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Ägypten:

Ägyptens Beduinen geht es schlecht: Willkür auf dem Sinai

Stand: 03.02.15 11:52 Uhr

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat mehr Engagement Ägyptens für eine wirtschaftliche Entwicklung des Nord-Sinai gefordert, um die eskalierende Gewalt im Norden der Halbinsel einzudämmen. Auch muss die Straflosigkeit endlich wirksam bekämpft werden, wenn Ägypten verhindern will, dass sich Beduinen exremistischen islamistischen Milizen anschließen.

Ägyptens Soldaten würden im Norden der Sinai-Halbinsel nach Belieben verhaften, foltern und ermorden, erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Montag in Göttingen. Mit immer neuen Zwangsmaßnahmen brächten die ägyptischen Sicherheitsbehörden die Beduinen gegen sich auf. Die Urbevölkerung des Sinai fühle sich an die schlimmsten Zeiten der Verfolgung unter Diktator Hosni Mubarak erinnert, so Delius.

Die ägyptische Armee hat nach den blutigen Anschlägen radikaler Islamisten, denen am letzten Donnerstag 31 Menschen im Nord-Sinai zum Opfer fielen, eine Verschärfung ihres Kampfes gegen die Extremisten angekündigt. Auch soll die wirtschaftliche und soziale Entwicklung im lange vernachlässigten Norden der Halbinsel mit 1,14 Milliarden Euro gefördert werden, kündigte die Regierung am Sonntag an. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, meinte Delius. Doch es habe  schon zu viele ähnliche Versprechen der Regierung seit dem Sturz Mubaraks im Jahr 2011 gegeben, die alle nicht eingehalten wurden, erklärte Delius. Die Beduinen wollten endlich konkrete Taten sehen und nicht neue unglaubwürdige Versprechen hören.

Ägyptens Armee setzt im Nord-Sinai auf immer mehr Repression und Vergeltung. Zwar richtet sich die Gewalt vor allem gegen islamistische Extremisten, doch auch Angehörige der rund 600.000 auf der Halbinsel lebenden Beduinen kommen dabei oft zu Tode. So starben zwischen August
2013 und April 2014 rund 300 Beduinen bei Armee-Einsätzen. Ein Großteil der Toten waren Zivilisten, unter ihnen 12 Kinder und acht Frauen.
Willkürliche Hausdurchsuchungen, Festnahmen, Folter, Zerstörungen von Häusern schüren bei den Beduinen das Gefühl, Bürger zweiter Klasse zu sein. Übergriffe auf die Zivilbevölkerung werden regelmäßig weder umfassend untersucht, noch strafrechtlich geahndet. So blieb auch ein Video folgenlos, das im Oktober 2014 öffentlich wurde und die mutmaßliche Folterung von zwei Beduinen durch ägyptische Sicherheitskräfte zeigte.

Ende Oktober 2014 begann die ägyptische Armee mit der Einrichtung einer
1,5 bis 3 Kilometer breiten Pufferzone zum Gazastreifen, in der alle Häuser der Beduinen niedergerissen werden. Mindestens 1.000 Familien sind von dem Abriss betroffen. Zwar sollen sie finanziell entschädigt werden, doch stößt die Zwangsmaßnahme bei den Beduinen auf großes Misstrauen.

Wenn Ägypten die Beduinen als Verbündete im Kampf gegen die Extremisten gewinnen wolle, dann müsse es die Urbevölkerung endlich mit mehr Respekt behandeln und alternative Arbeitsmöglichkeiten schaffen, um junge Leute davon abzuhalten, sich als gut bezahlte Handlanger von Islamisten oder Menschenhändlern zu verdingen, erklärte Delius. Solange die Armut im Nord-Sinai immer mehr zunehme, blieben den Beduinen kaum Alternativen legaler Beschäftigung.

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