Gemeinderat Reutlingen | Bildquelle: RTF.1

Reutlingen:

Haushalt verabschiedet - Knappe Abstimmung

Stand: 30.01.15 14:24 Uhr

Selbst die dienstältesten Stadträte in Reutlingen konnten sich nicht daran erinnern, dass die Fronten bei den Diskussionen um den Doppelhaushalt derart verhärtet waren. Die einen vertraten eine rigide Sparpolitik, die anderen wollten soziale Wohltaten verteilen. Dementsprechend knapp war gestern Abend das Ergebnis. Nach einer rund achtstündigen Mammutsitzung passierte der Haushalt mit zwanzig zu neunzehn Stimmen den Gemeinderat. Zugestimmt hatten neben Oberbürgermeisterin Bosch die Stadträte von SPD, Grünen, FDP und Linke. Abgelehnt wurde der Haushalt von CDU, FWV und WiR.


Viel Sitzfleisch brauchten die Stadträte bei der Haushaltsdebatte, die bis in den späten Abend reichte. Über dreihundertachtzig Anträge musste abgestimmt werden, einhundertzweiundzwanzig davon wurden einzeln aufgerufen. Eine Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuer gab es nicht. 
 
Am Ende stand auf Antrag der CDU eine namentliche Abstimmung. Am knappen Ergebnis zwanzig zu neunzehn FÜR den Haushalt änderte das aber nichts.  "Manche Fraktionen hatten sich überhaupt nicht bewegt", kommentierte Oberbürgermeisterin Barbara Bosch das Abstimmungsergebnis. "Im Gegenteil: Sie haben noch drauf gesattelt im Laufe der Kompromissgespräche, und insofern war ein Zueinanderkommen nicht möglich und das Abstimmungsverhältnis damit absehbar."
 
Für die CDU-Stadträte war die Sache von Anfang an klar: Sie blieben bei ihrem angekündigten Nein zum Doppelhaushalt.  "Die mittelfristige Finanzplanung weist eine Netto-Neuverschuldung von 60 Millionen aus", sagte der Fraktionsvorsitzende Andreas vom Scheidt. "Allein in den Haushaltsjahren 2015/16 sind wir jetzt bei ungefähr 38 Millionen. Das können wir in Zukunft über den Verwaltungshaushalt nicht mehr finanzieren."
 
Die Stadt braucht einen Haushalt, sagt dagegen die SPD. Sie sieht sich in ihrer, so Fraktionschef Treutlein, "vorsichtigen Vorgehensweise" bestätigt: "Es ist richtig gewesen, genauer hinzuschauen und zu prüfen, was man machen muss und was man nicht machen muss", sagte Treutlein. "Das uns entgegengesetzte Konzept eines rigiden Sparkurses hat keine Mehrheit gefunden. "
 
Zünglein an der Waage waren die Grünen. Sie haben ihr Abstimmungsverhalten bis zum Schluss offen gehalten und sich erst in einer Pause vor der Endabstimmung FÜR den Doppelhaushalt entschieden.
"Wir wehren uns dagegen, dass jetzt diese Situation dafür herhalten muss, einen totalen sozialen und kulturellen Kahlschlag zu machen", äußerte sich Fraktionssprecher Rainer Buck vor der Abstimmung. "Deswegen sollten einige Punkte für die soziale Infrastruktur hier noch ihren Niederschlag im Haushaltsplan finden. "
 
Die Freien Wähler stimmten GEGEN den Haushalt. Ihre Zustimmung hatten sie von Bedingungen abhängig gemacht: "Wir können dem Haushalt nur zustimmen, wenn auch die Einsparungsvorschläge mit berücksichtigt werden", so Jürgen Fuchs vor der Abstimmung. "Denn wir sind angetreten in der Haushaltsberatung, den Entwurf der Verwaltung zu reduzieren. Wir sind nicht angetreten, ihn zu erhöhen."

Deutliche Kritik gegen den Entwurf der Verwaltung auch bei der WiR-Fraktion. Sie verweigerte ebenfalls die Zustimmung.  "Wir haben bereits bei der Einbringung gesagt: Der ist deutlich zu hoch, die mittelfristige Verschuldung wird zu hoch, und da müssen wir jetzt gegensteuern und nicht erst irgendwann", sagte Prof. Jürgen Straub.
 
Die FDP stimmte gemeinsam mit rot-rot-grün und gegen die CDU FÜR den Haushalt – aus pragmatischen Gründen: "Ohne Haushalt wären wir mit leeren Händen dagestanden, die Investitionen hätten nicht vollzogen werden können", kommentierte Hagen Kluck das Zusammengehen mit den linken Gemeinderatsfraktionen. "Das ging leider nur in dieser politischen Konstellation, weil sich CDU und FWV verweigert haben."
 
Auch die Linke Liste stimmte für den Haushalt. Sie sei froh, dass es überhaupt einen Haushalt gebe, sagte Jessica Tatti.  "Das heißt jetzt nicht, dass das ein Haushalt ist, wo wir nur jubeln können, aber wir sind jetzt froh, dass die Arbeit in der Stadt weitergehen kann. "
 
Die Hoffnungen ruhen jetzt auf einer Konsolidierungsklausur, die Oberbürgermeisterin Bosch für den Sommer angekündigt hatte. Sie hofft, dann die beiden Lager wieder zusammenzubringen, damit sich alle zusammen Gedanken um die Zukunft der Stadt machen können.
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