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Berlin:

Ökumenischer Empfang bei der 65. Berlinale

Stand: 08.02.15 18:19 Uhr

08.02.2015. Beim heutigen Ökumenischen Empfang der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) anlässlich der Berlinale plädierte der Gastredner, Drehbuchautor Fred Breinersdorfer (Silberner Bär und Preis der Ökumenischen Jury 2005 für "Sophie Scholl - Die letzten Tage"), für einen stärkeren Einsatz des Mittels "Film", um die Herzen der Menschen zu erreichen. "Wir haben ein Mittel, wohlgemerkt keine Waffe, ich spreche von einem Mittel, das im Kampf gegen den Terrorismus und Faschismus immer noch viel zu wenig eingesetzt wird: Kunst und Kultur", so Breinersdorfer.

Es müssten positive Emotionen erzeugt werden, denn die seien „oft wirkungsvoller als Argumente und ganz bestimmt effizienter als Waffengewalt". Der evangelische Landesbischof Ralf Meister (Hannover), Mitglied im Aufsichtsrat des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik (GEP), und der Vorsitzende der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Gebhard Fürst (Rottenburg-Stuttgart), begrüßten zahlreiche Gäste aus der Filmbranche, Kultur und Politik.

Landesbischof Ralf Meister verglich bei seiner Begrüßung die Geschichten Gottes mit Kinofilmen. „Gottes Erzählungen sind nie abstrakt. Sie sind immer konkret. Sie ergreifen uns, weil es um eine Beziehungsgeschichte geht. Gott– Mensch, Mensch–Gott, Mensch–Mensch. Und wie im Kino fallen darin alle Zeiten zusammen", sagte Meister, der im vergangenen Jahr Jury-Mitglied der internationalen kirchlichen Filmorganisation Interfilm bei den Filmfestspielen in Venedig war. Zudem würden uns sowohl Kinofilme als auch biblische Geschichten nicht nur unterhalten, sondern auch trösten, so Meister weiter.

In seiner Begrüßung warf Bischof Dr. Gebhard Fürst die Frage auf, wie in einer Zeit der „neuen Herrschaft der Bilder", die – mal beglückend wie das Siegestor bei der Fußball-WM, mal erschreckend wie die IS-Terrorvideos – unsere Wahrnehmung der Welt prägen, der Kinofilm noch eine Chance hat. Die besondere Qualität liege hier „im Angebot eines vertieften Sich-Einlassens auf die Wirklichkeit, auf Menschen und ihre Geschichten, ihre Sehnsüchte und Ängste, nicht auf Einzelmomente, sondern auf Entwicklungsprozesse." Wenn ein Film künstlerisch überzeugend gestaltet sei, kämen uns die fiktiven Filmfiguren oft näher als die vielen Menschen, denen wir täglich begegneten. „Wir verstehen ihr Handeln, nehmen teil an Konfliktsituationen, hoffen für sie auf einen glücklichen Ausgang, möchten sie vor Gefahren bewahrt wissen. Und immer bringen wir uns selbst ein, indem wir die Frage stellen: Wie hätte ich in dieser Situation gehandelt?", so Bischof Fürst.

Der tschechische Filmkritiker und Leiter des Prager Studios des nichtkommerziellen christlichen Fernsehsenders Noe, Lukas Jirsa, stellte die diesjährige Ökumenische Jury vor, die eine Ehrenmedaille an Christel und Hans Strobel vergab. Das Münchner Ehepaar habe sich besondere Verdienste um den Kinderfilm erworben. Mit großem Engagement und Einsatz hat das Ehepaar 1980 die „Kinder- und Jugendfilm Korrespondenz" gegründet – eine Fachzeitschrift, die sich voll und ganz auf Filme für Kinder und Jugendliche spezialisiert – und über 35 Jahre herausgegeben. Mit Neugier und Aufgeschlossenheit hätten sie das internationale Kinderfilmschaffen journalistisch begleitet und seien selbst durch die Leitung eines Kinderkinos und die Gestaltung der Kinderfilmreihe beim Filmfest München aktiv geworden. Thomas Hailer, Kurator der Berlinale, überbrachte die Glückwünsche der Festivalleitung. Die „Kinder- und Jugendfilm Korrespondenz" wird seit 2015 als Beilage in der katholischen Zeitschrift „Filmdienst" weitergeführt. Die erste Ausgabe ist zum Auftakt der Berlinale erschienen.

Die Ökumenische Jury, der neben dem Präsidenten Lukas Jirsa (Tschechische Republik) der SIGNIS-Welt-Präsident Gustavo Andujar (Kuba), Gregg Brekke (USA), Piet Halma (Niederlande) sowie aus Deutschland Inge Kirsner und Joachim Opahle angehören, wird ihre Preise am kommenden Samstag (14. Februar 2015) verkünden. Ausgezeichnet werden Filme aus dem internationalen Wettbewerb sowie aus den Sektionen „Panorama" und „Internationales Forum des Jungen Films", letztere dotiert mit einer Preissumme von je 2.500 Euro.

Hier die Begrüßung von Bischof Dr. Gebhard Fürst, Vorsitzender der Publizistischen Kommission

der Deutschen Bischofskonferenz, beim Ökumenischen Empfang der Kirchen anlässlich der Berlinale

am 8. Februar 2015 in Berlin:

"Sehr geehrter Landesbischof Meister, sehr geehrter Herr Prälat Przytarski,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

zum diesjährigen Ökumenischen Empfang der Kirchen anlässlich der Berlinale begrüße ich Sie ganz herzlich. Schön, dass Sie wieder so zahlreich der Einladung der Kirchen gefolgt sind.

Ganz besonders begrüße ich den heutigen Gastredner, Herrn Fred Breinersdorfer, der mit der Berlinale und der kirchlichen Filmarbeit spätestens seit 2005 eng verbunden ist. Damals lief der Film „Sophie Scholl – Die letzten Tage", zu dem er das Drehbuch verfasst hat, im offiziellen Wettbewerbsprogramm und wurde mit dem Silbernen Bären und mit dem Preis der Ökumenischen Jury ausgezeichnet. Auch in diesem Jahr ist er im Wettbewerbsprogramm – wenn auch in diesem Jahr außer Konkurrenz – vertreten. Der Film „Elser – Er hätte die Welt verändert", jüngst mit dem Bayerischen Filmpreis als „Bester Film" ausgezeichnet, wird hier in der kommenden Woche zu sehen sein und Anlass zum Nachdenken und Diskutieren bieten.

Eine besondere Freude ist es für mich, Frau Christel Strobel und Herrn Hans Strobel als Ehrengäste zu begrüßen, deren großes Engagement für den Kinder- und Jugendfilm später im Rahmen unseres Empfangs noch ein Thema sein wird. Ein weiterer Gruß gilt den Vertretern der Festivalleitung, Herrn Christoph Terhechte und Herrn Thomas Hailer, den wir noch erwarten.

Die Charakterisierung der digitalen Medienwelt mit dem Stichwort der „neuen Herrschaft der Bilder"1 ist ein Allgemeinplatz, aber das Phänomen wird konkret erfahrbar, wenn wir Ereignisse der vergangenen Monate Revue passieren lassen.

Die Szene des Torschusses von Mario Goetze im WM-Finale ist im Laufe des Jahres unendlich oft wiederholt worden, die stimmungsvollen Bilder vom Gedenken an den Mauerfall vor 25 Jahren mit der Installation einer „Lichtgrenze" sind nachhaltig in Erinnerung geblieben. Bilder des Schreckens wie die von den Auseinandersetzungen auf dem Maidan-Platz haben sich in unseren Köpfen ebenso festgesetzt wie die von den Terrormilizen des Islamischen Staates produzierten Videos mit Drohbotschaften und dokumentierten Enthauptungen von Gefangenen, die jede ethische Grenze überschreiten und die man nicht anzuschauen wagt – es sind Bilder des Grauens, missbraucht zur Propaganda gegen die Feinde, Bilder im Dienst der Lüge. Die Bilder haben die Opfer ein zweites Mal getötet.

Sie töteten ihre Würde – sozusagen das Heilige ihrer Person. Um Bilder, Karikaturen, ging es zuletzt in Paris und die Terroraktionen, die wir mit Entsetzen zur Kenntnis nehmen mussten, haben den Jahresbeginn verdunkelt. Angesichts einer solchen Vielfalt von Bildern – mal beglückend, mal erschreckend –, die unsere Erfahrung der Welt mitprägen: Welche Chancen haben da noch Bilder, die uns im Kino zur Unterhaltung vorgeführt werden?

Die Bilder, die uns in den Nachrichten entgegentreten, sind oft festgehaltene Momente, die einen größeren Komplex von Geschehnissen auf den Punkt bringen. Auch das Kino bietet starke Bilder, einzelne Einstellungen, Sequenzen, die sich besonders nachdrücklich einprägen. Die besondere Chance, die uns der Kinofilm bietet, liegt aber im Angebot eines vertieften Sich-Einlassens auf die Wirklichkeit, auf Menschen und ihre Geschichten, ihre Sehnsüchte und Ängste, nicht auf Einzelmomente, sondern auf Entwicklungsprozesse.

Wenn ein Film künstlerisch überzeugend gestaltet ist, kommen uns die fiktiven Filmfiguren oft näher als die vielen Menschen, denen wir täglich begegnen. Wir verstehen ihr Handeln, nehmen teil an Konfliktsituationen, hoffen für sie auf einen glücklichen Ausgang, möchten sie vor Gefahren bewahrt wissen. Und immer bringen wir uns selbst ein, indem wir die Frage stellen: Wie hätte ich in dieser Situation gehandelt?

Ich bin sicher, dass das Festivalprogramm wie immer Filme bieten wird, die uns über die Begegnung mit fiktiven Figuren auf die Fragen unseres Lebens zurückführen. Ein Dank gebührt an dieser Stelle den Organisatoren des Festivals für ihre Arbeit: bei der Programmauswahl und der Unterstützung unserer Juryarbeit. Den Mitgliedern der Ökumenischen Jury, die uns später noch vorgestellt werden, gilt mein besonderer Dank dafür, dass sie wieder mit großem Einsatz die Filme für uns heraussuchen, die Bilder von bleibendem Wert bieten. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche uns noch anregende Begegnungen."

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