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Bei Verdauungsproblemen: An Laktose-Intoleranz denken

Stand: 30.01.15 14:13 Uhr

Die wenigsten ahnen, dass gar keine Infektion dahinter steckt. Sie schreiben ihre regelmäßigen Durchfälle auf das Konto von Salmonellen, Choleraerregern oder der Amöbenruhr. Dabei steckt ein harmloser Stoff dahinter, den gesunde Menschen problemlos vertragen: Milchzucker.

Er verursacht Blähungen, Kopfschmerzen, Darmkoliken, Durchfall, Übelkeit. Schon zwölf Millionen Deutsche sind betroffen! Und die meisten wissen gar nicht, was da wirklich los ist. Diese Form von Alltagsdurchfall, in der ärztlichen Fachsprache Laktose-Intoleranz genannt (zu Deutsch: Milchzucker-Unverträglichkeit), ist auf dem besten Weg, eine Volkskrankheit zu werden. Denn die Deutschen essen mehr Milchprodukte als je zuvor. Dies vielfach auch, ohne es überhaupt zu wissen. Denn Milchzucker steckt eben nicht nur in Milch und Käse, Sahne und Quark, sondern auch häufig in Wiener Würstchen, Backwaren, Zuckersachen, Pommes, Süßstofftabletten und vielen Medikamenten.

Es ist also nicht ganz einfach, den Übeltäter zu meiden. Aber es ist relativ einfach, festzustellen, ob man zu den Betroffenen gehört: Man geht zum Arzt und lässt einen Laktose-Test machen. Zu diesem Zweck muss man morgens nüchtern erscheinen und erhält eine Lösung mit 50 Gramm Milchzucker zu trinken. Dann wird in zeitlichen Abständen etwas Blut entnommen beziehungsweise der Wasserstoffanteil in der Atemluft gemessen. Beide Verfahren geben Aufschluss darüber, ob der Milchzucker in abnormaler Weise vom Körper verwertet wird.

Bei der Laktose-Intoleranz liegt ein Enzym-Defekt vor - bei Männern wie Frauen etwa gleich häufig. Der Organismus bildet zu wenig (oder gar kein) Enzym Laktase. Das braucht er aber, um den Zweifachzucker Laktose in seine Bestandteile Traubenzucker und Galaktose aufzuspalten.

Mit den Jahren nimmt die Enzymtätigkeit des Menschen stark ab. Bei Personen über 40 ist nur noch zehn Prozent der Laktasetätigkeit eines Säuglings vorhanden. Fehlt das Enzym, wird der Milchzucker in tiefere Abschnitte des Darms abgeschoben, wo Bakterien ihn zersetzen  zu Wasserstoff, Kohlendioxid und Methan. Diese Kleinmoleküle ziehen Wasser aus dem Organismus in den Darm; entstehende organische Säuren aktivieren die Darmbewegung, und schon ist der schönste Durchfall im Gang.

Heftige Blähungen, Schwindel und Übelkeit können sich einstellen, auch depressive Verstimmungen oder unreine Haut. Bei einem englischen Patienten kamen die Ärzte erst nach 26 Jahren des Leidens unter Muskelschmerzen, Müdigkeit, Bluthochdruck und Herzrasen auf die richtige Diagnose: Laktose-Intoleranz.

Wer es hat, dem hilft nur eines: Milchzucker meiden! Das ist leichter gesagt als getan. Denn die Industrie nimmt Laktose gern her. Milchzucker sorgt bei abgepackter Wurst und Würstchen für angenehmen Biss, er verleiht Pommes und Kroketten beim Braten verlockend braune Kruste, er verändert die Kristallstrukturen von Zucker in Süßigkeiten und bindet als Träger Süßstoff ebenso wie viele Arzneimittel.

Deshalb heißt es für Betroffene, beim Einkauf aufzupassen. Laktose kann vorkommen in Margarine und Butter, Wurst, Salatdressings, Nuss-Nougat-Creme, Torten und Kuchen, Knödeln aus der Packung, Hamburgern, Ketchup und Mayo, Soßenbindern und Streuwürze, Schokoriegeln und Bouillon, Kartoffelpüree und Gewürzmischungen.

Unbedenklich sind: Obst, Gemüse, Fruchtsäfte, Kaffee, Tee, Öl, Reis, Nudeln, Kartoffeln, Sojamilch, Frischfleisch, frischer Fisch und Geflügel, Eier, Zucker, flüssiger Süßstoff, Hülsenfrüchte, Getreide, Gemüsesaft, Salz und Nüsse. Zwei Milchprodukte werden übrigens von Laktose-Patienten meist gut vertragen: Joghurt und Kefir. Die darin enthaltenen Laktobazillen ersetzen sozusagen die Laktase - und helfen den Milchzucker im Darm abzubauen.

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