Asylsuchende in Flüchtlingsunterkunft | Bildquelle: RTF.1

Deutschland:

"Christliche Tugend" - Bundesjustizminister nimmt Tradition des Kirchenasyls in Schutz

Stand: 01.03.15 12:07 Uhr

Im Streit um das Kirchenasyl hat Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) zu Besonnenheit aufgerufen. "Eine Debatte über das Kirchenasyl sollten wir ohne jede Schärfe führen", sagte Maas dem "Tagesspiegel am Sonntag". Dass die Kirchen aus Barmherzigkeit in Einzelfällen Flüchtlingen Schutz gewährten, sei "eine christliche Tugend". Zugleich müsse aber gelten: "Das Rechtsmonopol liegt beim Staat und nicht bei den Kirchen."

Er habe "allerdings auch überhaupt nicht den Eindruck, dass die Kirchen die Anerkennung der staatlichen Gesetze in irgendeiner Art und Weise bezweifeln". Er habe keine Hinweise darauf, dass die Kirchen "systematisch darum werben, Flüchtlinge in ihre Gotteshäuser zu holen, um sie staatlichen Verfahren zu entziehen."

Derzeit haben evangelische und katholische Gemeinden in Deutschland 226 Kirchenasyle gewährt. Angesichts von mehr als 200.000 Asylverfahren in Deutschland hat es eher den Charakter von Nothilfe im Einzelfall.

Bundesinnenminister de Maizière (CDU) lehnt das Kirchenasyl ab und hatte den Kirchen Rechtsbruch vorgeworfen. Die kirchliche Praxis verglich er mit der islamischen Scharia - nahm diesen Vergleich aber wieder zurück.

Am vergangenen Dienstag hatten sich die katholische und evangelische Kirche zu einem Spitzengespräch mit dem Präsidenten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Manfred Schmidt, in Berlin getroffen. An dem Gespräch nahmen der Leiter des Katholischen Büros in Berlin, Prälat Karl Jüsten, und der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Prälat Martin Dutzmann, teil.

Dabei hatte das BAMF klargestellt, dass die Tradition des Kirchenasyls an sich nicht in Frage gestellt wird. Gleichzeitig wurde die Einführung einer verschärften Fristenregelung aufgeschoben. Dieses Ergebnis haben Prälat Jüsten und Prälat Dutzmann gewürdigt: „Die beiden großen christlichen Kirchen begrüßen diese wichtigen Kurskorrekturen."

„Uns liegt am Herzen, dass das Kirchenasyl in seiner bisherigen Form erhalten bleibt", betonte Jüsten. „Das ist nun bis zum Herbst ohne Einschränkung möglich". Im Vorfeld war vom Bundesamt angekündigt worden, die Frist zur Überstellung von Personen im Kirchenasyl, die im Rahmen der sogenannten „Dublin–Verordnung" in einen anderen Mitgliedstaat abgeschoben werden sollen, von sechs auf 18 Monate zu verlängern. Die Entscheidung über die Einführung dieser verlängerten Frist sei nun aufgeschoben.

Prälat Dutzmann hob hervor: „Gemeinden entscheiden selbstständig über die Gewährung von Kirchenasyl, wenn sie befürchten, dass einem Menschen bei seiner Abschiebung Menschenrechtsverletzungen oder unzumutbare Härten drohen. Das ist auch in „Dublin-Fällen nicht ausgeschlossen." „Kirchenasyl ist für uns immer ultima ratio", ergänzte Jüsten. In der Zeit bis zum Herbst wollen die Kirchen und das BAMF nun eine neue Zusammenarbeit bei Kirchenasylfällen erproben. Dabei sollen Kirchenvertreter die Möglichkeit bekommen, Einzelfälle erneut vom Bundesamt überprüfen zu lassen, vorzugsweise noch bevor die betroffenen Personen in das Kirchenasyl aufgenommen werden. Für die Kommunikation sollen zentrale Ansprechpartner sowohl auf Seiten der Kirchen wie auch des BAMF benannt werden. „Wir hoffen, dass dies zu einer Vermeidung von Härtefällen beiträgt", erläutert Dutzmann.

Zu dieser Einigung erklärte Bundesinnenminister de Maizière: "Ich begrüße es sehr, dass die Kirchen sich deutlich zum Geltungsvorrang staatlichen Rechts bekennen und klar gemacht haben, dass das bloße Anstehen einer Überstellung in einen Mitgliedstaat der EU keinen ausreichenden Anlass für die Gewährung von Kirchenasyl bietet. Gegen die Tradition der Gewährung von Kirchenasyl in besonders gelagerten Härtefällen als ultima ratio habe und hatte ich nichts einzuwenden. Wir werden uns jetzt anschauen, wie sich die Situation bis Herbst dieses Jahres weiterentwickelt und dann gemeinsam entscheiden, wie es weitergeht."

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