Kompetenzzentrum "Autismus an Gymnasien" | Bildquelle: RTF.1

Tübingen:

Kompetenzzentrum Autismus am Gymnasium wird aufgebaut

Stand: 21.05.15 15:48 Uhr

Autismus ist eine Entwicklungs- und Wahrnehmungsstörung, die meist schon früh auftritt. Die Betroffenen haben oft Probleme, die auf sie einströmenden Informationen zu verarbeiten. Viele tun sich bei der sozialen Interaktion und Kommunikation schwer und haben stereotype Verhaltensweisen. Durch ihre meist hohe Intelligenz haben viele das Niveau, das gymnasiale Unterrichtsziel zu erreichen. Das Regierungspräsidium Tübingen will sie dabei künftig unterstützen. Denn im Schnitt seien schon jetzt an jedem Gymnasium im Regierungsbezirk ein bis zwei autistische Schüler.


Im Regierungspräsidium soll bald ein Kompetenzzentrum Autismus am Gymnasium entstehen, um Schulen dahingehend zu unterstützen. Das Phänomen sei zwar weit verbreitet, aber schwer zu diagnostizieren. Das Besondere am Kompetenzzentrum: Dort sollen Experten aus verschiedenen Bereichen zusammenarbeiten. Im Kompetenzzentrum würden laut Dr. Susanne Pacher, Präsidentin der Abteilung Schule und Bildung am Regierungspräsidium Tübingen, zum Beispiel Erziehungswissenschaftler von den Hochschulen arbeiten, die versuchen würden zu erforschen, mit welchen didaktischen Konzepten die Beteiligten in einzelnen Fächer arbeiten müssten. Es seien Kinder- und Jugendspychologen dabei, die einfach von der Therapie her und von der Belgeitung der Schüler sagen müssten, was gebraucht werde. Man habe Schulleiter da, die aus ihrem täglichen Erleben berichten würden, und auch Lehrkräfte, die sagen würden, was ihre Rahmenbedingungen seien und was man da vielleicht tun müsste. 

Auch Juristen säßen mit im Boot, die ausloten könnten, wie Prüfungen geschaffen sein müssen, damit Autisten sie regulär bestehen können. Die Kinder seien oft hoch intelligent, hätten aber Probleme, sich am Gymnasium zurecht zu finden. Häufig sei es der Umgang mit Veränderungen - so Patricia Schaefer, die gymnasiale Autismusbeauftragte vom Staatlichen Schulamt Albstadt. Das könnten Vertretungsstunden, unterschiedliche Kollegen, der häufige Wechsel von den Klassenräumen sein. Aber auch mit den Strukturen von Aufgaben zurecht zu kommen, sei oft schwierig. Häufig bräuchten die Kinder kleinschrittigere Aufgabenstellungen oder noch mal konkrete visuelle Unterstützung, weil ihre sprachliche Verarbeitung anders funktionieren würde als bei neurotypischen Menschen.

Technische oder räumliche Hilfen könnten autistische Kinder unterstützen – etwa das Schreiben am Computer statt per Hand, oder Räume zur Erholung. Manchmal sei eine Schulbegleitung notwendig. Aber auch an die Lehrer steigen die Anforderungen. Im Unterrichtsgeschehen sei es laut Schaefer so, dass vom Lehrer viel erwartet werde, in der Hinsicht, dass er eine Aufgabenstellung für den Schüler extra noch einmal anders formulieren würde. Oder ein Schulbuch sei häufig mit ganz vielen Bildern ausgestattet. Das seien alles Reize, die der Autist unter Umständen nicht filtern könne, um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Deshalb sollen Referendare künftig dahingehend ausgebildet werden. Für erfahrene Lehrkräfte will das Regierungspräsidium Fortbildungen anbieten. Die Verantwortlichen sind sicher, mit dem Kompetenzzentrum auf einem guten Weg zu sein, und hoffen, irgendwann die Autismus-Experten für ganz Baden-Württemberg zu werden.

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