B27 im Zollernalbkreis | Bildquelle: RTF.1

Zollernalbkreis:

Diskussion um Tempo 120 auf B 27: Landratsamt wollte Flickenteppich vermeiden

Stand: 14.04.15 15:29 Uhr

Seit knapp zwei Wochen gilt schon das neue Tempolimit auf der B 27 im Zollernalbkreis. Von Balingen bis zur Grenze zum Landkreis Tübingen gilt jetzt durchgängig in beiden Richtungen Tempo 120 - mit Ausnahme der Stellen, an denen schon vorher ein niedrigeres Tempolimit galt. In den sozialen Netzwerken hat die Geschwindigkeitsbegrenzung für viel Wirbel gesorgt. Jetzt hat auch das Landratsamt offiziell dazu Stellung bezogen.


Die B 27 bei Hechingen, 18. September 2014. Bei einem Verkehrsunfall werden zwei Frauen schwer verletzt. Eine der Ursachen: Hohe Geschwindigkeit. Die Fahrerin hatte schlicht ein anderes Fahrzeug übersehen, weil es zu schnell auf der Überholspur gekommen war. Nur einer von 33 Verkehrsunfällen, die im vergangenen Jahr auf der B  27 zwischen Balingen und Bodelshausen gemeldet wurden, davon 17 geschwindigkeitsbedingt. 
 
Einer der Unfallschwerpunkte: Die Auffahrt bei Bisingen-Steinhofen. Hier gibt es ein ähnliches Problem wie bei Hechingen-Nord. Die Zahl der Unfälle in beiden Richtungen ist gestiegen.  "Wir haben viele Unfälle, auch viele geschwindigkeitsbedingte Unfälle", sagte Adrian Schiefer, der Leiter des Verkehrsamtes des Zollernalbkreises. Gerade die Situation, dass sich ein Auto einfädeln und dabei auf die schnellen Fahrzeuge von hinten achten müsse, habe schon oft zu Konfliktsituationen und auch Unfällen geführt. "Darauf mussten wir reagieren", so Schiefer.
 
Reagiert wurde mit Tempolimit, und da war das Landratsamt nicht alleine. Auch die Stadt Hechingen wollte in ihrem Zuständigkeitsbereich das Tempolimit ausdehnen. Ebenso die Stadt Balingen.  Einerseits das Unfallgeschehen, andererseits fehlende oder schmale Standstreifen hätten Tempolimits erfordert, sagte Schiefer. Insoweit hätte es einen Flickenteppich gegeben, wenn man diese einzelnen Bereiche jeden für sich reglementiert hätte.  Am Ende hätte es nur noch kurze Bereiche ohne Tempolimit gegeben. Maximal zwei Kilometer. Dann lieber durchgängige Begrenzung, dachten sich die Verkehrsbehörden. 
 
Doch im Internet artikulierten Autofahrer genau darüber ihren Unmut. Neben einer Facebook-Seite richten sich gleich zwei Online-Petitionen gegen die durchgängige Geschwindigkeitsbegrenzung. Die Stimmung in der Bevölkerung ist gespalten.

"Die Strecke ist schon unfallträchtig", sagte eine Frau in der Balinger Fußgängerzone. "Ich fahre zwar gern schnell, aber in diesem Fall befürworte ich, dass es reduziert worden ist." Und ein Mann pflichtete ihr bei: "Es bringt auch meistens nicht viel, wenn man schneller fährt. Meistens muss man abbremsen, beim Überholen wird es riskant. Da kann man auch das Tempo einhalten, und ich finde, das reicht aus."

Ganz anders die Meinung eines jungen Mannes. "Das ist zum Kotzen", sagte er. "Wenn dann 130, weil das ist die Richtgeschwindigkeit." - "Ja, es ist angebracht", sagte eine Frau. "Weil rasen bringt gar nichts." Und ein Mann, der in Radfahrer-Kleidung in Balingen unterwegs war, sagte: "Die meisten fahren ohnehin 130, und das reicht."

Tempo hundertzwanzig – kontrovers diskutiertes Thema. Das bekam man auch im Landratsamt zu spüren. Es herrschte Aufklärungsbedarf.  "Das war schon ein Thema, wo man gespürt hat, dass es viele bewegt, und in vielen Gesprächen konnte man sachlich die Gründe darlegen", sagte Landrat Günther-Martin Pauli. "Ich war immer dankbar, wenn man die Chance bekommt, wenn die Menschen mit offenem Visir einen ansprechen und Erklärungen erwarten, dann tun wir das gerne."
 
Das Tempolimit, so die Erklärungen, diente allein der Erhöhung der Verkehrssicherheit. Lärmschutz spielte dabei keine Rolle. Außerdem sei es eine behördliche, keine politische Entscheidung gewesen. 
Angesichts der Unfallstatistik sei es eine Notwendigkeit.

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