Hugo Boss AG in Metzingen | Bildquelle: RTF.1

Metzingen:

Näherinnen in Armut - Clean Clothes Campaign kritisiert Modekonzern HUGO BOSS für Lohnniveau

Stand: 11.03.15 09:44 Uhr

Die Clean Clothes Campaign (CCC) Deutschland und Österreich fordert vom Metzinger Modekonzern Hugo Boss, den Näherinnen und Nähern existenzsichernde Löhne zu zahlen. Im Vorfeld der Analystenkonferenz in Metzingen, bei der das Unternehmen seine Jahresergebnisse präsentiert, prangert die CCC "Arbeitsrechtsverletzungen in den Produktionsstätten von Hugo Boss" an. Der Modekonzern habe innerhalb von fünf Jahren den Gewinn verdreifacht und das Ergebnis vor Steuern auf 437 Mio. Euro 2014 steigern können. "Doch von diesem Profit sehen die ArbeiterInnen bisher nichts", so die CCC, "im Gegenteil". Der Konzern weist die Vorwürfe zurück.

"Anstatt sie am Erfolg des Unternehmens zu beteiligen halten die geringen Löhne die NäherInnen in der Armutsspirale gefangen", kritisiert Michaela Königshofer, Koordinatorin bei der Clean Clothes Kampagne. Ihr zufolge berichten Hugo Boss-NäherInnen auch von Gewerkschaftseinschüchterungen, Verstößen gegen Überstundenregelungen und sexueller Belästigung. "Ich respektiere das Unternehmen, ich respektiere meine Arbeit, warum respektieren sie mich nicht? Hugo Boss verhält sich bisher nicht verantwortungsvoll", zitiert die CCC einen türkischen Hugo Boss Arbeiter.

Rund die Hälfte der gesamten Hugo Boss Produkte würden in osteuropäischen und türkischen Fabriken hergestellt. Der CCC-Bericht "Im Stich gelassen" (2014) zeige dass in der gesamten Region die Differenz zwischen dem ausbezahlten Lohn und einem Existenzlohn extrem groß ist. Auch bei Hugo Boss Lieferanten sei diese Rechercheanalyse bestätigt worden. Die meisten ArbeiterInnen verdienen demnach Löhne unter der nationalen Armutsgrenze. Für den Bericht wurden den Angaben zufolge TextilarbeiterInnen bei einem Hugo Boss Lieferanten in der Türkei interviewt. Sie verdienten demnach zum Zeitpunkt der Recherche durchschnittlich 326 Euro pro Monat - Überstunden und Zuschläge inbegriffen. Die nationale Armutsgrenze lag zu diesem Zeitpunkt laut CCC bei 401 Euro pro Monat, ein minimaler Existenzlohn bei 890 Euro pro Monat.

Bettina Musiolek von der Clean Clothes Campaign Deutschland betont: "'Made in Europe' sollte dafür stehen, dass Arbeiterinnen und Arbeiter der Armut entkommen können und keine Angst haben müssen, einer Gewerkschaft beizutreten. Doch das Gegenteil ist der Fall", und sie fordert weiter: "Vom 'Erfolgskurs' von Hugo Boss sollen auch die Arbeiterinnen und Arbeiter profitieren, immerhin ist existenzsichernder Lohn ein Menschenrecht, das den Näherinnen und Nähern von Hugo Boss-Bekleidung verwehrt wird."

Die Vorwürfe stehen schon länger im Raum. Hugo Boss Chef Claus-Dietrich Lahrs hatte in einem Interview mit der Wirtschaftswoche schon einmal dazu Stellung genommen. "Dagegen verwehren wir uns, und das haben wir gegenüber dieser Initiative und den Medien auch klar zum Ausdruck gebracht", sagte er der Zeitschrift. Man lege großen Wert darauf, dass sich das Unternehmen "stets im Rahmen der gesetzlichen Mindestlöhne" bewege, und weiter: "Wir überprüfen außerdem regelmäßig die Verhältnisse bei unseren Auftragsfertigern und verpflichten sie darauf, unsere strengen Sozialstandards einzuhalten." Man lasse sich auch extern prüfen.

Der Lohn in der Hugo-Boss-Produktion in der Türkei liegt laut Claus-Dietrich Lahrs "im Durchschnitt 30 Prozent über dem, was eine Näherin üblicherweise vor Ort verdient", so der Firmenchef zur Wirtschaftswoche. Man stelle den Mitarbeitern in den türkischen Produktionsstätten "Sportplätze, ein Fitnessstudio, sehr gute Restaurants und einiges mehr kostenlos zur Verfügung".

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