Fasnet: Rathaussturm in Tübingen | Bildquelle: RTF.1

Tübingen:

Tempo 10 im gesamten Stadtgebiet

Stand: 16.02.15 13:16 Uhr

Die meisten Rathäuser in der Region sind seit Donnerstag in närrischer Hand. Nicht so in Tübingen. Da standen die Narren erst heute vor der Tür. Da das Rathaus aber noch immer saniert wird, versammelten sich die Hästräger und Guggenkapellen im Innenhof des Bürgerheims. Den Rathausschlüssel forderten sie aber trotzdem.


Nein, er wollte ihn nicht hergeben – den Schlüssel zum Allerheiligsten der Stadtverwaltung. Eisern hielt er ihn fest. Aber es war nicht Oberbürgermeister Boris Palmer, der sich heute den Narren entgegenstellte. Es war Baubürgermeister Cord Soehlke. Was die Narren davon hielten, taten sie der Menge mit ein paar gereimten Strophen kund:

Er ist heute nicht mal hier,
das muss man sich mal geben.
Beim eignen Sturm nicht da zu sein,
das ist total daneben.

Krank sei Palmer, rechtfertigte Soehlke dessen Fehlen. Die Narren hatten das Stadtoberhaupt bereits geortet, behaupteten sie. Palmer sei im Rathaus, um zu testen, ob sich Facebook in seinem neuen umgebauten Büro auch bedienen lasse. Wenn es brenzlig werde, würde der OB ja gerne seine Ochsen vorschicken. Um auch klarzustellen, wen die Narren damit meinten, hängten sie Soehlke auch gleich eine entsprechende Maske um. 

Am Narrentag sei Soehlke ein Ochse, das sei völlig klar und auch in Ordnung – so der Baubürgermeister. Aber er glaube wirklich, dass Palmer das eigentlich sehr spannend und sehr gut finde. Und Soehlke sei ganz sicher: nächstes Jahr im Rathaus wird Palmer wieder da sein.

Ob Palmer den Schlüssel nächstes Jahr dann besser zu verteidigen weiß? Nachdem Soehlke angekündigt hatte, dass er den Schlüssel nicht aus der Hand geben wollte, wanderte der dann doch erstaunlich schnell in die Hand der Narren. "Naja die waren mehr, die sind eindeutig in der Überzahl." – so die schwache Rechtfertigung von Soehlke. "300 gegen einen" – das mache wenig Sinn, sich da lange zu wehren und um den Schlüssel zu kämpfen. Die Narren hätten, glaubt Soehlk, heute erst gefragt, ob sie den Schlüssel haben dürfen. Wenn sie am Donnerstag mit 300 Leuten gekommen wären, hätten sie den Schlüssel auch am Donnerstag schon gekriegt.

Soehlkes Aufzug war den Narren offenbar nicht närrisch genug. So bekam der Baubürgermeister vor laufender Kamera noch ein bisschen schwarze Farbe ins Gesicht. Er nahms mit Humor. Humorvoll nahm er auch die "feindliche Übernahme" des Rathauses. Von Beunruhigung keine Spur: "Die Narren werden in den zwei Tagen genauso viel Unsinn machen wie wir in den zwei Tagen an Unsinn machen würden als Stadtverwaltung. Die werden alles, was total wichtig ist, total gut erledigen. Die werden Tempo 10 in der gesamten Stadt einführen – glaube ich – als Geschwindigkeit. Die werden hier Freibier vergeben die ganze Zeit im Rathaus. Das wird eine gute Zeit."

Da er jetzt keinen Schlüssel mehr fürs Rathaus habe, wisse Soehlke nicht, was er jetzt tun könne – also feierte er einfach mit den Narren mit. Nicht aber, ohne sich zuvor den Tanz anzuschauen, den die Tübinger Narrenzünfte einstudiert hatten.

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