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Afrika / Europa:

Solarstrom aus Afrika: Stromtrasse von Nordafrika nach Europa ist Grundlage für tragfähiges Geschäftsmodell

Stand: 16.07.15 14:13 Uhr

16.07.2015. Der Stromtransfer von Afrika nach Europa über eine Hochspannungs-Gleichstromtrasse kann ein tragfähiges Geschäftsmodell sein, mit einem Mehrwert für beide Regionen. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher im EU-geförderten Projekt BETTER ("Bringing Europe and Third Countries Closer Together Through Renewable Energies") des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR) gemeinsam mit CIEMAT (Centro de Investigaciones Energéticas, Medioambientales y Tecnológicas) und Kooperationspartnern.

Nachfrage nach regelbarem Strom in Europa

Stromimporte aus Erneuerbaren Energien aus nichteuropäischen Ländern nach Europa sind seit 2009 von der Europäischen Kommission vorgesehen und durch Artikel 9 der EU Direktive 2009/28/EC geregelt. Von Stromanbietern wird diese Möglichkeit bislang jedoch nicht genutzt. Aufgabe der BETTER-Studie war es, zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen ein solcher Import ökonomisch, ökologisch und sozial sinnvoll ist. Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass in Europa eine zunehmende Nachfrage nach regelbarem und gleichzeitig erneuerbarem Strom besteht. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass in Deutschland immer mehr fossile Kraftwerke wie Kohle- und Gaskraftwerke durch Strom aus erneuerbaren Energien-Quellen ersetzt werden sollen.

Solare Dampfkraftwerke in Nordafrika können über das Jahr hinweg gleichmäßiger Einstrahlung und Wärmespeicher Tag und Nacht gut regelbaren Strom liefern. Selbst wenn die Sonne über längere Zeit nicht scheint, was in Nordafrika selten vorkommt, kann kurzzeitig mit Zufeuerung aus Erdgas ausgeholfen werden, so dass jederzeit die notwendige Leistung nach Bedarf sicher geliefert werden kann.

Hoher Strompreis bei großer Nachfrage

"Solarstrom aus Afrika ist auf den ersten Blick teurer als Wind- und Photovoltaikstrom hierzulande. Wenn aber in Europa Mangel an Wind- und PV-Strom herrscht, wie z.B. in den frühen Abendstunden oder an trüben Tagen, dann steigt auch der Preis, der für die Kilowattstunde Strom bezahlt wird", erklärt Franz Trieb, Projektleiter der BETTER-Studie beim DLR-Institut für Technische Thermodynamik. Wenn Solarkraftwerke in Afrika in solchen Situationen über mehrere Stunden am Tag erneuerbaren Strom nach Europa liefern, können beide Seiten profitieren: Für Stromanbieter in Afrika entsteht so ein tragfähiges, kostendeckendes Geschäftsmodell. Europa profitiert, weil es seinen Anteil an erneuerbarer Energie bei gleichbleibend sicherer Stromversorgung kostengünstig weiter steigern kann.

Weniger Netzausbau in Deutschland notwendig

Die Studie zeigt zudem, dass ein 15-20%iger Anteil an regelbaren Solarstromimporten zu einer massiven Entlastung der für die Energiewende notwendigen Infrastrukturen führen kann. Deutschland braucht unter diesen Voraussetzungen deutlich weniger Netzausbau, Stromspeicher und konventionelle Backup-Kraftwerke. Stromimporte nach Europa können damit substanziell zur Realisierbarkeit und Akzeptanz der Energiewende beitragen.

Supergrid oder Punkt zu Punkt-Leitung

Die Forscher untersuchten auch, ob es günstiger ist den Strom über Punkt-zu-Punkt Verbindungen (Hochspannungs-Gleichstromleitungen kurz HGÜ) oder über ein sogenanntes Supergrid nach Europa zu transportieren. Unter einem Supergrid versteht man ein in ganz Europa gut ausgebautes Stromnetz, das in der Lage ist, den eingespeisten Strom aus schwankendem erneuerbarem Angebot jederzeit aufzunehmen und bedarfsgerecht über ganz Europa an die Abnehmer zu verteilen. Die Forscher kommen zu dem klaren Ergebnis, dass der Aufwand für ein solches Supergrid immens wäre, wenn keine regelbaren erneuerbaren Stromimporte einbezogen würden. Das Stromnetz in Deutschland müsste in der Lage sein das Achtfache seiner heutigen Transferleistung aufzunehmen bzw. an seine Nachbarn abzugeben, Spanien sogar die 55fache.

Auch die HGÜ-Leitungen erfordern einen gewissen Aufwand. Aber sie haben den Vorteil, dass dieser gut kalkulierbar ist, da die Leitungen die Solarkraftwerke in Nordafrika direkt mit den Ballungszentren in Europa, wo es die größte Stromnachfrage gibt, verbinden. Durch den regelbaren Solarstrom können Schwankungen im Stromnetz ausgeglichen werden. So wird die primäre Funktion heutiger Kohle- und Gaskraftwerke eins-zu-eins durch erneuerbare Energie ersetzt.

Zudem haben die Forscher herausgefunden, dass der Bau einer solchen interkontinentalen HGÜ-Leitung ähnliche Herausforderungen beinhaltet wie der Bau von Gas-Pipelines. Die wichtigsten Faktoren, für den Erfolg eines solchen großen Infrastrukturprojekts haben die Forscher am Beispiel der Nord Stream Pipeline erarbeitet, die über die Baltische See durch zehn verschiedene Länder führt und Russland mit Deutschland verbindet. "Man könnte sagen, es handelt sich um Solar-Pipelines, die wertvolle, nämlich regelbare und gleichzeitig erneuerbare Energie aus der Ferne nach Europa bringen", fasst Franz Trieb zusammen. Zu den Erfolgsfaktoren gehört unter anderem eine völlige Transparenz des Projektes gegenüber der Öffentlichkeit, Projektverantwortliche müssen zudem auf die Ängste und Bedenken der Bevölkerung im Umfeld eingehen.

Die BETTER-Studie

Die BETTER-Studie entstand im Auftrag der Europäischen Kommission. Beteiligte neben dem DLR und dem Projektkoordinator CIEMAT waren auch das Joanneum Research (JR) und die Vienna University of Technology in Österreich, das Energy Research Centre (ECN) in den Niederlanden, die National Technical University of Athens (NTUA) in Griechenland, das Observatoire Mediterranéen de l´Energie (OME) in Frankreich, das Potsdam Institute for Climate Impact Research (PIK) in Deutschland sowie das United Nations Development Programme (UNDP).

Projektwebsite: www.better-project.net

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