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"Das Fest der Begeisterung" - Landesbischof Cornelius-Bundschuh zum Pfingstfest 2015

Stand: 25.05.15 07:35 Uhr

25.05.2015. "Pfingsten erfüllt ein neuer Geist die Menschen. Traurige werden getröstet. Ängstliche bekommen neuen Mut. Wer eben noch trübsinnig vor sich hinstarrte, hebt den Kopf und geht hinaus ins Freie. Menschen begegnen dem Geist Gottes und werden froh und frei." Das schreibt der badische Landesbischof Cornelius-Bundschuh in seiner Pfingstbotschaft.: "Ich stelle mir das ähnlich vor, wie wenn nach langem Regen plötzlich der Himmel aufreißt und die Sonne strahlt: die Menschen atmen auf. Vielleicht auch wie bei einem bei einem großen Fußballspiel oder bei einem Konzert, das die Menschen mitreißt: Sie klatschen und singen. Sie nehmen den Rhythmus auf und tanzen. Menschen, die sich nicht kennen, fallen sich in die Arme. "Wir gehören zusammen, wir sind eine Gemeinschaft." Auf dem Nachhauseweg lächeln sie wildfremde Leute an und, je nach Charakter, summen sie die Lieder in der S-Bahn oder singen sogar laut." So müsse es auch in Jerusalem gewesen sein, als der Pfingstgeist herabbrauste: "Der Himmel ist offen. Die Sorgen sind vergessen. Alles ist gut. Die ersten Christinnen und Christen sind so begeistert, dass sie allen davon erzählen müssen."

Hier die Pfingstbotschaft von Landesbischof Cornelius-Bundschuh in voller Länge:

"BEGEISTERT

Pfingsten erfüllt ein neuer Geist die Menschen. Traurige werden getröstet. Ängstliche bekommen neuen Mut. Wer eben noch trübsinnig vor sich hinstarrte, hebt den Kopf und geht hinaus ins Freie. Menschen begegnen dem Geist Gottes und werden froh und frei.
Ich stelle mir das ähnlich vor, wie wenn nach langem Regen plötzlich der Himmel aufreißt und die Sonne strahlt: die Menschen atmen auf. Vielleicht auch wie bei einem bei einem großen Fußballspiel oder bei einem Konzert, das die Menschen mitreißt: Sie klatschen und singen. Sie nehmen den Rhythmus auf und tanzen. Menschen, die sich nicht kennen, fallen sich in die Arme. „Wir gehören zusammen, wir sind eine Gemeinschaft." Auf dem Nachhauseweg lächeln sie wildfremde Leute an und, je nach Charakter, summen sie die Lieder in der S-Bahn oder singen sogar laut.
So muss es auch in Jerusalem gewesen sein, als der Pfingstgeist herabbrauste: Der Himmel ist offen. Die Sorgen sind vergessen. Alles ist gut. Die ersten Christinnen und Christen sind so begeistert, dass sie allen davon erzählen müssen.

BEGEGNUNGEN MIT BEGEISTERTEN

Die Begegnung mit dem Geist Gottes verändert die Menschen und ihr Miteinander. Die Begeisterung der einen strahlt auf die anderen aus. Auch auf die, die bisher nicht zu den Freundinnen und Freunden von Jesus gehörten. Die schauen erst einmal irritiert, sind befremdet und bestürzt über diese „Begeisterung". „Was ist da los?" „Das ist doch nicht normal, was da passiert." „Sie sind voll von süßem Wein!" heißt es über die erste Pfingstgemeinde.
Nun könnten ja alle ihres Weges gehen. Die einen zurück in die Kirche, die anderen in ihre Häuser, an die Arbeit oder zum Einkaufen. Aber der Pfingstgeist treibt die Menschen in die Begegnung: Das, was hier geschieht, ist für alle wichtig, so verschieden sie auch sind. Alle sollen hören und verstehen, was der Geist zu sagen hat, egal welche Sprache einer spricht, egal zu welchem Milieu eine gehört!
Das zeichnet diesen Geist Gottes aus: Er will sich ausbreiten und erreicht die unterschiedlichsten Menschen in ihrer eigenen Sprache. Alle dürfen verschieden bleiben und doch begegnen sich Fremde in einem Geist. Niemand muss erst wie Petrus, Jakobus, Johannes oder Andreas werden, niemand erst die Sprache der Mitglieder der ersten Gemeinde lernen. „Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, aus Galiläa? Wie hören wir denn jeder seine eigene Muttersprache?" Wie kann das sein, dass wir sie alle „in unseren jeweiligen Sprachen von den großen Taten Gottes reden hören?"

BEGEISTERT REDEN

Gottes Geist ergreift Menschen. Andere stehen daneben, schauen zu, sind befremdet, lehnen ab, was sie hören und sehen. Das Besondere der pfingstlichen Begeisterung ist, dass sie nicht mit sich zufrieden ist. Es reicht ihr nicht, mit denen in einem Rhythmus zu klatschen, denen es genauso geht. Sie will nicht unter sich bleiben, sie will hinaus und alle ergreifen. Sie sucht die Begegnung mit anderen, auch fremden Menschen.
Deshalb fängt Petrus an zu predigen. Was er erlebt hat, setzt er in Worte um, die anderen helfen, die Begeisterung zu verstehen. Er gibt den Schwung und die Freude, die ihn aus seiner Trauer geholt haben, mit Worten weiter, die den Kopf und das Herz der anderen erreichen. Er rührt sie mit seinen Worten an, auch die, die vorher nur gestaunt oder den Kopf geschüttelt haben über diese Geistbesessenen, die sich gewundert, geärgert oder gespottet haben.
Begeistert erzählt er von Jesus: Wie er Kranke geheilt und Traurige getröstet hat. Wie er Frieden gestiftet hat. Wie er Menschen wieder in die Gemeinschaft geführt hat.
Begeistert erzählt er aber auch von den Konflikten, in die das geführt hat. Weil Jesus Geist unsere Unterscheidungen außer Kraft setzt: die Schwachen macht er stark und die Mächtigen stößt er vom Thron. Am Ende haben sich die Mächtigen gegen ihn zusammen getan – und das Volk hat zugestimmt. Deshalb musste Jesus am Kreuz sterben. Aber das war nicht das Ende: Gott hat Jesus auferweckt; Gottes lebendiger Geist hat die Macht des Todes überwunden.
Mit seinen Argumenten macht es Petrus seinen Zuhörern nicht leicht, begeistert zu sein. Er redet von Schuld und Mitschuld. Er ist realistisch und ehrlich. Und doch, offensichtlich gelingt es ihm gerade dadurch die Menschen zu erreichen: „Als sie aber das hörten, ging's ihnen durchs Herz, und sie sprachen zu Petrus und den an-dern Aposteln: Ihr Männer, liebe Brüder, was sollen wir tun?"

IM GEIST UMKEHREN

„Was sollen wir tun?" Die Frage zeigt, dass Paulus nicht nur den Kopf, sondern auch Herz und Hand erreicht hat. Die pfingstliche Begeisterung will kein kurzes Erlebnis oder eine schnelle Flucht aus dem Alltag sein, sie will durch das ganze Leben tragen: durch Freude und Streit, auch durch Niederlagen und Not, auch durch die Situationen, in denen der Himmel verschlossen scheint.
„Tut Buße!" Das ist die erste Antwort. Die Begeisterung verändert mich. Sie macht mich frei davon, immer Recht haben zu müssen, immer alles richtig gemacht haben zu müssen. Die eigene Verwicklung zu erkennen, nach der eigenen Beteiligung und Schuld zu fragen, das ist der erste, heilsame Schritt. Seid realistisch, macht euch klar, was ihr dazu beitragt, dass der Himmel verschlossen scheint. „Tut Buße!"
Wo beschäme ich andere Menschen statt sie auf ihre Gaben und Stärken anzuspre-chen? In der Familie und in der Schule, an der Arbeit und im Sportverein. Wo treibe ich sie in die Enge, statt sie zu ermutigen und herauszulocken aus ihrer Einsamkeit und Schwäche? Was tragen wir zu den gegenwärtigen Konflikten in der Welt bei? Z.B. mit unseren Rüstungsexporten?

IM GEIST DER TAUFE LEBEN

„Was sollen wir tun?" „Jeder von euch lasse sich taufen." Das ist das zweite. Wir sind schon getauft. Als Kinder zumeist. Luther hat gesagt: Es ist wichtig, immer wieder hinein zu kriechen in die eigene Taufe. Sich klar zu machen: Weil ich getauft bin, gehöre ich zu Christus! Weil ich getauft bin, kann ich mich darauf verlas-sen, dass mich Gott mit seinen Augen ansieht, mich nicht auf meine Fehler und Schwächen festlegt, nicht auf das, was ich anderen Menschen angetan habe und vielleicht nie mehr gut machen kann. Manchmal ist es ja nur ein böses Wort, das eine Freundschaft zerstört. Ich kann es nicht mehr zurückholen, es ist gesagt.
All das hat vor Gott seinen Platz – und verliert in der Taufe seine Macht. In der Taufe wird meine Not und Schuld, all das, womit ich selbst und andere an mir nicht zufrieden sind, abgewaschen und in ein neues Licht gerückt. Ich bekomme ein neues Kleid angezogen, mit dem ich mich frei und mutig unter den Menschen bewegen kann. Mit dem ich auf andere zugehen kann, auch wenn sie mir fremd sind oder Angst machen. Ein neues Kleid, in dem ich bin, dass Gott mit mir geht – auf allen Wegen, in allen Begegnungen.

SICH BEGEISTERN LASSEN

„Was sollen wir tun?" Die Frage drängt. Manchmal scheinen die Antworten schwierig und unklar. Ich sitze da und überlege, wie ich etwas ändern könnte an mir, an meinem Leben, an meiner Ehe, in der Politik. Ich nehme mir vor, ab morgen, dann endlich soll alles anders werden. Und dann schaffe ich es wieder nicht. Was soll man da schon tun! Ich schaffe es nicht!
Damit bin ich wieder am Anfang. Die pfingstliche Antwort auf die Frage nach dem Tun ist die Begeisterung, die uns Gottes Geist schenkt. Da fallen Feuerzungen vom Himmel! Sie geben die Wärme, die wir brauchen, wenn es um uns herum kalt ist, weil wir miteinander nicht zurechtkommen. Sie geben das Licht, das Orientierung schenkt und den Weg hell macht. Sie geben den Schwung, der uns aufstehen lässt und uns in die Begegnung schickt.
Wir ziehen uns nicht selbst an unseren Haaren aus dem Sumpf, sondern weil wir uns begeistern lassen von diesem Geist Gottes. Im Gottesdienst, mit unseren Liedern und Gebeten, in Begegnungen, in denen wir uns gegenseitig zusagen: Gottes Geist ist mit dir! In Begegnungen, in denen wir uns das gegenseitig spüren lassen: da interessiert sich einer für mich, da fragt eine, wie geht es dir, da heißen Menschen einander willkommen, Freunde und Fremde, Flüchtlinge und die Nachbarschaft. Gottes Geist macht euch mutig und frei.
Pfingsten ist das Fest der Begeisterung! Verlasst euch darauf: Feuer kam vom Himmel! Was sollen wir tun? Euch miteinander wärmen an diesem Feuer und aufeinander zugehen in seinem Licht.

Prof. Dr. Jochen Cornelius-Bundschuh - Landesbischof"

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