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Fall Sckerl: Streit um interne Datenhandhabung der Grünen: Opposition spricht von "Doppelmoral"

Stand: 28.01.15 17:27 Uhr

"Meine Daten gehören mir." Mit diesem Leitsatz zur Datenschutzpolitik gingen die Grünen 2010 in den Landtagswahlkampf. Jetzt könnte dieses Statement für sie zum Eigentor werden. Im vergangenen Herbst waren interne E-Mails der Grünen im Zusammenhang mit der sogenannten "Gutachten-Affäre" in der Enquete-Kommission Rechtsterrorismus an die Öffentklichkeit gelangt. Auf der Suche nach Maulwürfen in den eigenen Reihen, sollten die Grünen-Abgeordneten, die der Kommission angehören, eine datenschutzrechtliche Einwilligung unterschreiben, um eine lückenlose Untersuchung zu ermöglichen. Die Opposition warf der Partei im Rahmen einer aktuellen Plenardebatte jetzt eine Doppelmoral beim Datenschutz vor.

In der Zeit von Mitte September bis Mitte November waren E-Mails des damaligen Obmanns des NSU-Untersuchungsausschusses, Hans Ulrich Sckerl, an die Öffentlichkeit gelangt. Sie belegen, dass Sckerl versucht hatte, ein Rechtsgutachten der Landesregierung zu beeinflussen. Dazu hatte er mehrmals im Landtag und auch in der Öffentlichkeit gelogen. Im Dezember folgte sein Rücktritt.

Die Einwilligung, die die Grünen-Abgeordneten zwecks einer Aufklärung der Vorfälle unterschreiben sollten, stieß heute bei der Opposition auf völliges Unverständnis. "Das sind Angaben über rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philisophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit, Sexualleben und so weiter", so  Matthias Pröfrock, CDU. Das müsse man sich auf der Zunge zergehen lassen. Er halte das für einen unerhörten Vorgang.

Dem traten die Grünen heute entschieden entgegen. Es sollte für die Abgeordneten lediglich die Möglichkeit geschaffen werden, ihre Accounts durch eine sachverständige Firma auf mögliche Hackerangriffe hin überprüfen zu lassen, so die Aussage von Vize-Fraktionschef Andreas Schwarz heute im Landtag. Bestätigt hätte das seiner Meinung nach ausgerechnet der damalige Landtagspräsident und jetzige Fraktionsvorsitzende der CDU, Guido Wolf.

Wolf habe, so  Andreas Schwarz, Grüne, der Vize-Fraktionschef,  "in seiner Eigenschaft als Landtagspräsident mitgelteilt, dass es unserer Fraktion zu keinem Zeitpunkt um die Sichtung der elektonischen Post der Abgeordneten geht, vielmehr würden für  Datenschutz und Datensicherheit für die Abgeordneten im Vordergrund stehen".

Mit der Einwilligung sollte der E-Mail- Verkehr der Abgeordneten für die betreffende Zeit umfassend offengelegt werden. Für die FDP ist dieses Vorgehen einer Rechtspartei unwürdig. Sie wirft den Grünen vor, wichtige Details zurückzuhalten oder nicht offen darzulegen.

Der Kern der datenschutzrechtlichen Erklärung seit ein entlarvender Satz, so Ulrich Goll, rechtspolitischer Sprecher der FDP.  "Diese Einwilligung gilt ausdrücklich auch für solche E-Mails, welche besondere Arten personenbezogener Daten enthalten. Das ist es schon kühn, sich hier hinzustellen und zu sagen: Es sei nicht um E-Mails gegangen".

Unterstützung bekamen die Grünen dann aber noch vom Koalitionspartner, der der Opposition vorwirft, ausschließlich mit Unterstellungen zu arbeiten, aber nichts faktisch belegen zu können. Es sei " eindeutig nur um unerlaubte Zugriffe" gegangen, so Fraktionschef Schmiedel.  "Jetzt können Sie unterstellen, und nichts anderes machen Sie: Heimlich wollten sie was anderes. Das ist aber eine Unterstellung, die sie durch nichts belegen können. Und sie unterscheidet sich von der Einschätzung, die der Landtagspräsident Wolf seiner Zeit hatte".

Weitere Aufklärungen dazu gab es heute nicht. So bleiben die Aussagen der Grünen ebenso wie die Anschuldigungen der Opposition weiter im Raum. Weder Guido Wolf noch Hans-Ulrich Sckerl haben sich heute zu dem Thema geäußert.

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