich und differenziert gewesen, schreibt die Max-Planck-Gesellschaft: "Die immer wieder aufkeimenden Anfeindungen, die Vielzahl an Drohmails und Beschimpfungen über die vergangenen Monate hinweg waren jedoch eine große Belastung für alle Beteiligten. Die Intensität und intolerante, teilweise menschenverachtende Aggressivität mit der manche unter dem Deckmantel der Anonymität für die Ideen des organisierten Tierschutzes eintreten, hat uns erschüttert."

Nikos Logothetis habe nun die Scientific Community darüber informiert,"dass er nach Abschluss der laufenden und bereits genehmigten Experimente an Primaten zukünftig ausschließlich an Nagetieren forschen wird. Die Max-Planck-Gesellschaft bedauert diese Entscheidung."

Weiter heißt es: "Ungeachtet dessen wirde es in der Max-Planck-Gesellschaft auch weiterhin tierexperimentelle Forschung an nicht-humanen Primaten geben. Dies ist nach wie vor der einzige Weg, um Behandlungsansätze zu entwickeln für neurologische Gehirnerkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson und psychiatrische wie Schizophrenie. Deshalb wird die Max-Planck-Gesellschaft innovative Forschungsansätze auf dem Gebiet der Primatenforschung auch zukünftig fördern."

Dem weltweit bekannten Hirnforscher Logothetis war es gelungen, Gehirne parallel sowohl mit einem bildgebenden Tomographen zu untersuchen, als auch mittels Elektroden Hirnströme von Neuronen abzunehmen. Neurowissenschaftler sehen die Möglichkeit, mit diesen Forschungsergebnissen die Ursachen von neurologischen und psychiatrischen Störungen ausfindig zu machen.

Bereits der Vorgänger von Logothetis als Institutsdirektor, der 2011 verstorbene, international bekannte Hirnforscher Valentin Braitenberg, war wegen der Primatenversuche teils heftigen Anfeindungen ausgesetzt gewesen. In Tübingen gibt es insgesamt drei Max-Planck-Institute. Davon forscht nur das Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik an Affen.

In den vergangenen Monaten hatte es wegen der Versuche an Rhesus-Affen teils heftige Auseinandersetzungen zwischen Befürwortern und Gegnern der  Primaten-Versuche gegeben. Vorausgegangen war die Veröffentlichung von Filmaufnahmen, die ein ins Institut eingeschleußter Mitarbeiter der "Soko Tierschutz" gemacht hatte. Unter anderem hatte sich daraufhin auch die weltbekannte Schimpansen-Forscherin Janes Goodall mit einer Stellungnahme in die Diskussion eingeschaltet.

Tierschützer hatten die Haltungs- und Versuchsbedingungen auf Basis der Filmaufnahmen heftig kritisiert. Das Max-Planck-Institut hatte demgegenüber darauf hingewiesen, dass die Filmaufnahmen so zusammengeschnitten worden seien, dass ein völlig falscher Eindruck erweckt worden sei.

Im Streit um angebliche Verstöße gegen den Tierschutz am Tübinger Max Planck-Institut hatte das Landratsamt Tübingen Untersuchungen gegen das Institut eingeleitet. Die Max-Planck-Gesellschaft hatte außerdem den Leiter des deutschen Primatenzentrums Stefan Treue mit einer Überprüfung der Primatenversuche beauftragt.

Unsere Redaktion hat bereits in mehreren Artikeln über die Argumente der Gegner und der Befürworter berichtet, der Tierschützer und der Forscher. In unserem "Liveticker Primatenversuche" finden Sie untenstehend eine Auswahl unserer Meldungen und Berichte, jeweils mit einem link zum Artikel:

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