Der für Baden-Württemberg so wichtige Mittelstand sei bei einem Jahresumsatz von mehr als zwei Millionen Euro zu über 50 Prozent der Unternehmen im Exportgeschäft tätig. Gerade der Mittelstand sei darauf angewiesen, von nicht tarifären Handelshemmnissen entlastet zu werden. Große Unternehmen könnten sich eigene Abteilungen oder Stabsstellen zu deren Bewältigung leisten, Mittelständler nicht. Solche Hemmnisse wie Zölle oder allgemeine Bürokratie schlügen mit Kostenaufschlägen von bis zu 26 Prozent zu Buche.
Baden-Württemberg müsse ein vitales Interesse an dem Thema haben. In Deutschland insgesamt mache der Export 47 Prozent des Sozialprodukts aus; in Baden-Württemberg 55 und in der Region Stuttgart sogar 80.
Es gebe nach den Worten von Rülke auch keinen Anlass, das Abkommen am Verbraucherschutz scheitern zu lassen. Bei einem Besuch in einem deutschen Hallenbad nehme man vermutlich schon beim Umziehen mehr Chlor auf, als beim Verzehr des legendären Chlorhühnchens. Die Kommission habe auch für die Verhandlungen die Verteidigung der Gütezeichen zugesagt. Anders als von Verbraucherschutzminister Bonde behauptet gebe es keine Gefahr für den Schwarzwälder Schinken. Im Übrigen hätten die USA durchaus auch in manchen Bereichen schärfere Verbraucherschutznormen als die EU. So dürfe Spielzeug in der EU 160mg Blei pro Kilogramm enthalten, in den USA lediglich 90. Und der Benzolgehalt des Benzins sei in den USA auf 0,62 Prozent limitiert, in der EU sei 1 Prozent erlaubt.
Auch seien die vielgeschmähten Schiedsgerichtsverfahren kein K.O.-Kriterium für TTIP. Es komme auf die Regelungen und die Besetzung der Schiedsgerichte an. Auch heute brauche man in Streitfällen eine Entscheidungsinstanz. Ob der schwäbische Mittelständler beim Streit mit einem US-Kunden mit dem Friedensrichter von Dodge City besser bedient sei als mit einem international besetzten Schiedsgericht, bezweifle er, so Rülke. Immerhin sei die Regierung Kretschmann beim Streit um den EnBW-Kaufpreis ja auch vor ein solches Schiedsgericht gezogen.
Der Vorwurf mangelnder Transparenz trage auch nur begrenzt. Zwischenergebnisse würden zeitnah im Internet veröffentlicht. Am Ende entschieden die Parlamente auf europäischer und nationaler Ebene. Es gebe also auch kein Demokratiedefizit.
Nun wolle er wissen, wie die Landesregierung insgesamt und der Regierungschef ganz persönlich zu TTIP und zum Freihandel stehen. Kretschmann könne nämlich nicht einerseits in Sonntagsreden den „Wirtschaftsversteher" spielen und werktags mit den Fortschrittsverweigerern aus seiner grünen Partei plumpe protektionistische Sprüche klopfen, so Hans-Ulrich Rülke.
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