"Jetzt ist die Zeit, den Ungläubigen die Köpfe abzuschneiden!"
Die Aussagen der Betroffenen offenbaren ein religiöses Verständnis auf Seiten der Angreifer, das wie in ihren Herkunftsländern von Hass und Verachtung für "Ungläubige" - also Nichtmuslime - geprägt ist. Ein trauriger Höhepunkt war der an eine Wand geschriebene Aufruf, "den Ungläubigen die Köpfe abzuschneiden", der zur zwischenzeitlichen Evakuierung der Christen führte. Er steht in einer Reihe regelmäßiger Morddrohungen, denen besonders Konvertiten ausgesetzt sind. So berichtet ein Betroffener, man habe zu ihm gesagt: "'Wir werden dich umbringen, wir reißen deine Leber heraus und reißen sie in Stücke.' Sie sagten, ich hätte meine Religion verkauft und wäre ein Ungläubiger." Und an anderer Stelle: "Sie sagten, ich hätte meine Religion verkauft und deshalb dürften sie mich sogar vergewaltigen. Sie rissen mir die Hose herunter, um mich zu demütigen." Auch einige der Mitarbeiter in den Bereichen Übersetzung, Security und andere Dienste, viele selbst mit Migrationshintergrund, waren nach Aussagen der Betroffenen maßgeblich an der Diskriminierung von christlichen Flüchtlingen bzw. der Verschleierung der Zustände beteiligt.
Hessische Landesregierung beschließt Maßnahmen zum Schutz religiöser Minderheiten
Im Rahmen eines Treffens im August 2016 hat der geschäftsführende Vorstandsvorsitzende von Open Doors Deutschland, Markus Rode, dem hessischen Innenminister Peter Beuth eine Erstfassung des nun vorliegenden Rotenburg-Berichts übergeben. Innenminister Beuth versprach, sich der Problematik in seinem Bundesland verstärkt anzunehmen. Mittlerweile haben das hessische Innen- sowie das Sozialministerium gemeinsam mit Kirchenvertretern einen Aktionsplan zur Optimierung des Schutzes von religiösen Minderheiten unter den Flüchtlingen erarbeitet. Der Aktionsplan stellt aus Sicht von Open Doors vielversprechende Lösungsansätze dar, die modellhaften Charakter auch für andere Bundesländer haben könnten. Ihre Wirksamkeit wird allerdings von der Umsetzung vor Ort abhängen.
Rotenburg als wegweisendes Beispiel
Damit die Übergriffe aus der HEAE Rotenburg bekannt werden konnten, war die gute Zusammenarbeit von u. a. Heimleitung, Polizei und dem hessischen Innenministerium entscheidend. Ohne die Schaffung eines Schutzraums und die Entwicklung einer Vertrauensbasis wäre die Situation der Betroffenen verborgen geblieben. Es ist davon auszugehen, dass in anderen deutschen Unterkünften ähnliche Zustände herrschen, die erst durch vergleichbare Anstrengungen ermittelt werden können.
Markus Rode: "Es ist eine vordringliche Aufgabe im Sinne religiös Verfolgter unter den Flüchtlingen, das Klima der Angst zu durchbrechen und - wie in Rotenburg geschehen - wirksame Schutzmechanismen zu etablieren. Das ist in vielen Unterkünften leider noch nicht der Fall. An dieser Stelle kann der Maßnahmenkatalog der hessischen Landesregierung wegweisend sein."
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