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Studie zu Freihandelsabkommen TTIP: EU-Parlament zu wenig eingebunden - Foodwatch sieht "Gefahr für Demokratie"

Stand: 05.07.15 15:30 Uhr

Die geplanten Freihandelsabkommen TTIP und CETA sehen bislang keine Mitbestimmungsrechte des Europäischen Parlamentes bei der geplanten regulatorischen Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA oder Kanada vor. Zu dieser Einschätzung kommen Völker- und Europarechtler der Universität Göttingen, wie die Verbraucherorganisation foodwatch öffentlich machte. Die bislang vorgelegten Vertragsentwürfe bergen damit die Gefahr, dass Regierungsgremien verbindliche Regulierungsmaßnahmen ohne parlamentarische Zustimmung beschließen.

Die Göttinger Juristen haben den bereits ausgehandelten Entwurf eines europäisch-kanadischen Freihandelsabkommens (CETA) sowie den im Mai veröffentlichten Entwurf eines Regulierungskapitels für das geplante transatlantische Abkommen (TTIP) analysiert. Die Ergebnisse fasste der Völkerrechtler Dr. Till Holterhus vom Institut für Völkerrecht und Europarecht in einem Schreiben an foodwatch zusammen. Demnach muss das Europäische Parlament zwar einmalig seine Zustimmung geben, damit die Freihandelsabkommen in Kraft gesetzt werden können. Sowohl bei TTIP als auch bei CETA handelt es sich allerdings um so genannte "living agreements", die im Zuge der regulatorischen Kooperation stetig weiterentwickelt werden können. Eine parlamentarische Mitbestimmung hierbei "ist bisher jedoch nicht vorgesehen", heißt es in dem Schreiben. Das EU-Recht sehe "für das auswärtige Handeln in völkervertraglichen Gremien nach Abschluss des jeweiligen Vertrages keine entscheidende Beteiligung des EU-Parlamentes mehr vor, sondern lediglich eine Informationspflicht". Die Europäische Kommission habe hier grundsätzlich weitreichende Spielräume. Auch der CETA-Vertragstext und der TTIP-Kapitelentwurf erwähnen ein parlamentarisches Zustimmungsbedürfnis nicht.

Für die regulatorische Kooperation der Vertragspartner und die Weiterentwicklung der Verträge sollen für beide Abkommen Haupt- und Unterausschüsse eingerichtet werden, die "allein mit Vertretern der Exekutiven beider Vertragsparteien besetzt" sind. Unklar ist selbst bei dem bereits ausverhandelten, aber stellenweise unklar formulierten CETA-Vertragstext, welche Befugnisse diese Regierungsausschüsse im Detail erhalten werden. "Nach heutigem Stand ist es nicht ausgeschlossen, dass im Rahmen der regulatorischen Kooperation in einigen Bereichen neue völkerrechtliche Verbindlichkeiten begründet werden können, ohne dass das Europäische Parlament zustimmen müsste. Weder auf innereuropäischer Ebene noch durch die bekannten Dokumente zu den beiden Freihandelsabkommen ist eine solche Beteiligung der Legislative an wesentlichen Maßnahmen im Zuge künftiger regulatorischer Kooperation garantiert", erklärte Dr. Till Holterhus vom Institut für Völkerrecht und Europarecht der Universität Göttingen.

foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode kritisierte, dass weder die Europäische Kommission noch die Bundesregierung offen über diese Gefahren informiere. "Die TTIP- und CETA-Befürworter leugnen die offensichtlichen Risiken für die Demokratie. Sie enthalten der Öffentlichkeit wichtige Informationen vor, tun aber gleichzeitig jede Kritik als Panikmache ab. Offenbar wollen die Regierungen die Abkommen durchdrücken, ohne der Bevölkerung die ganze Wahrheit zu präsentieren. Es wird Zeit, dass die Abgeordneten aufstehen und es nicht länger mitmachen, wie ihre Rechte und Einflussmöglichkeiten geschwächt werden."

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