Ausstellung | Bildquelle: RTF.1

Reutlingen:

Ausstellung Wilhelm Rudolph " Das Phantastischste ist die Wirklichkeit" im Spendhaus

Stand: 01.02.15 15:57 Uhr

Er gilt als oft vergessener Meister des realistischen Holzschnitts und des sensiblen Porträts: Der Chemnitzer Wilhelm Rudolph verstarb 1982. Er hat mehr als 700 Holzschnitte hinterlassen. Darunter Bilder aus dem zerstörten Dresden, aber auch Kunstwerke, die die radikalen gesellschaftlichen und künstlerischen Umbrüche des 20. Jahrhunderts widerspiegeln. Das Reutlinger Kunstmuseum Spendhaus würdigt Rudolfs umfangreiches Holzschnittwerk derzeit mit einer großen Ausstellung. Unter dem Titel: "Das Phantastische ist die Wirklichkeit".


Wilhelm Rudolph ist 93 Jahre alt geworden. Seine gesamte Schaffenszeit erstreckt sich über fast sieben Jahrzehnte. 1889 in einem Chemnitzer Vorort auf die Welt gekommen, ist er in eine sehr bewegte Zeit hineingeboren. Hier im Spendhaus sind jetzt fast 120 seiner Werke ausgestellt. Experte Ralf Gottschlich erzählt aus Rudolph's Leben.

Er studierte in Dresden noch in der Kaiserzeit. Er erlebte den ersten Weltkrieg, den gesellschaftlichen und künstlerischen Aufbruch in der Weimarer Republik. Die Zeit des Nationalsozialismus und dann lebte er bis zu seinem Lebensende in der DDR. Also ganz verschiedene gesellschaftliche und historische Voraussetzungen (...) Wobei natürlich auch die circa 120 Werke, die jetzt hier ausgestellt seien, nur einen relativ geringen Ausschnitt aus dem Gesamtwerk geben könnten. Aber sie fingen mit den frühesten Holzschnitten, die er geschaffen hätte 1919/1920 an, und gingen dann bis zu seinem spätesten Werk in den frühen 1980er-Jahre.

Trotz der vielen gesellschaftlichen und künstlerischen Umbrüche, die er erlebt hat, hat es Rudolph Zeit seines Lebens vermieden, sich einer aktuell vorherrschenden Kunstrichtung anzuschließen oder seine Arbeiten danach auszurichten. Gottschlich erklärt, wie der Titel „Das Phantastischste ist die Wirklichkeit" zum Künstler Wilhelm Rudolph passt. 

Rudolph hätte sich bei all seiner Werkfindung immer an der Natur, an der Wirklichkeit orientiert. Und er brachte eben mit diesem Zitat: Das Phantastischste ist die Wirklichkeit" zum Ausdruck, dass die menschliche Erfindungskraft zwar groß sei, aber letztlich die Wirklichkeit immer mehr zu bieten hätte, als sich der Mensch einfallen lassen könne. Und dass das für ihn eben der zentrale Ausgangspunkt für sein künstlerisches Schaffen gewesen sei.

Rudolph war eigenwillig und hat sich nicht an gesellschaftliche Konventionen gehalten. So sind dann doch Werke wie dieses zu erklären. Portraits, Landschaften und Tiere kommen am häufigsten auf seinen Holzschnitten vor. Doch am meisten geprägt hat ihn der Krieg. Vier Jahre diente er als Soldat im ersten Weltkrieg. Im zweiten Weltkrieg erlebte er die Zerstörung seiner damaligen Heimatstadt Dresden im Februar 1945. Ein einschneidender Moment für den Künstler, wie Gottschlich anführt.

Der auch für Rudolph Verlust von Wohnung und Atelier und den bis dahin geschaffenen Werken zu einem Großteil bedeutete, der die zentrale Zensur auch in seinem Schaffen sei. Und dieser gebückte, alte Mann, der im Grunde genauso zusammengesunken sei, in Ruine gefallen sei, wie die ihn umgebende Stadt und Landschaft. Das sei sicherlich der Ausgangspunkt für Rudolph, ungewöhnlicher Weise für sein Werk, Menschen, Bild und Ruine in der Form zusammenzubringen.

Ein Suchender – sein ganzes Leben lang. So wird Wilhelm Rudolph beschrieben. So erstreckt sich sein Gesamtwerk von den expressionistischen Anfängen über die Entwicklung des für ihn charakteristischen Realismus bis zu späten Rückgriffen auf impressionistische Traditionen.

Im hohen Alter wurde dann das Thema Friedhof und Tod für ihn immer präsenter. Rudolph starb 1982 in Dresden. Einen großen Ausschnitt seines Gesamtwerkes ist von jetzt an noch bis Mitte April im Spendhaus in Reutlingen zu sehen.

WERBUNG:



Seitenanzeige: