Bislang hatten Exoplaneten-Durchmusterungen eine größere Empfindlichkeit für Planetensysteme, die in den inneren Regionen von massereichen Planeten mit Massen hinunter bis zu mehreren Erdmassen bevölkert sind [1]. Dies bildet einen Gegensatz zu unserem Sonnensystem, in dem kleine Gesteinsplaneten in den inneren Regionen und Gasriesen wie Jupiter weiter außen vorkommen.
Gemäß neuesten Theorien wurde die dem Leben so förderliche Anordnung in unserem Sonnensystem durch die Anwesenheit von Jupiter und der Schwerkraftwirkung ermöglicht, die er auf das Sonnensystem während seiner Entstehung ausübte. Demnach wäre das Auffinden eines Jupiter-Zwillings ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Entdeckung eines Planetensystems sein, das unser eigenes widerspiegelt.
Ein von brasilianischen Wissenschaftlern angeführtes Team hat daher sonnenähnliche Sterne ins Visier genommen, um Planetensysteme ähnlich unserem Sonnensystem zu finden. Das Team hat jetzt einen Planeten mit einer dem Jupiter sehr ähnlichen Masse entdeckt [2], der den sonnenähnlichen Stern HIP 11915 in fast genau derselben Entfernung wie Jupiter umkreist. Zum Einsatz kam dabei der HARPS-Spektrograf, einer der präzisesten Planetenjäger der Welt, der am 3,6-Meter-Teleskop der ESO am La Silla-Observatorium in Chile montiert ist.
Obwohl bereits viele jupiterähnliche Planeten in den unterschiedlichsten Abständen von sonnenähnlichen Sternen gefunden worden sind [3], ist dieser neu entdeckte Planet in Bezug auf Masse und Entfernung vom Mutterstern und in der Ähnlichkeit zwischen Mutterstern und unserer Sonne das genaueste Gegenstück, das bislang zu Sonne und Jupiter aufgetan werden konnte.
Der Mutterstern des Planeten, der Sonnenzwilling HIP 11915, ist nicht nur von ähnlicher Masse wie die Sonne, sondern hat auch ungefähr das gleiche Alter. Wie um die Ähnlichkeiten weiter zu betonen, ist auch die Zusammensetzung des Sterns ähnlich der der Sonne. Die chemische Zusammensetzung unserer Sonne könnte teilweise durch die Anwesenheit von Gesteinsplaneten im Sonnensystem gekennzeichnet sein, was auf die Möglichkeit von Gesteinsplaneten auch um HIP 11915 hinweist.
Jorge Melendez von der Universidade de Sao Paulo in Brasilien, dem Leiter des Teams und Koautor des Fachartikels, in dem die Entdeckung beschrieben wird, erläutert: „Die Suche nach einer Erde 2.0 und nach einem kompletten Sonnensystem 2.0 ist eine der aufregendsten Ziele der Astronomie. Wir sind begeistert, mit den Beobachtungseinrichtungen der ESO hier brandaktuelle Forschung betreiben zu können." [4]
Megan Bedell von der University of Chicago und Erstautorin der Studie sagt abschließend: „Nach zwei Jahrzehnten Jagd auf Exoplaneten können wir dank der Langzeitstabilität von Planetensuchern wie HARPS nun endlich langperiodische Gasriesen ähnlich denen in unserem eigenen Sonnensystem beobachten. Diese Entdeckung ist in jeder Hinsicht ein aufregender Hinweis darauf, dass andere Sonnensysteme da draußen darauf warten, von uns entdeckt zu werden."
Es werden noch Folgebeobachtungen benötigt, um den Fund zu bestätigen, aber HIP 11915 ist bisher einer der vielversprechendsten Kandidaten für ein Planetensystem ähnlich unserem eigenen. (ESO)
Endnoten
[1] Die gegenwärtigen Untersuchungsmethoden sind empfindlicher für große oder massereiche Planeten nah am Mutterstern. Kleine und massearme Planeten liegen zur Zeit noch außerhalb unserer technischen Möglichkeiten. Gasriesen, die sich weit entfernt von ihrem Mutterstern befinden, sind ebenfalls schwieriger aufzuspüren. Daraus ergibt sich, dass viele der Exoplaneten, die wir gegenwärtig kennen, entweder groß und/oder massereich und nahe an ihren Sternen sind.
[2] Der Planet wurde über Messungen des leichten Zitterns des Muttersterns entdeckt, das er auf seiner Umlaufbahn bewirkt. Da die Inklination der Planetenbahn nicht bekannt ist, kann nur eine untere Grenze seiner Masse abgeschätzt werden. Wichtig hierbei ist, dass die Aktivität des Sterns, die an Schwankungen seines Magnetfeldes gekoppelt ist, möglicherweise das Signal vortäuschen könnte, das als Signatur des Planeten interpretiert wird. Die Astronomen haben alle bekannten Tests durchgeführt, um diese Möglichkeit zu untersuchen, aber es ist zur Zeit unmöglich, sie vollständig auszuschließen.
[3] Ein Beispiel eines anderen Jupiterzwillings ist der Begleiter von HD154345, der hier beschrieben wird.
[4] Seit der Unterzeichnung der Beitrittserklärung Brasiliens im Dezember 2010 haben brasilianische Astronomen vollen Zugang zu den ESO-Beobachtungseinrichtungen gehabt.
Weitere Informationen
Die hier präsentierten Forschungsergebnisse von M. Bedell et al. erscheinen demnächst unter dem Titel "The Solar Twin Planet Search II. A Jupiter twin around a solar twin" in der Fachzeitschrift Astronomy and Astrophysics.
Die beteiligten Wissenschaftler sind M. Bedell (Department of Astronomy and Astrophysics, University of Chicago, Illinois, USA und Gastwissenschaftler am Departamento de Astronomia do IAG/USP, Universidade de São Paulo, Brasilien), J. Meléndez (Universidade de São Paulo, Brasilien), J. L. Bean (Department of Astronomy and Astrophysics, University of Chicago), I. Ramírez (McDonald Observatory and Department of Astronomy, University of Texas, Austin, USA), M. Asplund (Research School of Astronomy and Astrophysics, The Australian National University, Weston, Australien), A. Alves-Brito (Instituto de Fisica, Universidade Federal do Rio Grande do Sul, Porto Alegre, Brasilien), L. Casagrande (Research School of Astronomy and Astrophysics, Australien), S. Dreizler (Institut für Astrophysik, Universität Göttingen), T. Monroe (Universidade de São Paulo, Brasilien), L. Spina (Universidade de São Paulo, Brasilien) und M. Tucci Maia (Universidade de São Paulo, Brasilien).
Die Europäische Südsternwarte (engl. European Southern Observatory, kurz ESO) ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Getragen wird die Organisation durch 16 Länder: Belgien, Brasilien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz und die Tschechische Republik. Die ESO ermöglicht astronomische Spitzenforschung, indem sie leistungsfähige bodengebundene Teleskope entwirft, konstruiert und betreibt. Auch bei der Förderung internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Astronomie spielt die Organisation eine maßgebliche Rolle. Die ESO verfügt über drei weltweit einzigartige Beobachtungsstandorte in Chile: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf dem Paranal betreibt die ESO mit dem Very Large Telescope (VLT) das weltweit leistungsfähigste Observatorium für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts und zwei Teleskope für Himmelsdurchmusterungen: VISTA, das größte Durchmusterungsteleskop der Welt, arbeitet im Infraroten, während das VLT Survey Telescope (VST) für Himmelsdurchmusterungen ausschließlich im sichtbaren Licht konzipiert ist. Die ESO ist einer der Hauptpartner bei ALMA, dem größten astronomischen Projekt überhaupt. Auf dem Cerro Armazones unweit des Paranal errichtet die ESO zur Zeit das European Extremely Large Telescope (E-ELT) mit 39 Metern Durchmesser, das einmal das größte optische Teleskop der Welt werden wird. (ESO)
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