Es ist ein Spektakel, das Insider fast schon mit den traditionellen Bootsregatten der Elite-Unis Cambridge und Oxford vergleichen: Mit 60 Jahren zwar etwas weniger alt, aber mittlerweile fast ebenso altehrwürdig, geht es einmal im Jahr, genau gesagt: an Fronleichnam, auf dem Neckar in Tübingen daher. Das Stocherkahn-Rennen wurde 1956 von der Studentenverbindung Lichtenstein initiiert, um einen neu erworbenen Stocherkahn einzuweihen.
Und ein Spektakel, das dieser Tradition eine Ehre machte, war auch wieder heute geboten, als rund 50 Kähne mit je 8 Personen, in ausgefallenen Kostümen, die Jagd nach dem Einzug in die ewigen Annalen der Siegerteams aufnahmen. Rund zwei Kilometer ging es dann auch heute wieder auf die Reise – mit Stochern oder Handpaddeln. Das alles ist erlaubt.
Nach rund 120 Metern gab es heute es dann auch schon bereits eine deutlich erkennbare Führung. Das "Team Octopuss" machte seinem Krakennamen alle Ehre - und krakte kräftig immer weiter voraus. Mit Abstand bereits das sich ineinander hoffnungslos immer stärker verknäulende Hauptfeld.
Alljährlicher Höhepunkt: Die Engstelle bei der Wende um die Neckarinsel, wo sich spätestens die Lebertran-Spreu vom Stocherkahn-Weizen trennt. Hier nimmt die Angst, als Letzte oder als gekentertes Team im Ziel mit ersterem bestraft zu werden, bereits konkreter fühlbare Formen an.Dann aber gespanntes Warten auf den heutigen Siegeseinlauf unter der Eisenbahnbrücke. Und es sollte, so bestätigen es auch langjährige Beobachter, einer der dramatischsten Einläufe der ganzen 60 Jahre werden. Einer, der sich dem Jubiläum als würdig erwies: Ein dramatisches Bug- an Bugspitze- Drama spieklte sich ab, zwischen dem lange souverän führenden „Team Octopuss" und der „Ehemaligen Fachschaft Sport", bei dem mit Händen Füßen und Fäusten um Zentimeter gekämpft wurde.
In einem wahren Fotofinish, einem Kampf mit sämtlichen legalen, halblegalen und fast illegalen Mitteln, setzte sich schließlich unter dem Jubel der Begeisterten Zuschauer das Team „Ehemalige Fachschaft Sport" vor dem „Team Octopuss" durch. Schon deutlicher zurück dann folgte das "Team ATV Arminia" auf Platz 3.
Der alte Abba-Schlager „The winner takes it all" ist hier nur in etwa halb richtig; denn die Sieger. Denn das Siegerteam „Ehemalige Fachschaft Sport" , die dem feierlichen Anlaß gerecht werdend, in trendigen Hippie-Perücken auftraten, durften sich über die edel schmeckenden Getränke wie den Sekt und ein Bierfas freuen.
Der leckere und ungemein gesunde Lebertran war hingegen auch 2015 wieder den Letzten und den Havarierten vorbehalten. Der Verlierer - die "Fachschaft Hohentübingen" - darf oder muss traditionell das nächste Rennen in einem Jahr organisieren.
Die kleine achtköpfige Stockentenfamilie, die in stoischer Ruhe schwimmend der Siegerehrung unbeeindruckt in schwimmender Manier die kalten gefiederten Köpflein zeigte, wird es recht sein. Denn die acht haben ihren Neckar jetzt erst einmal wiederganz lange allein für sich.
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