Gottesdienst im Dom Rottenburg | Bildquelle: RTF.1

Eningen unter Achalm:

Dekan Friedl begrüßt Reformen im Katholizismus

Stand: 19.04.15 17:43 Uhr

Im Oktober des vergangenen Jahres ist der Pfullinger Pfarrer Hermann Friedl zum neuen Dekan des Dekanats Reutlingen-Zwiefalten gewählt worden. Er will die katholische Kirche weiter vorantreiben. Gleichzeitig heißt er nicht alles gut, was dort in den Führungsebenen entschieden wird. Seine Ansichten hat er uns bei einem Besuch in unserer Redaktion verraten.


Das Münster in Zwiefalten ist die größte katholische Kirche im Dekanat Reutlingen-Zwiefalten, das mit dem Landkreis Reutlingen deckungsgleich ist. Die Katholiken sind hier in der Minderheit: Nur jeder vierte Einwohner des Landkreises ist katholisch. Dekan Hermann Friedl sieht es aber mehr als Chance, die Ökumene voranzutreiben.  "Jetzt war erst die Amtseinführung meines evangelischen Dekanskollegen Herrn Keinath, mit dem ich mich diese Woche auch schon getroffen habe", berichtete Friedl. "Wir haben ein paar Ideen gesponnen, und ich denke, es ist eine Chance, für Katholiken in der Minderheit, in der Diaspora, in Reutlingen oder überhaupt im Landkreis, da ökumenisch so manches zu bewirken."
 
Die katholische Kirche ist im Umbruch. Gesellschaftliche Veränderungen machen auch vor der Kirche nicht halt. Dekan Hermann Friedl hält sehr viel vom Reformpapst Franziskus. Doch manches geht ihm nicht weit genug.  "Was er nicht abgeschafft hat, ist dieser Ehrentitel Kardinal", sagte Friedl. "Das wäre natürlich hochspannend gewesen, denn wenn es keine Kardinäle mehr gibt, wer wählt dann den Papst? Vielleicht würde das wieder in eine urkirchliche Praxis führen, dass das Volk oder ein Delegiertenprinzip letztlich den Vertreter der katholischen Kirche weltweit wählt. "
 
Überhaupt Kardinäle: Warum müssen sie immer männlich sein? Hier, so Friedl, könnte der Papst auch mal ein Zeichen setzen und eine Frau ins Kardinalskollegium aufnehmen.  "Theoretisch wäre es möglich, weil der Titel Kardinal ein Ehrentitel ist, den man auch einer Frau verleihen könnte", sagte Friedl. "Natürlich könnte die dann nicht Päpstin werden, weil der Papst ja immer auch Bischof von Rom ist und das einfach in unserer katholischen Kirche nicht möglich ist, dass Frauen ordiniert werden und solche Ämter auch wahrnehmen, aber es wäre mal ein Zeichen. "
 
Ein weiteres Thema: Wie soll die katholische Kirche mit Geschiedenen umgehen? Hier solle die Kirche anerkennen, dass menschliches Leben auch scheitern könne – das gelte auch für Beziehungen und Ehen.  "Das heißt es jetzt nicht die Auflösung der kirchlichen Ehe, die ja nach Kirchenrecht unauflöslich ist", so Friedl. "Aber dass man zumindest mit Betroffenen barmherziger umgeht, da würde man auch mit Papst Franziskus in Einklang stehen, und ihnen pastoral eine Möglichkeit eröffnet, auch wieder Heimat zu finden in der Gemeinde, in der Kirche. "
 
Auch in Bezug auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften fordert Friedl mehr Barmherzigkeit von der Kirche – und geht damit konform mit Papst Franziskus, der sinngemäß sagte, über gleichgeschlechtliche Liebe zu urteilen, sei einzig die Aufgabe Gottes. "Klar darf man jetzt sie nicht so einfach der kirchlichen Ehe gleich stellen, aber ich finde, diese Veranlagung gibt es, und die Kirche muss einfach auch barmherziger damit umgehen und die Menschen ernst nehmen in ihrer Gefühlslage, in ihren Empfindungen. "

In diesem Zusammenhang hatte Bischof Gebhard Fürst jüngst für Schlagzeilen gesorgt. Er hatte ein schwules Paar nicht segnen wollen, weil er befürchtete, man könnte es mit einer Eheschließung verwechseln. Dekan Friedl äußerte hingegen seine Hoffnung, eine solche Segnung könnte bald möglich sein.  "Segen ist eine urchristliche und schon vorchristliche Praxis, dass Menschen wirklich von Gott gesegnet sind, ja, dass es Gott mit jedem Menschen gut meint, und das heißt wirklich konkret mit jedem unabhängig von Konfession, Religion, Hautfarbe, Kultur, Veranlagung und dergleichen. "
 
Dazu gehört auch der Islam. Hier will die katholische Kirche im interreligiösen Dialog den Kontakt suchen. So ist in Pfullingen eine multireligiöse Feier geplant. Dekan Friedl:  "Ich denke, es braucht einfach Verständnis füreinander und Toleranz, und ich denke, Religionen sollen ihren Glauben friedlich leben, und ich denke, das ist ein Anliegen vom Judentum, vom Christentum und vom Islam in gleichem Maße.
 
Im Kontakt mit anderen Religionen gehe es darum, in die Zukunft zu schauen und den positiven Aspekt der verschiedenen Glaubensrichtungen in den Vordergrund zu stellen, so Friedl.
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