Gedenkstätte Winnenden | Bildquelle: RTF.1

Winnenden / Wendlingen:

Ein Jahr Gedenkstätte für die Opfer des Amoklaufs von Winnenden - Der "gebrochene Ring" von Martin Schönaich

Stand: 24.03.15 21:02 Uhr

24.03.2015. Der Amoklauf vom 11. März 2009 in Winnenden und Wendlingen hat die Menschen in Winnenden und darüber hinaus tief getroffen. Aus diesem Grund wurde vergangenes Jahr zum fünften Jahrestag am 11. März 2014 im Stadtgarten Winnenden eine öffentliche Gedenkstätte errichtet, mit der seither an die Opfer erinnert wird. Die Idee für den "gebrochenen Ring" stammt von Bildhauer Martin Schöneich, der auch für die Realisierung der Gedenkstätte zuständig war.

Die Ereignisse vom 11. März 2009 haben nicht nur bei den Angehörigen der Opfer, sondern bei allen, die diese miterleben mussten sowie bei der gesamten Bevölkerung in Winnenden, deutschlandweit und weltweit große Trauer und Bestürzung ausgelöst. In der Folge des Amoklaufs wurde daher ein großes Bedürfnis nach einem dauerhaften öffentlichen Gedenken deutlich. In einem der Taträume wurde in der Albertville-Realschule ein Gedenkraum eingerichtet, der seit März 2013 für die Schulgemeinschaft und die Opfereltern zugänglich ist. Im Zugangsbereich der Schule sind seit 2012 Steinplatten mit den Namen der Opfer verlegt.

Anfang 2012 beschloss der Gemeinderat, dass neben den schulischen Einrichtungen eine öffentliche Gedenkstätte, die außerhalb des Schulgeländes liegt, errichtet werden solle. Es wurde hierfür eine Arbeitsgruppe eingerichtet, welcher die Opfereltern, je ein Vertreter der Schule, des Jugendgemeinderats sowie von jeder Gemeinderatsfraktion angehörten. Bestätigung durch den Gemeinderat fand der Vorschlag der Arbeitsgruppe, als Standort für eine Gedenkstätte den Stadtgarten zu wählen, der sich gegenüber der Albertville-Realschule befindet. Dem Ort, an welchem Eltern die schlimme Nachricht vom Tod ihrer Kinder erfahren haben; ein Ort mit Blick auf die Albertville-Realschule.

Ideen- und Realisierungswettbewerb für eine Gedenkstätte wurde ausgeschrieben

In der Folge befasste sich der Arbeitskreis mit der Auslobung eines zweistufigen Ideen- und Realisierungswettbewerbs. Fachlicher Berater war der Winnender Alfons Koller, 2. Vorsitzender des Verbands Bildender Künstler und Künstlerinnen Württemberg. Ab Anfang Januar 2013 wurde der Wettbewerb in verschiedenen Fach- und allgemeinen Medien ausgeschrieben. Für die Ausarbeitung und Ausführung der künstlerischen Gestaltung wurden seitens des Gemeinderats bis zu 100.000 Euro zur Verfügung gestellt. Abgabeschluss für den Ideenwettbewerb war am 28. März 2013. Knapp drei Wochen später tagte erstmals das für den Wettbewerb eingesetzte Preisgericht.

Das Preisgericht setzte sich zusammen aus dem Oberbürgermeister der Stadt Winnenden, Hartmut Holzwarth, fünf Vertretern der Opferfamilien, drei Künstlern (Alfons Koller und Eva Schwanitz aus Winnenden sowie Dr. Tobias Wall von der Abt-Straubinger Stiftung Stuttgart) sowie fünf Vertretern des Gemeinderats. Als beratende Mitglieder wirkten mit: ein Sachverständiger für Gedenkstätten (Konrad Pflug, Leiter des Gedenkstättenreferats der Landeszentrale für Politische Bildung Baden-Württemberg i.R.), der Rektor der Albertville-Realschule Sven Kubick, ein Vertreter des Jugendgemeinderats sowie des Stadtbauamts.

In einer eintägigen Sitzung am 17. April 2013 sichtete die Jury 273 Arbeiten, die für den Ideenwettbewerb eingereicht worden waren, und traf eine Vorauswahl. Vorrangiges Ziel war, dass nur solche Arbeiten in die engere Wahl kamen, die auch die Zustimmung der Angehörigen fanden. Nach mehreren Durchgängen verblieben acht Arbeiten, die am Realisierungswettbewerb teilnehmen durften.

Acht sehr unterschiedliche Modelle standen zur Auswahl

Bis Ende August 2013 hatten die acht Künstlerinnen und Künstler Zeit ihre Ideen für die Gedenkstätte in einem Modell darzustellen. Am 13. September 2013 tagte die Jury ein zweites Mal. Die Künstlerinnen und Künstler erhielten die Möglichkeit, der Jury ihre Werke persönlich vorzustellen und die Fragen des Gremiums zu beantworten. Nach einer intensiven Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Modellen und einer ausführlichen Diskussion gab die Jury am Ende des Tages einmütig bei einer Enthaltung eine Empfehlung an den Gemeinderat ab. Der klare Favorit der Jury war die Arbeit von Martin Schöneich. Der Gemeinderat folgte am 24. September 2013 einstimmig dieser Empfehlung der Jury und beschloss die Realisierung des „gebrochenen Rings" im Stadtgarten in Winnenden.

Der „gebrochene Ring" von Martin Schöneich

Martin Schöneichs Werk ist eine Ringkonstruktion aus Cor-Ten-Stahl mit 7 Metern Durchmesser, die waagrecht zum Boden ausgerichtet sich auf der einen Seite nach oben neigt und an einer Stelle geöffnet ist. Der Ring als Zeichen der Kontinuität und Einheit enthält somit einen Bruch. Zugleich bietet die Öffnung die Möglichkeit in das Innere des Rings zu gelangen, wo auf dem inneren Ringfeld die Namen der getöteten Menschen und ein Gedicht angebracht sind. Die Öffnung des Rings wurde bewusst eng gestaltet, um den Zugang beschwerlich zu machen und so beim Betreten des Rings ein Nachdenken zu erzeugen.

Die vorhandene Lücke steht für den Bruch, der durch die Ereignisse vom 11. März 2009 entstanden ist. Der „gebrochene Ring" steht dafür, dass die grausame Tat Menschen gewaltsam aus dem Leben gerissen hat. Durch die Neigung nach oben an einer Seite bäumt sich der Ring aber zugleich auch gegen diese Gewalt. Er warnt vor Wiederholung einer solchen Tat und drückt zugleich die Hoffnung auf eine friedliche Zukunft aus.

Der Stahlring wurde in einer Schiffswerft in Speyer gefertigt und in der Nacht vom 3. auf den 4. März 2014 mit einem Schwertransporter nach Winnenden gebracht. Am Morgen des 4. März wurde der acht Tonnen schwere Ring mittels eines Krans auf das bereits im Winter vorbereitete Fundament gesetzt. Später wurden die Verankerungen des Rings im Boden mit Beton ausgossen und der Platz mit einer hellen Schicht Kalksplitt vollendet. Zuletzt hat Martin Schöneich die Namen der 15 Opfer des Amoklaufs in der Innenseite des Rings angebracht.

Damit konnte die Gedenkstätte rechtzeitig zum fünften Jahrestag des Amoklaufs von Winnenden und Wendlingen am 11. März 2014 fertiggestellt werden. Zudem wurde vergangenes Jahr eine Tafel mit kurzen Erläuterungen zur Gedenkstätte  angebracht. Das Gedenken an die Opfer des Amoklaufs fand am 11. März 2015 somit zum zweiten Mal an der neuen öffentlichen Gedenkstätte statt. 

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