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Schwarzwald / Jütland (Dänemark):

Hohe Mobilität in der Bronzezeit - Strontium-Analyse von Zähnen & Haaren: Forscher rekonstruieren Reisewege einer jungen Frau zwischen Schwarzwald und Jütland

Stand: 02.03.19 21:16 Uhr

24.05.2015. Eine junge Frau aus der Bronzezeit ist vor dreitausendvierhundert Jahren innerhalb einiger Monate mehrmals zwischen Jütland (Dänemark) und dem Schwarzwald hin- und hergereist. Das ergaben Strontium-Analysen an Zähnen und Haaren der Toten. Möglicherweise ist das ein Beleg für den Fernhandel zwischen den beiden Regionen, beispielsweise über die sogenannte Bernsteinstraße, über die Bernstein von der Ostsee bis ans Mittelmeer-, und im Gegenzug regionale Produkte und Mittelmeerprodukte wie Wein nach Norden gehandelt wurde.

Die Wissenschaftler hatten bisher für die Bronzezeit keine solche große geografische Mobilität erwartet: "Unsere Studien liefern Hinweise auf eine große zeitweise Mobilität über lange Distanzen. Unsere Ergebnisse zwingen uns, die Mobilität in der Europäischen Bronzezeot zu überdenken: Als hoch dynamisch, in der sich Individuen in relativ kurzen Zeitperioden schnell, über lange Distanzen fortbewegten.", schreiben die Wissenschaftler in ihrer Studie.

Die Überreste der 16 bis 18-jährigen jungen Frau - die als "Egtved-Mädchen bekannt ist -  waren schon im vergangenen Jahrhundert, im Jahr 1921, in einem Baumsarg in Jütland inmitten einer monumentalen Grabhügelgruppe gefunden worden. Die Grabhügel bei Egtved in Jütland stammen aus der Zeit von  1500 bis 1100 vor Christus und müssen,so die Forscher, die Begräbnisstätten der damaligen Oberschicht gewesen sein.

Der Baumsarg der Toten war mit einem Fell ausgelegt; die junge Frau trug ein Oberteil und einen knielangen Rock aus Wolle.In einer Schale neben dem Kopf der jungen Frau wurden zudem die Überreste aus der Brandbestattung eines 5 bis 6-jährigen Kindes gefunden.

In einer interdisziplinären Zusammenarbeit untersuchten die Forscher die erhalten gebliebenen Überreste mit biomolekularen, biochemischen und geochemischen Analysen.

So unterzogen die Forscher die erhaltenen Haare, Fingernägel und Zähne einer Strontium-Analyse: Strontium kommt im Wasser vor und wird von den Menschen mit dem Trinkwasser aufgenommen- Es lagert sich unter anderem in den Zähnen ab. Da jede Region ein eigenes "Strontium-Profil" hat, kann man beispielsweise anhand der Zähne herausfinden, wo ein Mensch während der Zahnbildung gelebt hat.

Bei der jungen Toten war das gefundene Strontium-Profil mit dem Profil für den Schwarzwald identisch. Die Frau musste also im Schwarzwald aufgewachsen sein und erst später nach Jütland gekommen sein. Da bei der Toten auch die langen Haare erhalten waren, konnten auch die Haare auf Strontium untersucht werden.

Die Haare der jungen Frau bildeten die letzten zwei Jahre ihres Lebens ab. Durch die Untersuchung der unterschiedlichen Abschnitte ihrer Haare konnte anhand des wechselnden Strontium-Profils festgestellt werden, dass die junge Frau in den letzten zwei Jahren vor ihrem Tod mehrfach zwischen Jütland in Dänemark und dem Schwarzwald hin- und herreiste, bevor sie schließlich in Jütland verstarb.

Für die Wissenschaftler legt das eine hohe Reise-Mobilität in der Bronzezeit nahe, die man so bisher nicht erwartet hatte.

Die Forscher vermuten, dass es Beziehungen oder Kontakte zwischen zwei einflussreichen Familien oder Machtzentren im Schwarzwald und in Dänemark gab, und dass die Frau möglicherweise zur Festigung der Beziehungen aus dem Schwarzwald nach Jütland verheiratet worden war.

Zu denken ist nach Einschätzung unserer Wissenschaftsredaktion etwa an Fernhandel zwischen dem Schwarzwald und Jütland. Von der Ostsee existierte beispielsweise eine Handelsstraße für Bernstein, die sogenannte Bernsteinstraße, quer durch Deutschland. Bernstein wurde von der Ostsee bis zum Mittelmeer gehandelt. Umgekehrt wurden Produkte aus dem Mittelmeer, wie beispielsweise Wein, nach Norden geliefert. Möglicherweise war die junge Dame daher als mitreisender Passagier oder selbst als Fernhändlerin mehrmals mit den Fernhändlern zwischen ihrer Heimat und Jütland unterwegs.

Original-Publikation:

http://www.nature.com/srep/2015/150521/srep10431/full/srep10431.html

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