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Berlin / Deutschland:

"Unsäglicher Angriff auf Pressefreiheit": ARD, Fernsehverband VdiF und Journalistenverband DJV kritisieren Tagesschau-Livestreamverbot durch Berliner Bezirksamt

Stand: 26.11.21 14:21 Uhr

Die Entscheidung des Bezirksamtes Berlin-Mitte, der "Tagesschau" die Live-Übertragung einer Pressekonferenz zu untersagen, wird seitens ARD, DJV und Fernsehverband VdiF scharf kritisiert: ARD-Digitalchefredakteurin Leopold warnt vor einem "gefährlichen Präzedenzfall." Der DJV zeigte sich "erstaunt und empört". Als "unsäglichen, brandgefährlichen Angriff auf die Pressefreiheit", bewertet der Fernsehverband VdiF das Verbot. "Das dürfen wir nicht zulassen!", so VdiF-Präsident Stefan Klarner: "Den Kollegen der "Tagesschau" gilt unsere uneingeschränkte Solidarität!"

"Tagesschau" kassiert Verbot von Berliner Bezirksamt

Das Bezirksamt Berlin-Mitte hatte der "Tagesschau" am gestrigen Mittwoch -17.02.2021 - untersagt, eine gemeinsam mit dem Robert Koch Institut (RKI) veranstaltete Pressekonferenz zur Corona-Situation live zu übertragen. Als Gründe für die Untersagung führte die Berliner Behörde den "Datenschutz" und fehlende Zustimmungen der Beteiligten an:

Datenschutz, Zustimmung und Urheberrecht hebeln Pressefreiheit aus - meint das Berliner Bezirksamt

"Nach unserer Auffassung wäre eine Einverständniserklärung aller Teilnehmenden erforderlich, die den Mitschnitt und die anschließende Veröffentlichung einiger Passagen gutheißen müssten, würde man Ihnen hier die Erlaubnis zum Mitschneiden und Veröffentlichen erteilen wollen. Dies ist nicht mehr zu bewerkstelligen", so das Bezirksamt Berlin-Mitte.

ARD-Digital-Chefredakteurin: Juliane LeopoldARD-Digital-Chefredakteurin: Juliane Leopold

Weiter seien zuvor offene Fragen des Datenschutzes und möglicherweise des Urheberrechts zu klären. Schließlich sei das RKI Urheberin der präsentierten Studiendaten und müsse diese Frage primär prüfen und beantworten müsste.

Das BA Mitte könne für seinen Teil Ihr Ansinnen daher lediglich in der kurz erläuterten pauschalen Form verneinen", beschied das Bezirksamt das Ansinnen der Tagesschau abschlägig und verwies das ARD-Nachrichtenformat kurzerhand "auf die allen interessierten Medienvertretenden angebotene Form der Teilnahme an der Videokonferenz."

ARD-Digital-Chefredakteurin Leopold: "gefährlicher Präzedenzfall"

Juliane Leopold, Digital-Chefredakteurin der ARD, sieht einen gefährlichen Präzedenzfall und warnt: "Die Corona-Pandemie betrifft alle Lebensbereiche. Wir wollen und müssen die Menschen darüber so gut wie möglich informieren und sie dabei unterstützen, sich selbst ein Bild zu machen."

Leopold sagte weiter: "Wir finden einen Präzedenzfall gefährlich, Livestreaming einer Pressekonferenz zur Corona-Lage zu verhindern."

Fernsehverbandschef Klarner: "Freiheit der Berichterstattung ist wesentlicher Pfeiler der Demokratie"

Stefan Klarner, Präsident des Fernsehverbandes VdiF, sagte: "Unseren öffentlich-rechtlichen Kollegen gilt hier unsere uneingeschränkte Solidarität. Was wir hier sehen, ist schlicht der Versuch, die Freiheit der Berichterstattung einzuschränken. Einer massiven oder schleichenden Einschränkung der Pressefreiheit muss energisch und mit aller Kraft Einhalt geboten werden."

"Unsäglicher Angriff auf die Pressefreiheit in Deutschland"

Das Bezirksamt Berlin-Mitte habe den öffentlich-rechtlichen Kollegen der Tagesschau mit fadenscheinigen Gründen untersagt, eine öffentliche Pressekonferenz als Livestream zu übertragen, so der Fernsehverbands-Chef: "Mit Entsetzen sehen wir hier einen unsäglichen Angriff auf die Pressefreiheit der Bundesrepublik Deutschland!"

 

Stefan Klarner (6.a)VdiF-Präsident: Stefan Klarner

Klarner sagte weiter: "Als privater Fernsehverband halten wir die Freiheit der Berichterstattung für einen grundlegenden, einen wesentlicher Pfeiler gelebter, stabiler und funktionierender Demokratie. Wer eine öffentliche Pressekonferenz gibt, der muss ohne wenn und aber mit einer öffentlichen Berichterstattung rechnen - auch in Form eines Livestreams." Ganz selbstverständlich müsse jeder Veranstalter selbst im Vorfeld dafür Sorge tragen, dass alle Urheberrechte vorliegen.

 

"Wir dürfen niemals zulassen, dass die journalistischen Grundpfeiler unserer Demokratie schleichend erodiert werden", warnt Fernsehverbands-Präsident Klarner:  "Wer sich hier - in Bezug auf eine Pressekonferenz - auf "Datenschutz", "Copyright" und "fehlende Einwilligungen" beruft, der hat - im besten Fall - von der Materie keine Ahnung. Oder benutzt - im schlechtesten Fall  - "Datenschutz" und Copyright als willkommene Ausrede, um die Freiheit der Berichterstattung konsequent zu unterminieren. Das dürfen wir nicht zulassen."

"Pressekonferenz ist kein privater Plausch": Deutscher Journalistenverband ist erstaunt und empört

Das Verbot des Berliner Bezirksamtes wurde auch vom Deutschen Journalistenverband DJV scharf kritisiert: 

DJV-Sprecher Hendrik Zörner sagte gegenüber der Tagesschau, der Deutsche Journalistenverband sei erstaunt und empört: "Eine Pressekonferenz ist nicht ein privater Plausch, der Außenstehende nichts angeht."

Weiter sagte Zörner: "Und außerdem ist die Corona-Pandemie das seit Monaten wichtigste Thema für die Menschen, über das Medien berichten wollen und müssen. Mit diesem Vorgehen befeuert man geradezu Verschwörungsideologien, die behaupten, da werde hinter verschlossenen Türen gekungelt."

"Kein einziger nachvollziehbarer Grund für das Übertragungsverbot":

Für das Livestream-Übertragungsverbot der Pressekonferenz gebe es, "keinen einzigen nachvollziehbaren Grund", so  Zörner: "Datenschutz und Schutz der Privatsphäre sind jedenfalls bei einer Pressekonferenz keine Hinderungsgründe", zitiert die "Tagesschau" Zöllner. Das Berzirksamt Mitte solle seine Blockadehaltung aufgeben: "Die Behörde macht sich lächerlich".

Das RKI verwies auf das Bezirksamt und wollte sich gegenüber der "Tagesschau" nicht zu dem Vorgang äußern.

Die "Tagesschau" "dokumentiert den Vorgang transparent .. um der Öffentlichkeit zu erklären, warum die Pressekonferenz nicht live übertragen werden konnte", schreibt die ARD-Nachrichtensendung in einer Stellungnahme zu dem Vorfall auf ihrer Homepage.

Teilnehmer der Pressekonferenz waren der "Tagesschau" zufolge "unter anderem RKI-Präsident Lothar Wieler, der Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel, sowie die Studienleiterin, der Gesundheitsstadtrat und ein Amtsarzt". Diese "bekleiden öffentliche Ämter und treten in ihrer Funktion auf. Die Presse muss darüber ohne Einschränkungen berichten können", heißt es in der Stellungnahme der Tagesschau wörtlich.

Erstveröffentlichung:18.02.2021-16:19

 


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