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Mariopol / Kiew / Moskau / Brüssel:

"Russland-gesteuerte Terroristen bringen Terror und Zerstörung" - EU-Parlamentspräsident Schulz kritisert Beschuss der ukrainischen Stadt Mariopol scharf

Stand: 02.02.15 23:46 Uhr

24.01.2014. EU-Parlamentspräsident Schulz (SPD) hat die Angriffe der prorussischen Rebellen auf die ukrainische Hafenstadt Mariopol scharf kritisiert. Schulz sagte, die von Russland gesteuerten Rebellen brächten Terror und Zerstörung über die ukrainische Hafenstadt: "Ich verurteile in allerschärfstem Maße den heutigen Beschuss von Mariopol, durch den mindestens 20 Zivilisten getötet und über 100 verletzt wurden. Russland braucht die Stadt Mariopol Analysten zufolge, um einen Landkorridor über ukrainisches Gebiet zur ukrainischen Halbinsel Krim zu schaffen, die sich seit 2014 bereits in der Hand Russlands befindet.

Die Hafenstadt Mariopol lag bisher weit außerhalb der umkämpften Zone. Schon vor Monaten hatten Analysten allerdings darauf hingewiesen, dass nach der vökerrechtswidrigen Besetzung der Halbinsel Krim mit hoher Wahrscheinlichkeit auch damit zu rechnen sei, dass Russland auch die Hafenstadt Mariopol angreifen werde. Denn nur über Mariopol könne Russland einen Landkorridor zwischen der Krim und russischem Staatsgebiet schaffen.

Gleichzeitig handelt es sich bei den Angriffen der von Russland gesteuerten Rebellen auch um einen Affront und ein Schlag ins Gesicht gegen die Vermittlungsbemühungen von Bundeskanzerlin Merkel und Außenminister Steinmeier. 

Steinmeier hatte in den vergangenen Tagen in mühsamen und langwierigen Gesprächen die Konfliktparteien Ukraine und Russland dazu gebracht, eine von schweren Waffen "entmilitarisierte Zone" entlang der Kampflinie in der Donez-Region zu akzeptieren. 

Bundeskanzlerin Merkel hatte zudem in Aussicht gestellt, als "Preis" für ein Einlenken Russlands eine Wirtschaftskooperation zwischen Deutschland und Russland abzuschließen. 

Dass die russisch gesteuerten Rebellen nur wenige Tage nach dieser mühsam errungenen Vereinbarung und dem Kooperationsangebot Merkels in der Donez-Region einen tödlichen Angriff auf die bisher unbeteiligte ukrainische Hafenstadt Mariopol starten, dürften Merkel und Steinmeier als einen "Schlag ins Gesicht" seitens Russland empfinden. 

Hier die scharfe Verurteilung Russlands durch den Parlamentspräsidenten der EU, Martin Schulz, im Wortlaut:

"Russisch-gesteuerte Rebellen haben in der Ost-Ukraine Terror und Zerstörung über die Zivilbevölkerung der Regionen gebracht, die durch den Konflikt in beispiellosem Maße betroffen sind.

Ich verurteile in der schärfst möglichen Form den heutigen Beschuss der Stadt Mariopol, bei dem mindestens 20 Zivilisten zu Tode gekommen sind, und bei dem mehr als hundert verletzt wurden. Den Familien der Opfer spreche ich mein Beileid aus.

Die Rebellen haben eine völlige Mißachtung des Minsker Protokolls und Memorandum gezeigt. Sie zeigen keinen Willen, eine friedvolle politische Lösung des Konflikts anzustreben.

Ich rufe Russland dazu auf, seinen erheblichen Einfluss zu nutzen, um zügelnd einzugreifen und die Aktivitäten dieser agressiven Kräfte zu stoppen: Um dem Fluss an Waffen, Geld, Personal und Geheimdienst-Informationen Einhalt zu gebieten, und die Grenze [zwischen Russland und den ukrainischen Rebellengebieten] zu schließen. Russland muss in einer seriösen und rechtschaffenen Weise an den Verhandlungstisch zurückkehren."

Die Halbinsel Krim hatte eine wechselvolle Geschichte: So war sie in der Antike zunächst von Kimmerern und Taurern bewohnt; später von Skythen und Griechen besiedelt. Später geriet die Krim unter die Herrschaft von Römischem reich, Goten, Hunnen, Mongolen und Tartaren.Anschließend gehörte sie rund 200 Jahre lang zum osmanischen Reich und schließlich zum russischen Kaiserreich und später - als Verwaltungsbezirk (Oblast) - zur Sowjetunion.

Der sowjetische Präsident Chrustchow gliederte den Verwaltungsbezirk Krim  im Jahr 1954 schließlich an die Ukraine an. Chrustchows Sohn zufolge erfolgte die Angliederung des Krim-Verwaltungsbezirkes an die Ukraine, um eine schlagkräftige ökonomische Entwicklung der Schiffahrt und der Wasserstraßen zwischen Wolga, Krim und Donez-Becken zu ermöglichen.

Russland hatte die Halbinsel Krim im Jahr 2014 völkerrechtswidrig besetzt und annektiert. Zur Legitimierung der Angliederung an Russland hatte Russland kurz nach der Besetzung der Halbinsel Wahlen abhalten lassen. Die Wahlzettel mussten allerdings ohne Umschlag in durchsichtige Wahlurnen abgegeben werde, so dass es sich westlichen Politikern zufolge weder um freie noch um geheime Wahlen gehandelt habe.

Die Annektion der Krim durch Russland wurde vom Westen als völkerrechtswidrig bezeichnet und nicht anerkannt. In mehreren Stufen hatten die EU und Europa Sanktionen gegen Russland verhängt, um Russland zu einer Rückgabe der Krim an die Ukraine und zu einem Rückzug der - nach Angaben der EU und der NATO -  von Russland gesteuerten Aufständischen im ukrainischen Donezk-Gebiet zu bringen.

Der TV-Sender n-tv zitiert den Kommandeur der "Volkswehr" auf der Krim, Girkin, in seiner Online-Ausgabe vom 26. Januar 2015 wie folgt zu den Vorgängen um die Angliederung der Krim an Russland:  "Ich habe leider überhaupt keine Unterstützung durch offizielle Regierungsvertreter in Simferopol gesehen, wo ich mich befand. Die Volkswehr musste die Abgeordneten einsammeln, um sie in den Plenarsaal des Regionalparlaments reinzutreiben, damit sie die Gesetze verabschiedeten."

Die Tageszeitung Die Welt zitiert in ihrer Online-Ausgabe vom 02.02.2015 den ehemaligen russischen Finanzminister und Putin-Vertrauten Kurdin wie folgt: Der russische Präsident Putin  habe ihn Im März 2014, noch vor dem umstrittenen Referendum auf der Krim,  gebeten, die Folgen der Annexion der Halbinsel zu analysieren: "Ich habe ihm mein eigenes Szenario gegeben, was danach passieren könnte. Andere Experten haben ihre Szenarien ebenfalls vorgestellt".

Die Krim ist für Russland als Standort der russischen Schwarzmeerflotte, mit der das schwarze Meer militärisch kontrolliert werden kann, von hohem strategischem Interesse. Eine Eroberung und Anschluss der Donez-Region ist aufgrund der dortigen Bergbau- und Militärgüter-Industrie für Russland von großem Interesse.

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