Bezahlbarer Wohnraum für alle | Bildquelle: RTF.1

Reutlingen:

Flüchtlingsunterbringung verschärft Wohnraumsituation für sozial Schwache: Stadt reagiert mit schnelleren Baugenehmigungen

Stand: 12.08.15 11:14 Uhr

Nicht erst durch die derzeitigen Flüchtlings-Untebringungsnöte der Kommunen und Landkreise drängt sich die Sorge um genügend bezahlbaren Wohnraum immer drängender in den Fokus der Verwaltungen von Städten und Gemeinden. Vielerorts sieht es knapp aus. Vor allem dort, wo Städte wachsen. Tübingen gehört mittlerweile zu den teuersten Wohnorten im Land. Und auch die Nachbarstadt Reutlingen kann immer neue Zuzüge verzeichnen. Jetzt hat die "Liga der Freien Wohlfahrtatpflege im Landkreis Reutlingen" Alarm geschlagen.


Reutlinger Marktplatz, 10. Oktober 2014: Viele Menschen demonstrieren für bezahlbaren Wohnraum in der Achalmstadt. Mehrere hundert Menschen, so die Schätzung der Grünen Gemeinderatsfraktion, suchen derzeit bezahlbaren Wohnraum. Der ist aber immer knapper. Die 112.000-Einwohner-Stadt ist wie keine andere vergleichbarer Größe gewachsen. Rund 3.000 mehr Menschen sind in den vergangenen 3 Jahren nach Reutlingen gezogen. Tausende werden in den kommenden Jahren folgen. Knapper Wohnraum lässt die Mieten steigen. Laut deutschem Mieterbund sind diese 2014 um 5% angestiegen. Vor allem für Menschen mit kleinem Einkommen wird Wohnen so fast unerschwinglich.

Und dies, obwohl die Stadt Reutlingen bereits seit 2012 im Rahmen ihrer sogenannten "Wohnraum-Offensive "- weit über den prognostizierten Bedarf hinaus kräftig baut und und bauen lässt. Jetzt aber ist die Flüchtlingswelle da -und der Bedarf ist viel höher.

Für die Verantwortlichen der "Liga der freien Wohlfahrtspflege" und den Deutschen Mieterbund ist die aktuelle Situation ein rotes Alarmsignal aller erster Güte. Mit großer Sorge betrachte man die Entwicklung in der Stadt und dem Landkreis Reutlingen, so Lisa Kappes-Sassano, die Liga-Vorsitzende. Am schlimmsten treffe dies einkommensschwache und sozial benachteiligte Personen. Vor allem die angestrebte inklusive Eingliederung von Menschen aus sozialen Betreuungseinrichtung stocke vollkommen.

Noch dramatisch die Lage für Bezieher staatlicher Transferleistungen, so Kappes-Sassano. Menschen in schwierigen Umbruchssituationen gerieten aktuell schnell in Mietschulden und seien dadurch gefährdet, ihre Wohnung zu verlieren. Im schlimmsten Fall drohe dann die Obdachlosigkeit und der soziale Sturz nach ganz unten.

Die aktuelle Flüchtlingswelle verschärft wird die Situation: 70 zugewiesene Menschen pro Monat, knapp tausend im Jahr, muss die Stadt Reutlingen derzeit verpflichtend unterbringen. Das führe in der Gesamtkonstellation zu einem zunehmenden sozialen Wettbewerb zwischen Menschen in Wohnungsnot und den Flüchtlingen.Möglicherweise über Jahre hinweg wird die Unterbringungs-Verpflichtung für die vom Land und Kreis zugewiesenen Flüchtlinge mindestens anhalten oder - wahrscheinlicher - sogar weiter steigen.

Die Gemeinderats-Grünen fordern deshalb jetzt ein massives Bauprogramm für Wohnraum,bei dem 20 Prozent der erstellten Flächen sozial Schwächeren vorbehalten sein sollen. Der Sprecher der grünen Stadtratsfraktion, Rainer Buck, fordert, dass die städtische Wohnungsbaugesellschaft GWG in die Lösung dieser Probleme noch stärker als bisher einbezogen werden soll. Insgesamt lägen dort "über 200 Millionen Euro an Rücklagen bereit". Zumindest ein Teil davon könne in soziale Wohnraumförderung fließen.

Indessen hat das Baudezernat der Stadt längst selbst die Initiative übernommen. Allein 2014, noch vor der Flüchtlingswelle, wurden demnach rund 400 Bau Genehmigungen erteilt, 20 Prozent davon gingen an die städtische GWG. Zahlen, die Reutlingen fast 10 Prozent über den Landes-Schnitt vergleichbar großer Städte heben. Gesuche von Investoren und Bauwilligen, die kostengünstigen Wohnraum herstellen wollen, würden rasch und schnell entschieden, so Baubürgermeisterin Ulrike Hotz. Über weitere Maßnahmen berät jetzt demnächst der Gemeinderat.

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