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Griechenland:

"Tsipras wird mit der EU reden müssen" - Lambsdorff-Interview: Mischung aus Showgeschäft und Unverfrorenheit

Stand: 01.02.15 22:51 Uhr

01.02.2015. Der neue griechische Ministerpräsident Tsipras werde mit der EU reden müssen. Tsipras´Verhalten sei eine Mischung aus politischem Showgeschäft und einer gewissen Unverfrorenheit." Das sagte FDP-Präsidiumsmitglied Alexander Graf Lambsdorff gestern in einem Interview mit dem Deutschlandfunk. Eine Fristenverlängerung hätte mehr symbolischen Wert, zudem könne Griechenland die Schuldenrückzahlung verkraften. Ein Schuldenschnitt käme nicht in Frage, da dieses gegenüber den EURO-Ländern, die ihre Schulden zurückzahlen, unfair wäre. Man könne die Austeritätspolitik, die Sparpolitik, zwar kritisieren. Die Alternative wäre für Griechenland aber der Staatsbankrott, und das hieße, dass Griechenland die EURO-Zone verlassen müsste.

Damit wolle Tsipras wohl auch die Wähler in Griechenland davon "überzeugen, dass mit Syriza tatsächlich jetzt ein völlig neuer Politikstil eingekehrt ist."

Die EU werde auf den 12. Februar warten: "Da muss Tsipras nach Brüssel kommen zum Gipfel und sich erklären. Denn Ende des Monats laufen die Hilfsprogramme der EU für Griechenland aus, es wird ein neues Arrangement geben müssen. Und es kann ja nicht sein, dass Griechenland sich jedem Dialog verweigert."

Woher er die Überzeugung, keine EU-Zahlungen mehr zu benötigen, nehme, sei " ein absolutes Rätsel. Natürlich hat der griechische Staat Ausgaben, die müssen ihre Beamten bezahlen, die Polizisten, die Soldaten, die Lehrer, die Gefängniswärter, die Richter. Und die laufenden Kosten müssen gedeckt werden, das kann Griechenland nach derzeitiger Lage nicht alleine stemmen." Alterantive Finanzquellen für Griechenland sehe er nicht, und die Idee, dass Russland aushelfte, halte er "für eine Fantasievorstellung".

Eine Verlängerung der Fristen hätte keine großen Auswirkungen und wäre mehr symbolisch zu sehen. Außedem könne Griechenland seine Schulden ja bedienen, das seien relativ geringe Aufwendungen.

"Und beim Schuldenschnitt gilt ganz klar: Nein, das kommt überhaupt nicht infrage, was sollen wir den Leuten in Spanien, in Portugal denn erklären, die haben ohne Schuldenschnitt hier sehr schwere und auch tiefe Einschnitte hinnehmen müssen und zahlen selbstverständlich ihre Schulden zurück. Das wäre zutiefst unfair."

Frage: Das heißt, die Europäische Union wird an ihrer Politik nichts ändern, wenn ich Sie richtig verstehe? Auch wenn Gregor Gysi zum Beispiel heute Morgen der Deutschen Presseagentur sagt, das ist ein Zeichen dafür, die Troika-Politik der Europäischen Union ist gescheitert und damit ist auch Angela Merkel hier gescheitert?

Lambsdorff sagte: "Leute wie Gysi und auch Leute wie Tsipras erklären ja immer nur, wer gescheitert ist, sie erklären aber überhaupt nicht, wie es weitergehen soll. Und sie erklären auch nicht, wo Herr Tsipras Geld herkriegen soll. Denn eines ist doch klar: Auch ein Herr Tsipras kann kein Geld zaubern."

Denn die Finanzen Griechenlands seien "der Ursprung dieser Krise, die Zerrüttung der öffentlichen Finanzen, der kaputte Haushalt in Griechenland, die stehen am Ausgangspunkt dieser gesamten Krise. Und wir sind noch lange nicht aus der Krise raus, weil die Haushaltsdaten Griechenlands eine selbsttragende Politik dort ohne Hilfe von außen ja gar nicht ermöglichen."

Eines sei klar: "Ende Februar läuft das Programm der Europäischen Union bisher aus, es wird keinen Schuldenschnitt geben, Herr Tsipras muss am 12. Februar erklären, wie er denn Alternativen sich vorstellt, anstatt nur zu sagen, was er alles nicht tut. Ich glaube, das ist das Entscheidende."

Tsipras und die Syriza-Leute würden merken. "dass ihre Bäume nicht in den Himmel wachsen." Man könne die Austeritätspolitik, die Sparpilitik zwar kritisieren. Aber dann müsse " man auch sagen, was sind denn die Alternativen? Die Alternative für Griechenland, ganz klar, ist die Zahlungsunfähigkeit, der Staatsbankrott. Und bei Austerität fließt wenigstens Geld, beim Staatsbankrott fließt überhaupt kein Geld mehr. Das ist dann der vollständige Zusammenbruch, das kennen wir aus Ländern wie Argentinien, das wollen wir in der Euro-Zone ganz sicher nicht haben. Und wenn Tsipras weiter so macht, also wenn er ernst macht mit der Umsetzung seines Wahlprogramms, eins zu eins, dann führt auch kein Weg daran vorbei, dass Griechenland die Euro-Zone verlässt."

Ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone sei nicht mehr das Schreckensszenario, das es 2010 oder 2012 gewesen sei:  "Wir haben mit dem Europäischen Stabilisierungsmechanismus, mit einer selbstbewussten Europäischen Zentralbank, mit dem Beginn einer Bankenunion Institutionen geschaffen in Europa, die die Folgen abfedern könnten. Also mit anderen Worten: Auch das Erpressungspotenzial von Herrn Tsipras ist erheblich geringer als das griechische Potenzial noch vor einigen Jahren war."

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