Gewehr Heckler & Koch G36 | Bildquelle: KrisfromGermany, public domain

Oberndorf am Neckar:

Bundeswehr-Gewehr: Waffenproduzent Heckler&Koch widerspricht "Präzisionsproblem" bei Hitze

Stand: 31.03.15 05:52 Uhr

Der baden-württembergische Waffenproduzent Heckler & Koch in Oberndorf am Neckar widerspricht einer Untersuchung des Bundesverteidigungsministeriums. Die Prüfung hatte laut Ministerin Ursula von der Leyen ergeben: Das Standard-Sturmgewehr der Bundeswehr hat möglicherweise ein "Präzisionsproblem" insbesondere bei hohen Temperaturen.

Bedauerlicherweise habe man erstmalig über Presseanfragen von den aktuellen Äußerungen der Bundeswehr zum Gewehr G 36 erfahren, erklärt Heckler & Koch. Das Unternehmen sei nicht eingebunden gewesen in die Untersuchungen der Bundeswehr - "trotz mehrfacher Angebote, die auf eine Einbeziehung des weitreichenden und über viele Jahrzehnte hinweg entwickelte Know-How des Unternehmens gerichtet waren". Im Gegenteil kommuniziere die Bundeswehr zum Thema G 36 seit rund einem halben Jahr nicht mit Heckler & Koch über die konkret untersuchten Vorwürfe zum G 36. 

Die jetzt verbreiteten Ergebnisse widersprechen laut Heckler & Koch in Oberndorf im Kreis Rottweil "diametral den umfangreichen und aufwendigen Prüfungen, die Heckler & Koch angesichts aufkommender Gerüchte über eine angeblich gravierende Zielabweichung der heißgeschossenen oder durch Witterungseinflüsse erhitzten Waffe selbst durchgeführt hat". Diese hätten bei sachgerechtem Gebrauch keine maßgeblichen Einschränkungen der Einsatztauglichkeit, "insbesondere auch im Vergleich zu anderen Sturmgewehren, ergeben".

Heckler & Koch liegen nach eigenen Angaben keinerlei Unterlagen zu den aktuellen Vorwürfen vor. "Eine dringend gebotene sachliche Prüfung und Stellungnahme zu den angeblichen Ergebnissen der Untersuchungen ist hier insofern nicht möglich. Heckler & Koch erkennt daher keine durch die Bundeswehr ermittelten Negativergebnisse zum Gewehr G36 an, die sich auf eine vermeintlich fehlende Tauglichkeit des Sturmgewehrs zum vorgesehenen Gebrauch beziehen."

Verteidigungsministerin von der Leyen hat im Sommer 2014 eine Untersuchung der Fähigkeiten des G36 unter Beteiligung von externen Experten erbeten.

Nach der Kenntnisnahme des Sachstands am Sonntagabend hatte sie den Militärischen Führungsrat, dem neben der Ministerin der Generalinspekteur sowie die Inspekteure der Teilstreitkräfte angehören, zusammengerufen, um eine schnelle militärfachliche Bewertung des vorläufigen Berichts über das Gewehr zu erlangen.

Der Generalinspekteur Volker Wieker hat die Soldatinnen und Soldaten über die vorläufigen Ergebnisse informiert und wird in den kommenden Tagen eine Weisung über den weiteren Einsatz des G36 ausgeben. Die Ministerin verwies darauf, dass im Sommer 2014 parallel zur Untersuchung die Beschaffung des Sturmgewehrs bereits vorsorglich gestoppt worden sei.

Nach dem Vorliegen des Abschlussberichts werden die Konsequenzen noch einmal genau analysiert und dabei, so die Ministerin, auch geklärt „was das mittelfristig für die Truppe bedeutet, nämlich die Frage, ob und inwieweit ein neues und anderes Gewehr angeschafft werden muss."

Die Bundeswehr arbeitet seitdem in Zusammenarbeit mit dem unabhängigen Ernst-Mach-Institut in Freiburg (EMI), der Wehrtechnischen Dienststelle für Waffen und Munition (WTD 91) sowie dem Wehrwissenschaftlichen Institut für Werk- und Betriebsstoffe an einer abschließenden Perspektive auf die Fähigkeiten des Sturmgewehrs.

Das Standard-Sturmgewehr wurde 1996 eingeführt

Das G36 ist das Standard-Sturmgewehr der Bundeswehr. Es hat ein Kaliber von 5,56 mal 45 Millimeter und kann Einzelfeuer oder Feuerstöße verschießen. Alle wesentlichen Bauteile des Gewehrs - mit Ausnahme des Rohres und des Verschlusses - werden aus einem hochwertigen schwarzen Kunststoff gefertigt. Die Schulterstütze der Waffe ist einklappbar.

Neben einem Reflexvisier verfügt das G36 noch über ein optisches Visier mit dreifacher Vergrößerung. Diese Kombination erlaubt es einem mit dem Schützen, überraschend auftauchende Ziele reaktionsschnell in kürzester Zeit sicher zu bekämpfen sowie Ziele in größerer Entfernung auszuschalten.

Das Gewehr G36 wurde 1996 als „Nachfolger" des G3 eingeführt. Während des Einsatzes in Afghanistan gab es immer wieder Berichte über eine mangelnde Treffgenauigkeit heißgeschossener G36-Gewehre. Erste Untersuchungsergebnisse wiesen im Februar 2014 aber zunächst darauf hin, dass nicht die Waffe an sich sondern einzelne Munitionslieferungen (Lose) eines Herstellers dafür verantwortlich seien.

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