Hans-Werner Sinn | Bildquelle: RTF.1

Reutlingen:

"Nur hässliche Optionen" - Star-Ökonom Hans-Werner Sinn spricht über die Euro-Krise

Stand: 31.03.15 20:16 Uhr

Griechenland muss raus aus dem Euro, Deutschland ist gerade dabei das über Generationen angesammelte Geldkapital zu verspielen, die Renten für die kommende Generation schwinden dahin, aber der Euro wird bleiben und: die Politik beschwindelt die Menschen - so das Fazit des renommierten Ökonomen Hans Werner Sinn, vom Münchner Ifo-Institut der gestern bei der Jahresversammlung der Jung- und Familien-Unternehmer im Gebäude der Reutlinger Kreissparkasse sprach. Sein Thema: Europa in der Krise.


Ein Star-Ökonom auf dem Weg zum Podium: Professor Hans-Werner Sinn, Präsident des renommierten Münchner IFO-Insituts für Wirtschaftsforschung, einer der führenden deutschen Köpfe für Wirtschafts- und Finanzpolitik. Ein Mann, dessen Stimme global Gehör findet. Ein Mann, der ein streitbarer Querdenker ist – vor allem beim Thema Euro, Euro-Rettung. 2012 hatte er sich gegen die Vergemeinschaftung der Bankschulden aus der Krise von 2008 ausgesprochen, als der Zusammentuch der spekulativ agierenden US -Bank Lehmann eine globale Finanz- und Wirtschaftskrise auslöste. Sinn trat in der Folge auch Rettungsschirme für überschuldete Euro-Krisen Staaten wie Griechenland ein. Das alles aber kam mit der Begründung: nur so seien Euro und EU zu retten. Sinn sieht das anders: auch nach dem dritten Griechen-Hilfspaket siechten der Europa und der Euro kriselnd dahin.

Das große Friedensprojekt für Europa habe der Euro laut Helmut Kohl einmal sein sollen. Heute könne man sagen: das sei dem ehemaligen Bundeskanzler nicht gelungen. So lange er das politische Leben verfolge, habeer noch nicht soviel Streit in Europa gesehen, so Sinn. Denn der Euro zwinge zusammen, was wegen unterschiedlicher ökonomischer, finanzieller und mentalitätsbedingter Ansätze nie zusammengehört habe und jetzt noch weniger zusammen gehöre: die nord- und die südeuropäuischen Euro-Staaten.

Die Folgewirkungen seien am deutlichsten an den Arbeitslosenzahlen zu erkennen, wo sich Deutschlamnd mit rund 6 Prozemnt als insel der Seeligen präsentiere. Demgegenüber seinen die Arbeitslosen - und Jugendarbeitslosenzahlen vor allem in de südeuropäischen Euro-Staaten dramatisch gestiegen. Hie werde derzeit eine ganze Generation junger Menschen geopfert. Denn Jahr vergingen, ohne das diese in den Arbeitsmarkt und dadurch in die Gesellschaft integriert würden. Und irgendwann werde es für diese jungen Menschen dann zu spät sein.

Dieser Frust führe bereits zu politischen Radikalisierungen – wie man grade in Griechenland an entsprechenden Wahlergebnisse sehe. Der Grund, dass Alexis Tsipras mit seiner linksradikalen Partei zum ministerprtäsidenten Griechenlands gewählt wurde, sei eben in dieser Radikalisierung zu suchen. Ähnliches erwarte Europa bei den kommenden spanischen Wahlen. Und auch die Erfolge der rechtsradikalen Marie LePen in Frankreich seien Folge der selben Hintergründe.

Europa drohe hier Übles, und zwar möglicherweise Schlimmeres, als sich die jetzigen politischen Führer vorstellen könnten. Ihn selbst erinnere das derzeitige Szenarion start an die späten 20er und frühen 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts.

Was also tun, um die Krise aufzulösen, die auf zu hohen Kosten in den südlichen Euro-staaten begründet sei? Wirklich radikale Sparpolitik, die zu Deflation, dem permanenten Absinken der Preise und Kosten in Krisenstaaten führe, scheide aus. Ebenso aber auch Rettungsversuche durch immer mehr Transfer-Leistungen: Kredite, Garantien, Haftungen, Rettungsschirme. Die beförderten grade nicht den Reformwillen, sondern liefen ins Leere.

Dauerhaft könnten nicht 60 Prozent der Menschen in der Euro-Zone die restlichen 40 Prozent finanzieren. Selbst bei den Riesenlasten der deutschen Einheit hätten 80 Prozent nur 20 Prozent gestützt. Ein europäischer Finanzausgleich, wie er in Deutschland zwischen den Bundesländern stattfinde, sei nicht zu machen. Zumal ja gar nicht feststünde, dass nicht noch andere Euro-Länder wie Frankreich oder Italien zu Nehmer-Ländern würden.

Derzeit versuche die EZB deshalb etwas anderes, um die Euro-Zone zu stabilisieren und das Auseinanderdriften der Wettbewerbsfähigkeit aufzuhalten und umzukehren: Man versuche, den Norden nachzuinflationieren. Der Norden und besonders Deutschland sei dem Südemn wirtschaftlich voraus geeilt. Jetzt zuiele man darauf ab, durch Milliarden, die in die Märkte gepumpt würden, den Ankauf von fast wertlosen Staatsanleihen Geldentwertung zu generieren. Mit anderen Worten: das deutsche Preisniveau müsse rauf.

Die kriselnde Staaten sollten - umgekehrt - durch gemachte Inflation und einen resultierenden über den niedereren Euro-Kurs gestärkt werden. Deren Produkte sollten so wieder konkurrenzfähigerwerden. Während deutsches Sparvermögen und die Altersvorsorgen durch Geldentwertung und gleichzeitige Niedrigzinsen dahinschmelzten.

Zur Rettung gibt es aus Sinns Sich nur „drei häßlichen Optionen": Es sei jetzt besser zu sagen: die rettung habe durch Transfers nicht funktioniert. Also müsse man jetzt über die Streichung von Schulden verhandeln. Dazu schlage er die Einberufung einer Schuldenkonferenz vor. In der Folge könne Griechenland aber nur zur ökonomischen Normalität zurückkehren, wenn es den Euro verlasse und zur Drachme zurückkehre. Dann könne es abwerten

Für den Euro brauche es deshalb Aus- und Wiedereintrittsmöglichkeiten. Langfristig aber - so Sinn - zeige die Krise, dass es mehr EU-Europa brauche - vielleicht im Sinne einer Konföderation, wie die es Schweiz vormache. Eine gemeinsame Armee könne hier den Anfang machen.

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