Für den Anthropologen Hans Fleischhacker, der ab 1937 am Rassenbiologischen Institut arbeitete, dienten die Abdrücke als empirische Grundlage für seine Habilitationsarbeit. Sein Ziel: der wissenschaftliche Beweis, dass Juden sich von Nicht-Juden biologisch unterscheiden. Dafür verglich und analysierte Fleischhacker die Handlinien der 600 Abdrücke.
Noch während der Arbeit an seiner Habilitationsschrift trat Fleischhacker der SS bei und arbeitete im Rassenpolitischen Amt der NSDAP. Der Grundstein für seine darauf folgende Karriere, die als SS-Führer am SS-Rasse-und Siedlungsamt endete. Für eine "jüdische Skelettsammlung" selektierte Fleischhacker eine Gruppe Gefangener in Auschwitz. Im Anschluss daran wurden sie im Konzentrationslager Natzweiler ermordet. Zur Verantwortung gezogen wurde der Wissenschaftler dafür nie. Eine Anklage endete mit einem Freispruch.
In der Wissenschaft zwischen 1933 und 1945 sei das häufig so gewesen, erklärt Professor Seidl. Offiziell hätten die Wissenschaftler dem Regime nur gedient und seien nicht unmittelbar an Verbrechen beteiligt gewesen. Obwohl sie in Wahrheit viel mehr damit zu tun gehabt hätten. Aber das zu beweisen, sei sehr schwierig gewesen. Auch deshalb weil die möglichen Zeugen häufig ermordet worden seien.
Seine Forschungen an der Uni Tübingen durfte Fleischhacker nach Kriegsende nicht mehr fortführen. Doch das bedeutete nicht seinen Ruin. "Seine Karriere hat natürlich vorübergehend einen Knick erfahren. Aber tatsächlich hat ihm das nicht wirklich geschadet. Er konnte sogar seine Habilitationsschrift, mit der er sich 1943 habilitierte, nur leicht verändert wiederverwenden für spätere Publikationen", so der Leiter des Uni-Museums.
1950 gelingt es Fleischhacker an seine akademische Laufbahn anzuknüpfen. 27 Jahre später wurde er mit dem Professoren-Titel an der Uni Frankfurt am Main emeritiert. Seine Verantwortung leugnete er sein Leben lang.
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