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Islam oder Muslime: was gehört zu Deutschland? Debatte in Stuttgart / Wolf warnt vor Überheblichkeit

Stand: 07.02.15 19:22 Uhr

Nicht erst seit dem Terror-Attentat in Paris mit insgesamt 12 Toten, dem täglich dokumentierten unmenschlichen Wüten der Terrormiliz IS im Nahen Osten sowie einer wachsenden Zahl radikalisierter Islamisten und Salafisten in Deutschland, wird die Debatte um die Rolle des Islam kontrovers geführt. Viele der islamistischen Kämpfer der IS sind Kinder westlicher Gesellschaften. Experten verweisen auf oft gescheiterte Lebensentwürfe, auf misslungene Integration und auf fehlende Anerkennung muslimischer Migranten, die terroristische Verführer konsequent ausnützten. Die islamkritische Pegida-Bewegung brachte Zehntausende auf die Straße. Im Rahmen dieser Debatte hatte erst Alt-Bundespräsident Christian Wulf und später die Kanzlerin mit dem Satz ein Zeichen gesetzt, dass der Islam zu Deutschland gehöre. Ein Satz, der zu viel Zustimmung führte. Aber auch - und vor allem in der CDU Merkels - heftigen Widerspruch hervorrief. Grund genug für die Landtags-Grünen, dies zum Thema einer Debatte zu machen. Und diese wichtige Debatte wollen wir Ihnen nicht vorenthalten.

Es ist ein besorgniserregender Umstand: Rund 90 Prozent der bei uns lebenden Muslime fühlen sich der Demokratie in Deutschland und ihren Werten verbunden. Nach den Berichten über das Wüten der Terrormiliz IS. zahlreichen islamistischen Attentaten und dem Erstarken radikalislamischer Strömungen haben 57 Prozent der Deutschen – einer aktuellen Umfrage zu Folge Angst vor dem Islam. Die Kanzlerin wollte dem entgegentreten - und entzündete eine heftige Debatte.

Für den grünen Ministerpräsidenten des Landes ist die Sache klar, trotz aller Diskussionen: In Deutschland, so Kretschmann, lebten 4 Millionen Muslime, im Land 600 000. 10 Prozent der Baden-Württemberger seien also muslimischen Glaubens. Und selbstverständlich gehörten alle diese Muslime „zu uns".Da der Islam also zu ihnen gehöre, folge dartaus ganz logisch, dass „der Islam zu unserem Land" gehöre.

Eine Meinung, die auch der Chef der sozialdemokratischen Landtagsfraktion teilt. Wirklich erschrocken sei er, so Schmiedel, dass sächsische Ministerpräsident und Fraktionschef Volker Kauder nicht hinter der Äußerung der Kanzlerin stünden. Jetzt stelle sich also die Frage, wie es denn der neue CDU-Fraktionschef Wolf halte. Der Islam gehöre zum Land und „zu uns" . Und davor habe sich niemand zu fürchten. Das sei die Botschaft.

Eine schädliche, ein rein taktisch angestoßene Debatte – mutmaßt heute hingegen der FDP-Fraktionsvorsitzende Hans Ulrich Rülke. Durchsichtig sei dies. Es gehe dabei nur darum, den neuen CDU-Mann in Verlegenheit zu bringen. Das aber werde dem Ernst der Lage nicht gerecht – ein Vorgehen, das Wasser auf den Mühlen der Radikalen wie der AFD sei, die nur darauf warteten, durch solche Stimmungsmache in den Landtag einzuziehen.

Es gebe Ängste. Und die müsse man aufnehmen - und differenziert darüber diskutieren, so Rülke. Und genau deshalb „helfen einfache Sätze nicht weiter". Für sicher keinem im Parlament sei der Satz ein Problem, dass jede Religionszugehörigkeit gleichberechtigt sei. Allerdings lade der Satz, dass der Islam ein Teil des Landes sei, zu Missverständnissen ein. Denn weder die Scharia, noch Hassprediger, noch Intoleranz und Unterdrückung gehörten zu deutschland. Und das müsse man in aller Form auch sagen.Wer das von manchen empfundene Unbehagen einfach leichtfertig abtue, der schaufle Wasser auf die Mühlen von Afd und Pegida.

So sieht das auch der frisch gekrönte CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf. Es habe schon einen Anflug von Überheblichkeit, wenn man einfach postuliere, dass der „Islam zu uns gehöre", und sich niemand zu fürchten habe – wie das Schmiedel erklärt habe. Das werde der Stimmungslage in der Bevölkerung nicht gerecht. Und wer diese Stimmungslage, die sich in Bewegungen wie Pegida ausdrücke einfach übergehe, erweise einen Bärendienst. Mit Überheblichkeit werde man den Boden dafür bereiten, dass Integration nicht gelinge.

Daraus folge: man müsse den Islam in allen seinen positiven, aber derzeit auch negativen Erscheinungsformen von den Menschen trennen: Die Union stelle deshalb die Menschen in den Mittelpunkt, man stelle die Muslime in den Mittelpunkt – und deshalb gelte für die CDU der Satz, dass die Muslime zu Baden-Württemberg gehörten.

In der Einschätzung Wolfs, dass vor allem Religionsfreiheit Baden-Württemberg ausmache, trafen sich indessen die beide Argumentationen. Für den Ministerpräsidenten ist genau sie es, die die Muslime wie auch Juden, Christen, Buddhisten und andere zum Teil des Landes macht.

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