Sklaverei - Schwarze Arme in Eisenfesseln | Bildquelle: Pixabay.com

Kritik:

Hilfsorganisationen halten Ergebnisse des G20-Gipfels für unzureichend

Stand: 09.07.17 12:59 Uhr

Die Bewertung des G20-Gipfels in Hamburg durch große Hilfsorganisationen fällt durchwachsen aus. Eine große Chance sei nicht genutzt worden, wegweisende Entscheidungen für eine gerechtere Gestaltung der Globalisierung und eine entschiedenere Bekämpfung von Klimawandel, Armut und sozialer Ungleichheit zu treffen. Andererseits Zustimmung, dass in Bildung investiert werden soll.

"Niemanden zurücklassen"- diese Maxime der Agenda 2030 ist mit der Politik der G20 so nur schwer zu realisieren. Was auf dem Spiel steht ist die Verantwortung für den Erdplaneten, der gemeinsames Haus für alle ist", kommentierte MISEREOR-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel."Wir hätten ein starkes Bekenntnis zu einem Wandel des globalen Wirtschaftssystems zu einer nachhaltigeren, gerechteren und ressourcenschonenden Wirtschaft gebraucht und ein noch stärkeres Bekenntnis zur Bewahrung der Schöpfung. Was wir hier in Hamburg als Ergebnis bekommen haben, sind in weiten Teilen Allgemeinplätze zum Erhalt des Status quo und eben nicht der so dringend benötigte ökologisch-soziale Wandel. Unsere Erwartungen in die deutsche Präsidentschaft waren höher. Jetzt stellt sich die Frage, ob die G20 in diesem Format künftig noch handlungsfähig sein werden", so Spiegel.

Die G20 verabschiede mit dem "Hamburg Action Plan" nur einen weiteren traditionellen Wachstumsplan, der keine Trendwende hin zu einer kohlenstofffreien Wirtschaft einleite. Handel und Investitionen erscheinen als ungebremste Motoren des Wachstums, ohne dass von ökologischen, sozialen und menschenrechtlichen Leitplanken die Sprache sei.

Unterlassene Hilfeleistung beim Kampf gegen den Klimawandel

Bei der Bekämpfung des Klimawandels sei trotz der Benennung der unterschiedlichen Positionen zur USA ein "Jetzt erst recht" nach dem Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommens der weiteren G19 nicht zu erkennen. Weder ein Bekenntnis zu einem zeitnahen weltweiten Ausstieg aus den fossilen Energieträgern, noch ein Ende deren Subventionierung bis 2020 wurde beschlossen. "Das ist "unterlassene Hilfeleistung" für die verletzlichsten Menschen, die vom Klimawandel am meisten betroffen sind! Für sie reichen die bisherigen Verpflichtungen bei weitem nicht aus", erklärte Spiegel. Es fehle ein klares Signal auch aus Deutschland für eine ambitionierte Allianz zur Transformation des Energiesektors, ohne die die Pariser Klimaziele nicht umzusetzen sind.

Offene Menschenrechts-Fragen bei Investitionspartnerschaften mit Afrika

Viele offene Fragen bleiben hinsichtlich der mit afrikanischen Staaten beschlossenen Investitionspartnerschaften, in deren Rahmen mit ausländischen Direktinvestitionen große Infrastrukturprojekte finanziert werden sollen "Die Erfahrungen vieler MISEREOR-Partnerorganisationen vor Ort zeigen aber: Es kommt auf das "Wie" an. Die G20-Staaten konnten sich nicht auf notwendige Mindeststandards bei Umwelt- und Menschenrechtsschutz einigen. Immer wieder werden Menschen von Großprojekten vertrieben, oder ihr Protest gegen die Projekte kriminalisiert", so Spiegel. Die G20-Staaten hätten die Chance verpasst, Rahmenbedingen für die einheimische Privatwirtschaft mehr in den Blick zu nehmen. Dazu zähle die Einhaltung der Menschenrechte, der Kampf gegen Korruption, die Priorisierung von einheimischen Betrieben und gute Regierungsführung.

Investitionen in Bildung

Die Kinderhilfsorganisation Plan International begrüßt das Bekenntnis der G20 zur stärkeren Finanzierung von Bildung. Plan-Geschäftsführerin Maike Röttger: "Wir freuen uns, dass die G20 die Forderungen der Zivilgesellschaft zu Bildung weitgehend aufgenommen hat. Den Worten muss nun rasch entschiedenes Handeln folgen. Denn noch immer gehen über 260 Millionen Kinder weltweit nicht zur Schule. Und es sind vor allem die Mädchen, die betroffen sind: Sie bleiben 1,5 mal wahrscheinlicher als Jungen ausgeschlossen von Grundbildung. Wir fordern, dass Deutschland seiner globalen Verantwortung gerecht wird und für die Globale Partnerschaft für Bildung (GPE) jährlich mindestens 100 Millionen Euro sowie 50 Millionen Euro für den Education Cannot Wait-Fonds für Bildung in humanitären Krisen bereitstellt."

Save the Children begrüßt die Entscheidung der G20-Staatschefs in Hamburg, die Finanzierung von Bildung und einer allgemeinen Gesundheitsversorgung zu priorisieren."Auf der Agenda der G20 standen viele wichtige Themen wie Handel, Migration und Klimawandel. Trotz dieser Herausforderungen haben die Staatschefs die Finanzierung von Bildung und Gesundheit auf die Agenda gesetzt, um sicherzustellen, dass Millionen der weltweit am stärksten gefährdeten Kinder bessere Überlebens- und Zukunftschancen haben", so Katri Bertram von Save the Children Deutschland.

"Die Investition in Bildung und Gesundheit ist entscheidend: Gesellschaften, die Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung haben, sind stärker, sicherer und wohlhabender. Wir fordern von der argentinischen G20-Präsidentschaft im Jahr 2018, auf diesen Fortschritt aufzubauen und Gesundheit und Bildung zu einem festen Bestandteil der G20-Agenda zu machen", so Katri Bertram.

Klimaschutz: "Paris gesichert, aber nichts vorangebracht"

Im G20-Abschlussdokument bekennen sich alle Mitgliedsstaaten außer den USA dazu, das Pariser Klimaschutzabkommen rasch umzusetzen. Eine nahezu identische Formulierung haben die G20 vor einem Jahr beim Gipfel in China unterzeichnet. Greenpeace-Geschäftsführerin Sweelin Heuss meint dazu: "Die G19 haben heute Paris abgesichert, aber den Klimaschutz nicht voran gebracht. Hamburg hätte ein Zeichen senden müssen, dass die großen Industrie- und Schwellenländer den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas beschleunigen und jenen Menschen Sicherheit garantieren, die der Klimawandel schon heute existenziell bedroht.

Die Zukunft von Millionen Menschen hängt davon ab, ob die großen Industriestaaten ihren Ausstoß an Treibhausgasen schnell genug senken. Gelingen wird das nur, wenn saubere Erneuerbare Energien möglichst schnell schmutzige Kohlemeiler ersetzen. Kanzlerin Merkel darf den deutschen Kohleausstieg nicht noch länger hinauszögern."

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