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Stuttgart:

Arbeit der Enquete-Kommission Pflege - "neue Horizonte für eine aktive Alten­pflegepolitik" ?

Stand: 14.11.14 19:33 Uhr

Wir brauchen eine breite Kooperation aller Akteure in und für die Altenpflegepolitik. Dabei sind flexible und bedarfsorientierte Angebote Schlüsselaspekte für eine zukunftsfähige Pflege - so lautet das Fazit der Podiumsdis­kussion auf dem Pflegeforum der Evangelischen Heimstiftung, das im Oktober 2014 im Haus auf der Waldau in Stuttgart-Degerloch stattfand.Die Veranstaltung aus der Reihe Horizonte ist im Haus auf der Waldau in Stuttgart-Degerloch diesen und weiteren Themen nachgegangen."

Einer Presseerklärung der Evangelische Heimstiftung zufolge waren weitere Themen und Fragen: "Die Altenpflegepolitik in Baden-Württemberg aktiv gestalten. Ein Appell? Eine Herausforde­rung? Eine Vision? Welchen Beitrag kann die Ende März 2014 vom baden-württembergischen Landtag eingesetzte Enquete-Kommission für eine zukunftsgerichtete Pflege leisten?"

Unter der Leitung von SWR-Moderatorin Janet Pollok argumentierten und diskutierten hierzu auf dem Podium: Thaddäus Kunzmann, MdL und Obmann der Enquete-Kommission Pflege (CDU), Manfred Lucha, MdL und stellv. Vorsitzender der Enquete-Kommission Pflege (Bündnis 90/DIE GRÜNEN), Thomas Reumann, Landrat des Landkreises Reutlingen und externes Mitglied Enquete-Kommission, Ingrid Schmidt, Angehörige und Vorsitzende des Ehrenamts­beirates der Evangelische Heimstiftung, Dekan Martin Luscher, stellv. Aufsichtsratsvorsit­zender der Evangelischen Heimstiftung sowie Gastgeber Bernhard Schneider, Hauptge­schäftsführer der Evangelischen Heimstiftung.

Mit pointierten Aussagen wie „Beim Sorgenbarometer der Deutschen stehen Alter und Pflege ganz weit oben" oder „Der demografische Wandel kommt nicht allein" habe  zuvor Prof. Dr. Thomas Klie in seinem Fachvortrag zur „Caring Community" wichtige Impulse für die nach­folgende Diskussion geliefert. Klie forderte für eine aktive Altenpflegepolitik, u.a. die Profes­sionalität neu zu definieren. Zudem müsse der Fokus der sozialen Unternehmen auf dem volkswirtschaftlichen Gedanken liegen und damit müsse höchstes Vertrauen insbesondere in die Kommunalpolitik vorherrschen. Gute Pflege habe Vorrang vor dem Ziel, wirtschaftlich erfolgreich zu sein.

Erwartungen an die Arbeit der Enquete-Kommission Pflege

In der Pressemitteilung heißt es weiter: "Die Erwartungen an die Ergebnisse der Arbeit aus der Enquete-Kommission sind groß. Bis Ende Januar 2016 soll die Situation der Pflege in Baden-Württemberg darauf untersucht und überprüft sein, wie die vorhandenen Rahmenbedingungen verändert und welche Impulse gegeben werden müssen, um eine qualitativ hochwertige Pflege dauerhaft sicherzustellen."

Die Enquetekommission werde dann dem Landtag im Plenum einen abschließenden Bericht erstatten. Gekoppelt daran seien natürlich auch entsprechende Erwartungen an die Umset­zung der Ergebnisse durch die Politik, die sich selbst hohe Ziele für die Arbeit der Enquete-Kommission stecke.  

Manfred Lucha, Stellvertretender Vorsitzende der Kommission, sagte: "Eines der herausragenden Ziele der Enquete liegt darin, Kompetenz, Einkommenssituation und Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte so zu verbessern, dass vor dem Hintergrund des demografischen Wandels eine qualifizierte Pflege zukunftsfähig wird. Der Pflegeberuf hat für uns seit jeher einen hohen Stellenwert. Jede Initiative, die helfen kann, den Beruf in der öf­fentlichen Wahrnehmung zu stärken, hat unsere Unterstützung. Wir wollen den Pflegekräften die Anerkennung zukommen zu lassen, die sie verdienen und die Rahmenbedingungen für die tägliche Arbeit der Pflegekräfte zu verbessern".

Thaddäus Kunzmann weiß, „die Betroffenen erwarten von uns Impulse, Strategien und Emp­fehlungen, und zwar abseits von tagesaktuellen Kontroversen". Das bedeutet, es müssen Lösungen gefunden werden, die z.B. die steigenden Bürokratiebelastungen senken. „Der Verwaltungsaufwand bindet personelle Ressourcen, die erheblich besser direkt an den Men­schen eingesetzt werden könnten. Zuhause alt zu werden, davon träumen wir alle."

Umso wichtiger seien Präventions- und Reha Maßnahmen, "die uns in die Lage versetzen sollen, solange wie möglich ein von Pflegeleistungen unabhängiges Leben führen zu können. Das heißt, dass auch die Angehörigen Pflege und Beruf miteinander verbinden können müssen", so Kunzmann zum Auftrag der Enquete.

Welche Rolle und welche Pflichten haben die Kommunen und das Land im Hinblick auf eine aktive Altenpflegepolitik?

Die klare Forderung der Evangelischen Heimstiftung laute: „Die Kommunen sind als unser wichtigster Partner in der Pflicht, eine moderne und zukunftsfähige Pflegeinfrastruktur zu gestalten und zu fördern", so Schneider. „§ 9 SGB XI muss daher zur Pflichtleistung werden", forderte Schneider. „Die kommunale Daseinsvorsorge steht außer Frage", erwiderte Reumann. „Die Gestaltungsmöglichkeiten der Kommunen sind letztlich ausschlaggebend für die Wahrnehmung der Aufgaben der Gemeinden", sagte Reumann.

„Eine Vorschrift, die die Kommunen verpflichtet, Einsparungen, die den Trägern der Sozialhilfe durch die Pflegever­sicherung entstehen, auch in der pflegerischen Versorgungsstruktur einzusetzen, geht fehl", so Reumann weiter. Die Bedarfe in den Landkreisen seien zu unterschiedlich. Letztlich käme es auch auf einen bedarfsorientierten Pflegemix und entsprechende Prävention an. Für De­kan Luscher hat Kommune die Aufgabe und Pflicht, in ihrer Gemeinde für den richtigen Ort und den richtigen Ansprechpartner zu sorgen.

„Das ist Teil der kommunalen Sorge", sagte Luscher. Für Ingrid Schmidt hingegen gelingt die kommunale Sorge bereits, jedenfalls im Hinblick auf das Ehrenamt. „Die Nachbarschaftshilfe ist der Schlüssel für eine gelebte Alten­hilfe in der Gemeinde. Schädlich ist hier vor allem das Konkurrenzdenken und die mangeln­de gesellschaftliche Anerkennung von ehrenamtlichem Engagement", so Schmidt.

Gibt es eine Vision für eine aktive Altenpflegepolitik in Baden-Württemberg oder ist es letztlich nur eine Frage der Finanzierung?

Eine der Kernkritiken der Evangelischen Heimstiftung gegenüber der aktuellen Landes- und Kommunalpolitik in Baden-Württemberg sei  die fehlende Vision, das fehlende Konzept zur Entwicklung einer nachhaltigen Altenpflegepolitik. Für Thomas Reumann orientiert sich eine solche Vision am Bedarf der betroffenen, zu pflegenden Menschen und sie führt letztlich zu einer koordinierten und ganzheitlichen Pflegestrategie. „Natürlich geht es auch um die Fra­ge der Finanzierung von Pflegeinfrastrukturen. Letztlich fließen aber über die Hälfte der kommunalen Haushaltsgelder in die Soziale Sorge", so Reumann.

Manfred Lucha sieht die Autonomie der älteren und sterbenden Menschen im Mittelpunkt von Vision und Strategie. Daher sei die Achtsamkeit im Hinblick auf gesetzgeberische Beschlüsse von großer Bedeu­tung. „Wir brauchen Kooperation statt Konkurrenz. Die Finanzierung steht dabei nicht im Vordergrund", so Lucha weiter. Dekan Martin Luscher fordert eine Altenpflegepolitik, die so flexibel ist, dass sie auf die heterogenen Bedürfnisse einer subsidiären Gesellschaft reagie­ren kann. „Dabei muss nicht nur das ambulante mit dem stationären Angebot gekoppelt sein. Der Quartiersgedanke muss im Vordergrund stehen", so Luscher.

Thaddäus Kunzmann warnte davor, die zukünftige Generation mit der Finanzierung der Pflege zu überfordern. „Die Vision kann nur lauten: Pflege zukunftsorientiert und vor allem generationengerecht zu ge­stalten", so Kunzmann.

Abschlussstatements:

Thaddäus Kunzmann, MdL und Obmann der Enquete-Kommission Pflege (CDU) sagte: „Eine aktive Altenpflegepolitik kann nur gemeinsam gelingen, Bund, Land und Kommunen sind gleichermaßen gefordert."

Manfred Lucha, MdL und stellv. Vorsitzender der Enquete-Kommission Pflege (Bündnis 90/DIE GRÜNEN) äußerte sich so: „Konkretes Ziel der Enquete ist es, eine deutliche Verbesserung des Einkommens und der Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte zu erreichen und so das Berufsbild insgesamt aufzu­werten. Wir brauchen eine deutliche Steigerung der Attraktivität des Pflegeberufs".

Thomas Reumann, Landrat Reutlingen (externes Mitglied Enquete-Kommission) sagte: „Die Bedarfe geben das Handeln für eine aktive Altenpflegepolitik vor. Wir brauchen unter­schiedliche Hilfeformen und eine gute Vernetzung vor Ort, die sektorenübergreifend wirkt".

Ingrid Schmidt, Vorsitzende Ehrenamtsbeirat Evangelische Heimstiftung, erklärte: „Es gibt nicht das eine Konzept oder die eine Vision. Aktiv Altenhilfe leisten, aber auch alt werden heißt in (Lebens-)Phasen und flexibel denken".Dekan Martin Luscher, stellv. Aufsichtsratsvorsitzender Evangelische Heimstiftung: „Die Erhebung der Bedarfe ist der zielführende Schritt hin zu einer nachhaltigen Altenpflege­politik. Der Care & Cure Gedanke spielt dabei eine erhebliche Rolle."

Bernhard Schneider, Hauptgeschäftsführer Evangelische Heimstiftung, sagte: „Eine aktive Altenpflegepolitik braucht eine breite Kooperation von allen Beteiligten, auch der Sozialhilfeträger. Wir müssen weg von dem Klein Klein, hin zu einer zukunftsfähigen und vor allem tragfähigen Pflegeinfrastruktur."

Über die Evangelische Heimstiftung

Die EHS wurde nach eigenen Angaben 1952 gegründet, ist Mitglied im Diakonischen Werk und betreibt als gemeinnütziges, modern ausgerichtetes Unternehmen 80 Einrichtungen mit insgesamt 7.000 Plätzen. Dazu gehören 78 Pflegeheime, eine Rehabilitationsklinik, eine Einrichtung für Men­schen mit Behinderungen sowie 1.300 Betreute Wohnungen und 16 Mobile Dienste mit 1.700 Kunden.

Insgesamt betreut die EHS demnach mit 6.900 Beschäftigten fast 10.000 pflege- und hilfebedürftige Menschen. Zum Leistungsspekt­rum gehören alle Dienstleistungen rund um Pflege und Alter. Mit dem Tochterunternehmen ABG (Altenhilfe Bera­tungs GmbH) verfügt die EHS zudem über einen Einkaufsverbund mit bundesweit über 3.000 Kunden.

Die EHS ist nach eigenen Angaben das größte soziale Dienstleistungsunternehmen im Bereich der Altenpflege in Baden-Württemberg.

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