Jens Spahn | Bildquelle: RTF.1

Berlin/Region:

Spahns Widerspruchslösung zur Organspende abgelehnt - Gemischte Reaktionen

Stand: 16.01.20 18:51 Uhr

Der Bundestag hat heute über die Neuregelung der Organspende in Deutschland entschieden. Der Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, dass automatisch alle Bürgerinnen und Bürger Organspender seien, wenn sie nicht widersprechen, wurde abgelehnt. Die Reaktionen fallen gemischt aus.

Organspenden bleiben in Deutschland nur mit ausdrücklicher Zustimmung erlaubt. Der Gesetzesvorschlag einer Gruppe um die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock und die Vorsitzende der Linken, Katja Kipping, wird daher wohl in Kraft treten. Dieser Entwurf sieht vor allem mehr Beratung bei Behörden, sowie ein zentrales Online-Spenderregister vor.

Der Tübinger SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Rosemann begrüßte die Entscheidung, denn er ist der Meinung, dass jeder selbst entscheiden solle, ob er Spender sein möchte oder nicht: "Ich habe im Bundestag dafür gestimmt, dass Menschen viel stärker als bisher zum Thema Organspende aufgeklärt und aktiv angesprochen werden. Dafür, dass Menschen, wenn sie beispielsweise ihren Personalausweis beantragen, sich für eine Organspende registrieren können – ganz einfach von zu Hause übers Internet".

Zudem müssten die Abläufe in den Kliniken so verbessert werden, dass mögliche Organspenden auch schnell weitergeleitet werden und tatsächlich einem kranken Menschen zu Gute kommen können, so Rosemann.

Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha (Grüne) hingegen bedauerte die Ablehnung der Widerspruchslösung. Es sei eine große Chance vertan worden, die dringend notwendigen Organspenden deutlich zu erhöhen mit einem Verfahren, das in vielen anderen Ländern erfolgreich sei, so Lucha. "Aber ich hoffe, dass diese intensive und faire medizinethische Debatte heute im Bundestag ebenso wie die breite gesellschaftliche Diskussion der vergangenen Monate nun zumindest dazu führen, das wichtige Thema Organspende wieder mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken."

Die Tübinger Wahlkreisabgeordnete und Staatsministerin Annette Widmann-Mauz (CDU) hatte vor der Bundestags-Debatte für die Entscheidungslösung geworben. Die Organspende sei ein äußerst sensibles und gerne verdrängtes Thema. "Es handelt sich um eine höchst persönliche und individuelle Entscheidung, mit deren konkreter Auseinandersetzung sich viele von uns sehr schwer tun – auch wir Bundestagsabgeordneten", so Widmann-Mauz. In der Widerspruchslösung sah sie einen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen. Sie sprach sich daher dagegen aus. 

Der Reutlinger CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Donth, selbst Inhaber eines Organspendeausweises, trat ebenfalls für die Freiwilligkeit ein. Er habe bei der heutigen Abstimmung für die Zustimmungslösung votiert, erklärte Donth. Er betonte: „Wir sind uns einig, dass wir dringend Verbesserungen in der Organspende brauchen. Für mich gilt aber, dass die Organspende nach dem Tod auch zukünftig eine bewusste und freiwillige Entscheidung bleiben muss - eben eine Spende - und nicht durch den Staat erzwungen werden darf." Die Selbstbestimmung über den eigenen Körper sei ein zentrales Element menschlicher Würde. Dieses Menschenrecht dürfe nicht durch ein nachträgliches Veto ausgehebelt werden.

Wenn ein Mensch nicht in der Lage ist, psychisch, physisch, oder auch emotional sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, dürfe es keinen Automatismus hin zu einem Objekt des Staates geben, so Donth. „Das entspricht nicht meinem Menschenbild", so der Bundestagsabgeordnete.

Im aktuellen ZDF-Politbarometer, für das 1.282 zufällig ausgewählte Wahlberechtigte befragt wurden, hat die Widerspruchslösung beim Thema Organspende eine Mehrheit: 61 Prozent fänden es demnach gut, wenn zukünftig jeder nach seinem Tod automatisch Organspender ist, sofern dem zuvor nicht widersprochen wurde. 36 Prozent finden das nicht gut.

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