Facebook Screenshot | Bildquelle: Facebook Screenshot

Wien:

Gericht beginnt Verhandlung der Schadenersatz-Klage gegen Facebook

Stand: 09.04.15 13:31 Uhr

Ein Datenschutz-Aktivist bringt das Internet-Netzwerk Facebook vor Gericht: In Wien wird ab heute seine Schadenersatz-Klage verhandelt. Der Sammelklage haben sich rund 25.000 weitere Nutzer angeschlossen. Initiator Max Schrems wirft Facebook zahlreiche Verstöße gegen das EU-Datenschutzrecht vor. Auch Facebooks Beitrag zum NSA-Überwachungsprogramm "PRISM" ist Gegenstand der umfangreichen Klageschrift. Zunächst geht es um die Zulässigkeit der Klage. Facebook hat diverse prozessrechtliche Einwände erhoben. So hält der Konzern unter anderem das Gericht in Wien für nicht zuständig.

 

In der EU kann eine Person, die nicht beruflich oder gewerblich handelt, eine Klage gegen ein Unternehmen an seinem Heimatgerichtsstand einbringen - in diesem Fall ist das Wien. Facebook will nun erreichen, dass der Kläger diesen Vorteil aus diversen Gründen nicht nutzen darf. Der Kläger Max Schrems kommentiert das so:

"Das Vorbringen von Facebook ist ein großartiges Unterhaltungsprogramm für jeden Juristen. Teilweise wird leider auch mit etwas skurrilen Unterstellungen gearbeitet. Ich sehe diese Argumente derzeit aber eher als Akt der Verzweiflung, den man nicht ernst nehmen kann. Wenn Facebook rechtlich sinnvolle Argumente hätte, dann müsste man sich diese Ochsentour nicht antun."

Die Klage wird vom Kläger gemeinnützig organisiert, alle erstrittenen Gelder gehen - abzüglich der Kosten - an die Teilnehmer. Finanziert wird die Sammelklage von der Roland Prozess Finanz AG aus Köln.

Das Gericht in Wien wird nach der ersten Verhandlung vermutlich zunächst schriftlich über seine Zuständigkeit entscheiden. Diese Entscheidung kann dann von beiden Seiten im Instanzenzug angegriffen werden. Das letzte Wort wird also vermutlich erst in einiger Zeit gesprochen sein. Erst wenn der Umfang der Zuständigkeit des Gerichtes fest steht, geht esum den eigentlichen Inhalt - den Vorwurf zahlreicher Datenschutzverstöße durch Facebook. 

Die Sammelklage betrifft eine ganze Reihe von konkreten Vorwürfen: Ungültige Datenschutzbestimmungen; Unrechtmäßiges Sammeln und Weitergeben von Daten; Ausspähung von Nutzern außerhalb von Facebook über „Like Buttons" oder „Apps"; oder die Teilnahme am NSA-Überwachungsprogramm „PRISM".

Zu diesen Vorwürfen nehme Facebook jedoch praktisch keine Stellung so die Kritiker. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen wird in einem ersten Schritt über die Zulässigkeit der Klage verhandeln. Facebook argumentiert demzufolge: Am internationalen Sitz von Facebook in Irland sei eine Klage einer großen Zahl von Nutzern des Sozialen Netzwerks unzulässig, weil es gegen die „öffentliche Ordnung" verstoßen würde bzw. nach Irischem Recht nicht erlaubt sei. Auch das österreichische Gericht am Sitz des Klägers sei für die eingeklagten Ansprüche nicht zuständig.

"Im Endeffekt wäre Facebook – nach eigener Ansicht – nirgends effektiv klagbar", kritisieren die Kläger. Diese und andere Behauptungen habe man nun nun in einem Schriftsatz des Klägers entkräftet. „Wir haben alle Einwände von Facebook genau geprüft und sind zum Schluss gekommen, dass keiner davon irgendeine Substanz hat. Man versucht scheinbar, mit teils wirklich abenteuerlichen Argumenten den Prozess in der Sache zu verzögern." sagt Dr. Proksch, Anwalt der Klage.

Die Klage wurde am 1. August 2014 in Wien eingebracht. Schon in den ersten 6 Tagen der Aktion haben über 25.000 Nutzer ihre Ansprüche für die „Sammelklage" abgetreten. Über 50.000 weitere Nutzer haben sich enzwischen auf fbclaim.com registriert, um sich in weiterer Folge dem Verfahren anzuschließen. Insgesamt haben sich damit schon mehr als 75.000 Nutzer für die Sammelklage gemeldet.

Gleich zu Beginn hatte Facebook den Klägern zufolge die Annahme der in Deutsch gehaltenen Klage verweigert und durch die nötige internationale Neuzustellung das Verfahren verzögert. Im November 2014 übermittelten die Rechtsanwälte von Facebook dann die „Klagebeantwortung" und behaupteten im Kern, dass die Klage unzulässig sei.

Einer Veröffentlichung der Klagebeantwortung wurde nicht zugestimmt. Das Gericht beauftragte daraufhin die Erstellung weiterer Schriftsätze und setzte die erste Verhandlung für 9. April 2015 fest.

Mögliche Konsequenzen für Facebook

Mit der Klage wird von Facebook u.a. die Unterlassung der datenschutzwidrigen Praktiken verlangt, und ein symbolischer Schadenersatz von 500 Euro pro Person für die bisherigen Rechtsverletzungen. Ein mögliches Urteil könnte Facebook damit zwar leicht mehr als 10 Millionen Euro kosten – viel teurer könnte es Facebook jedoch kommen, wenn das Gericht feststellt, dass Teile seines Geschäftskonzepts in Europa unzulässig sind.

Die Klage wird ohne Gewinnabsicht organisiert und von der ROLAND Prozessfinanz AG finanziert. Den teilnehmenden Facebook-Nutzern entsteht damit kein Kostenrisiko. 

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