Und auch die vielen unterschiedlichen Formen der Krater und ihr Erhaltungszustand haben die Wissenschaftler so nicht erwartet. Der Zwergplanet hat beispielsweise einen Krater mit einem Durchmesser von 300 Kilometern, der flacher ist, als es für einen Einschlagskrater üblich ist, aber auch Krater mit hohem Rand und einem Berg in der Mitte. "Ganz ehrlich: Ceres ist viel spannender als ich gedacht habe", betont DLR-Planetenforscher Ralf Jaumann.
Unbekannte Welten in 500 Millionen Kilometern Entfernung
Von Juli 2011 bis September 2012 umkreiste die amerikanische Raumsonde Dawn den Asteroiden Vesta, seitdem reist sie durch das All, um vom ersten Untersuchungsobjekt zum zweiten Missionsziel, dem Zwergplaneten Ceres, zu gelangen. Über 228 Millionen Kilometer hat Dawn dabei zurückgelegt, die Frostgrenze im Asteroidengürtel zwischen Jupiter und Mars hinter sich gelassen und befindet sich nun über 500 Millionen Kilometer entfernt von der Erde.
Mit der Annäherung an Ceres wachsen Neugier und Spannung bei den Wissenschaftlern. Erstmals erkundet eine Sonde gleich zwei Himmelskörper in einer Mission: Asteroid Vesta war ein "trockener", felsiger Asteroid, zerfurcht, voller Krater, Berge und Canyons - Zwergplanet Ceres wird als "nasser", eisiger Asteroid nicht nur eine dreckige, staubige Eiskruste, sondern wohlmöglich auch einen darunterliegenden Ozean aus Wasser haben.
So unterschiedlich die beiden Himmelskörper im Asteroidengürtel sind, konservieren dennoch beide frühe Entwicklungsstufen unserer Planeten: "Beide Körper sind Fossilien aus der Geburtsstunde des Sonnensystems und werfen Licht auf dessen Entstehung", sagt die stellvertretende wissenschaftliche Missionsleiterin Carol Raymond vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA.
Vesta mit einem Durchmesser von 530 Kilometern und Ceres mit beinahe 1000 Kilometern Durchmesser sind zwar die einzigen intakten Asteroiden, wurden aber letztendlich nie zu Planeten - dies verhinderte die Anziehungskraft von Jupiter. "Wir werden mit der Dawn-Mission vieles lernen, das uns die Entstehung unseres Sonnensystems vor 4,5 Milliarden Jahren besser verstehen lässt", ist DLR-Planetenforscher Prof. Ralf Jaumann überzeugt.
Vielversprechend und rätselhaft zugleich
Bei Asteroid Vesta stießen die Wissenschaftler auf eine erstaunliche und wissenschaftlich spannende neue Welt. Und auch Zwergplanet Ceres erweist sich bereits im Anflug als vielversprechend und rätselhaft zugleich. Schon die extrem hellen Flecken, die sich in einem Krater von Ceres zeigen, sorgen für die Diskussionen und Spekulationen: "Sie sind ein ziemliches Rätsel – nicht nur für Laien, sondern auch für uns Planetenforscher", sagt Prof. Ralf Jaumann vom DLR-Institut für Planetenforschung. Aus 46 000 Kilometern Entfernung aufgenommen, nehmen die Flecken gerade einmal einen Pixel ein und sind somit kleiner als vier Quadratkilometer.
Für eine detaillierte Erklärung ist das noch zu wenig. "Es könnte Kryo-Vulkanismus sein, es könnte freigelegtes Eis sein, wir müssen einfach abwarten, bis wir Aufnahmen mit einer besseren Auflösung haben." Immerhin konnte ein Infrarot-Spektrometer auf dem Weltraumteleskop Herschel bereits messen, dass der Zwergplanet Wasserdampf in seiner Umgebung hat. Ein Zusammenhang zwischen dem Ausstoß von Wasserdampf und den hellen Flecken ist möglich. Doch erst wenn die Umlaufbahn um Ceres erreicht ist und die Sonde den Zwergplaneten aus der Nähe umfliegt, werden Erklärungen möglich sein.
Auch die Krater, ihre Form und Verteilung weisen darauf hin, dass Ceres ein lohnenswertes Untersuchungsobjekt sein wird: Hier hatten die Forscher – vor allem am Äquator - eher eine flache Oberfläche erwartet, da eine dünne Eisschicht dafür sorgen würde, dass sich Kratererhebungen mit der Zeit durch die Entspannung des Eises senken und einebnen würden. Nun gibt es aber nicht nur einen großen Krater, der kaum noch wie ein Einschlagskrater aussieht, sondern zudem auch markante Kraterformen mit einem aufgetürmten Berg im Mittelpunkt.
Die gesamte Oberfläche des Zwergplaneten ist dabei sehr abwechslungsreich und zeigt verteilt über seine gesamte Fläche die unterschiedlichsten Strukturen. "Wie dick die Eiskruste ist, die wir unter der staubbedeckten Oberfläche vermuten, werden wir erst mit der Erforschung dieser Kraterformen ableiten können", sagt Prof. Ralf Jaumann.
Fahrplan bis zum Missionsende
Nachdem die Sonde Dawn am 6. März 2015 in 41 000 Kilometern Entfernung von Ceres' Gravitation eingefangen wird, werden zunächst bis zum 10. April keinen weiteren Aufnahmen erfolgen. In April und Mai wird der Zwergplanet dann 20 Tage lang aus einer Umlaufbahn in 13 500 Kilometern erforscht. Im Juni geht es auf eine Höhe von 4400 Kilometern sowie 1470 Kilometern hinunter.
Die größte Annäherung erfolgt dann im Dezember 2015, wenn Dawn in nur noch 375 Kilometern Abstand um Ceres kreist. 14 Monate – bis Ende Juni 2016 – werden die Planetenforscher kontinuierlich Daten gewinnen und Ceres erforschen. Geht der Treibstoff aus, kann Dawn seine Instrumente auch nicht mehr ausrichten und wird als künstlicher Satellit noch lange um den Zwergplaneten kreisen.
Die dritte Dimension
"Viele Rätsel, die Ceres uns zurzeit noch aufgibt, werden wir erst mit der dritten Dimension lösen können", sagt Wissenschaftler Prof. Ralf Jaumann. Und diese wird es ab Mai 2015 geben, wenn Dawn den Zwergplaneten mit der Kamera systematisch aus verschiedenen Blickwinkeln aufzeichnen wird und anschließend das DLR-Institut für Planetenforschung ein dreidimensionales Höhenmodell des Himmelskörpers erstellt. Dazu wurde im DLR-Institut exakt geplant, wie viele Bilder an welchem Punkt aufgenommen werden müssen, um schließlich erstmals eine genaue Topographie eines Zwergplaneten zu berechnen - eines Himmelskörpers in 500 Millionen Kilometern Entfernung von der Erde.
Die Mission
Die Mission DAWN wird vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der amerikanischen Weltraumbehörde NASA geleitet. JPL ist eine Abteilung des California Institute of Technology in Pasadena. Die University of California in Los Angeles ist für den wissenschaftlichen Teil der Mission verantwortlich. Das Kamerasystem an Bord der Raumsonde wurde unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Göttingen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin und dem Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze in Braunschweig entwickelt und gebaut. Das Kamera-Projekt wird finanziell von der Max-Planck-Gesellschaft, dem DLR und NASA/JPL unterstützt.
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