Auch heute könne man einen Dom wieder herstellen und an die nächste Generation übergeben. So sei es nicht mit dem Glauben. Den Glauben müsse jeder Mensch neu entdecken, jede Familie, jede Zeitstunde müsse sich neu konfrontieren lassen mit dem Evangelium. Den Glauben könne man nicht herstellen oder in Gebäuden bauen – er sei ein Geschenk der Liebe und der Gnade Gottes und könne nur durch das eigene Leben wachsen, betonte Kardinal Marx.
In diesem Sinne gehe auch die Geschichte eines Bistums weiter, den Glauben immer neu zu bekennen und so Zeugnis von der Kirche abzulegen. Die Forderung Gottes sei klar: Man müsse die Stunde jetzt annehmen, den Glauben zu entdecken und zu begreifen, die Bedeutung des Christentums wiederzufinden. So seien die Gläubigen als Kinder Gottes gerufen, das Christentum zu wagen und nicht nur davon zu reden. Das sei ein Experiment auf Leben und Tod und nehme uns ganz in Anspruch. Es ergreife uns mit voller Wucht. Dazu wolle das Jubiläum des Bistums Hildesheim unter dem Motto ‚Ein heiliges Experiment – 1.200 Jahre Bistum Hildesheim' einladen."
Wer heute die Welt betrachte, frage sich, was die Gesellschaft der Zukunft sein werde. Damit sei auch die Frage verbunden, was die richtige Religion für eine Gesellschaft sei, in der sich eine Vielfalt von Kulturen und Religionen, von Ungleichheiten wie reich und arm zeige. Für Kardinal Marx liegt die Antwort im Christentum, weswegen er sich überzeugt zeigte, dass die große Geschichte des Christentums nicht vorbei sei, sondern erst noch komme. Das müss die Überzeugung werden, so Marx. Gleichzeitig appellierte Kardinal Marx an die Gläubigen, dass der Glaube immer von der Würde aller Menschen ausgehe. Denn jeder Mensch sei ein Bild Gottes. Ob arm oder reich, jung oder alt, krank oder gesund. Alle Menschen, auch die die Kirche verfolgten oder aus ihr ausgetreten seien, blieben Kinder Gottes und hätten eine Würde. Wer das einmal begriffen habe spüre, welche revolutionäre Kraft von der Bibel ausgehe in eine Gesellschaft, die mit verschiedenen Kulturen, Religionen und Meinungen umgehen müss. Der christliche Glaube wolle diese Ungleichheiten überwinden.
Damit werde deutlich, dass der christliche Glaube ein für die ganze Menschheitsfamilie entscheidender Beitrag zum wahren Fortschritt sei, ein Werkzeug der Einheit aller Menschen, wie es das Zweite Vatikanische Konzil betonte. Der Glaube sei nicht unser Besitz, er sei ein Geschenk für die ganze Welt, dessen Kostbarkeit immer wieder neu erlernt werden müsse. Dieser Glaube werde bezeugt und gelernt in der Begegnung mit dem Anderen, dem Nächsten, besonders den Armen, wie das heutige Evangelium deutlich mache, so Kardinal Marx.
Der Glaube sei niemals Eigentum. Jesus spreche im Evangelium nicht nur von einem großen Caritasprogramm, sondern er wolle eine Haltung deutlich machen, die notwendig sei, damit sich die Menschen auf Augenhöhe begegneten, eben mit den Armen, Schwachen, Verwundeten. Das helfe nicht von uns her, sondern von ihnen her zu lernen, was Glauben sei und Christentum bedeute.
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