Landtagspräsident Guido Wolf | Bildquelle: RTF.1

Eningen unter Achalm:

Interview mit CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf zur Landtagswahl 2016 - Online-Artikel & Videosendung "Im Gespräch"

Stand: 26.01.15 13:04 Uhr

In gut einem Jahr, im Frühjahr 2016, ist die nächste Landtagswahl in Baden-Württemberg. Der Wahlkampf hat längst begonnen, insbesondere für die CDU. Natürlich, denn die will ihre Wahlschlappe vom letzten Mal wettmachen und Grün-Rot ablösen. Auf dem CDU-Landesparteitag am 24. Januar 2015 wurde Guido Wolf mit überwältigenden 93,8% der Delegiertenstimmen zum Spitzenkandidat gewählt. Der bisherige Landtagspräsident will den Amtsinhaber Winfried Kretschmann herausfordern und als Ministerpräsident ablösen. Roland Steck, unser Chefmoderator Talk, sprach mit Guido Wolf im Vorfeld des CDU-Landesparteitages. Lesen Sie hier das Interview hier in unserem Online-Artikel. Oder schauen Sie sich das Interview hier als Video an, in unserer Sendereihe "Im Gespräch".


Das Gespräch mit dem baden-württembergischen Landtagspräsidenten und CDU-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2016, Guido Wolf, führte unser Redaktionsleiter Talk, Studiendirektor a.D. Roland Steck.

Wir haben heute die Gelegenheit, beim CDU Neujahresempfang hier in Rottenburg mit Herrn Wolf zu sprechen und sind sehr gespannt. Herr Wolf guten Abend!

Guten Abend Herr Steck

Wir wollen Sie unseren Zuschauern natürlich auch menschlich ein bisschen näher bringen. Deswegen fangen wir mit der Person an. Sie sind in Weingarten geboren, Abitur in Ravensburg, Jurastudium in Konstanz. Gibt's da irgendeine lustige Anekdote, [eine] prägende  Erinnerung aus der Zeit?

Ja, allein Ihr Hinweis darauf, dass ich in Weingarten geboren und in Ravensburg zur Schule gegangen bin, zeigt Ihnen, dass ich ein multikulturell aufgestellter Mensch bin. Dass ich schon in der Kindheit und in der Jugend es verstand, zwischen den Welten zu pendeln. Denn zwischen Weingarten und Ravensburg, das ist ein Pendeln zwischen den Welten. Und: Es war eine schöne Zeit in Oberschwaben, und sie hat mich geprägt und hat mir viel mitgegeben für das, was ich heute brauche.

Wie tickt der Oberschwabe eigentlich, allgemein?

Naja, das muss man "die andere froge"... Über sich selber zu reden, ist immer schwierig. Der Oberschwabe ist, glaube ich, ein bisschen barock, großzügig. Ich hab's besonders gemerkt, als ich Bürgermeister in Nürtingen wurde, und mir auffiel: Dort gibt's gar keine Straßencafés. Die gibt's bei uns in Oberschwaben zu Hauf. Inzwischen gibt's aber in Nürtingen auch Straßencafés.

Also ich glaube, diese Großzügigkeit, auch diese Bereitschaft, mal am hellen Tag auf der Straße 'ne Tasse Kaffee zu trinken und dabei auch herzlich zu lachen: Das zeichnet uns schon ein bisschen aus.

Sie haben den weiteren Weg schon angesprochen: Sie waren Richter, erster Bürgermeister in Nürtingen, und dann natürlich Landrat in Tuttlingen. Und jetzt Landtagspräsident und möglicherweise bald Ministerpräsident. Man könnte sagen, Herr Wolf, zielstrebiger Erfolgsmensch!

Naja, also bei mir war nicht alles, was ich in meiner beruflichen Laufbahn angegangen bin, geplant. Wie man in der Politik überhaupt nicht alles planen kann. Die Dinge müssen auf einen zulaufen. Der Erwin Teufel hat immer gesagt: Das Amt muss zum Manne kommen. Heut' muss man ja sagen: zum Manne oder zur Frau. So wars ein bisschen bei mir.

Aber man muss natürlich auch das Gespür haben, wann die richtige Tür aufgeht, und dann auch den Fuß dazwischen legen. Und das ist mir vielleicht immer mal wieder gelungen. Ich nehme die Herausforderungen an, so wie sie sich stellen.

Und wie sind sie eigentlich zur Politik, oder speziell zur CDU gekommen?

Naja, da gibt's ein Schlüsselerlebnis, was jetzt den Eintritt in die CDU als Partei angeht.

Zur Politik überhaupt bin ich gekommen, indem ich in einer sehr politischen Familie aufgewachsen bin: Mein Großvater war politisch tätig, was meine Mutter dazu veranlasste, zu sagen: "Bua du kannschd alles werda, nur nicht Politiker". Aber nun, so isches halt. Und in die CDU bin ich eingetreten als Student. In Konstanz, als der Ministerpräsident Lothar Späth bei uns mal ne Rede halten wollte im Audimax. Und die vereinigte Linke an der Uni diesen Auftritt verhindert hat. Das hat bei mir das Bewusstsein ausgelöst: Du musst Farbe bekennen. Du musst Dich positionieren. Und ich bin dem damals dadurch begegnet, dass ich in die CDU eingetreten bin.

Sie sind jetzt CDU-Spitzenkandidat. Man sagt zwar, möglicherweise ein harter Machtkampf, oder was auch immer. Aber darüber wollen wir nicht sprechen. Die Frage, die sich anschließt, ist: Ist es besser, einen Spitzenkandidaten zu haben, alles in einer Hand zu haben, oder wäre das auch mit einem Triumvirat gegangen?

Also, wir haben ja in der Politik schon die unterschiedlichsten Erfahrungen gemacht. Übrigens haben die auch andere Parteien schon auf ihre Art und Weise gemacht. Das macht schon Sinn, dass man klare Strukturen hat, dass auch Menschen Politik und eine Partei mit einem Gesicht verbinden. Aber ich bin jetzt nicht derjenige, der innerhalb kurzer Zeit möglichst viele Ämter in sich vereinigen will. Ich bin ein sehr teamorientierter Mensch. Und deshalb werden wir uns in den nächsten Wochen auch so aufstellen, dass ich der Spitzenkandidat bin, aber dass es natürlich auch andere geben wird und geben muss, mit denen ich gemeinsam in diesen Wahlkampf ziehe.

Jetzt wird gefordert, dass Sie ihr Amt als Landtagspräsident abgeben, weil die Doppelrolle der Neutralität schaden könnte. Wie sehen Sie das?

Das muss man gar nicht fordern, weil ich schon am ersten Tage, als ich meine Kandidatur für diese Spitzenkandidatur der CDU angekündigt hatte, signalisiert habe: Für den Fall, dass die Partei mich nominiert, werde ich vom Amt des Landtagspräsidenten zurücktreten. Und dazu stehe ich: Am 24. Januar ist Landesparteitag, wo die Delegierten dann das Votum der Mitglieder - ich hoffe -  bestätigen. Und danach werde ich das Amt des Landtagspräsidenten aufgeben. Ich denke, das ist ne klare Linie. Wenn man dann wirklich in der Rolle des Spitzenkandidaten auch angreifen muss, parteipolitisch täglich argumentieren muss, dann wäre das mit dem Amt des Landtagspräsidenten nicht mehr vereinbar.

Greifen wir an: Was sind die größten, vielleicht die drei größten Fehler der aktuellen Landesregierung?

Ganz ganz großen Handlungsbedarf sehe ich bei der Bildungspolitik. Da gab's immer schon Kritik. Auch zu Zeiten einer CDU-Regierung. Bildungspolitik ist natürlich etwas sehr vielschichtiges. Und da kann ja dann auch jeder und jede sich durch persönliche Betroffenheit einbringen. Aber so viel Unmut und so viel Ärger wie derzeit war noch nie.

Und da sehe ich mit den größten Handlungsbedarf. Nicht dass wir jetzt den gleichen Fehler wie Grün-Rot machen, im Falle der Regierungsübernahme auf Knopfdruck alles wieder auf den Kopf zu stellen. Aber unsere Bildungspolitik braucht wieder mehr Planbarkeit, mehr Kalkulierbarkeit. 

Das zweite ist die Wirtschaftspolitik, wo ich mir mehr Ehrgeiz wünsche. Etwa mit Blick auf die digitale Revolution, mit Blick auf Forschung und Entwicklung. Das war immer unsere große Stärke. Das clevere Land Baden-Württemberg, das wollen wir wieder werden.

Und das dritte ist die Verkehrs- und Infrastrukturpolitik, bei der - nach meiner Überzeugung - im Moment viel zu viel Ideologie im Spiel ist. Dieses Land Baden-Württemberg hat eine bessere Infrastrukturpolitik verdient.

Jetzt ist es natürlich so: Das größte Pfund der Landesregierung ist wahrscheinlich der aktuelle Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Die einen sagen: "Der Wolf im Schafspelz". Auf der anderen Seite hat er unheimlich tolle Umfragewerte, was die Beliebtheit angeht. Wie wollen Sie ihn besiegen?

Naja, also zum einen geht es mal darum, dass wir die grün-rote Regierung auf den Prüfstand stellen und dass wir zeigen werden, dass dieser Ministerpräsident eben häufig nicht für das steht, was Grün-Rot in Alltagspolitik dann auch wirklich umsetzt. Diese Diskrepanz wollen wir aufzeigen; auch insoweit den Ministerpräsidenten entzaubern. Im Übrigen werden die Wählerinnen und Wähler bei der Landtagswahl darüber entscheiden, dass Baden-Württemberg wieder eine bessere Politik für die Zukunft bekommt.

Dafür will ich als Kandidat stehen. Dafür will ich als Kandidat stehen, der von der Basis kommt, der nahe an den Menschen dran ist. Der lange auch in der Kommunalpolitik verwurzelt war. Ich denke, mit diesem Profil wird es auch gelingen, mir als Kandidat, aber vor allem uns als CDU eine eigenständige Kraft zu geben, mit der wir Grün-Rot schlagen können.

Problem könnte natürlich sein: Es wird sehr schwer werden, die absolute Mehrheit zu gewinnen. Wie sieht´s aus mit möglichen Koalitionspartnern?

Also wir kämpfen für uns. Und wir kämpfen dafür, dass die CDU möglichst stark wird. Und wir kämpfen dafür, dass ohne die CDU nach der nächsten Landtagswahl nichts geht. Das ist das Wahlziel Nummer eins. Und über Koalitionen reden wir nach der Wahl. Ich bin nicht so überheblich und abgehoben, dass ich von absoluten Mehrheiten träumen will. Auch wenn wir sie dankbar annehmen würden.

Aber natürlich wird es nach der Wahl gegebenenfalls darum gehen, einen Koalitionspartner zu finden.

Wir werden aber nicht den gleichen Fehler machen, wie bei der letzten Wahl, dass wir uns vorher in eine fast babylonische Gefangenschaft begeben. Nein, darüber reden wir nach der Wahl. Und wir werden uns für den Partner entscheiden, mit dem wir am meisten CDU-Politik umsetzen können.

Ich habe ein paar Halbsätze vorbereitet, Herr Wolf, damit wir möglichst viele Inhalte rüberbringen. Wenns ok ist, bringen Sie sie zu Ende. Der erste wäre: Sie kritisieren das mangelhafte Profil Ihrer Partei, der CDU, weil ...

... ich den Eindruck habe, dass die Mittelständler von uns erwarten, dass wir mehr Profil in Sachen Gestaltungsspielraum, Handlungsfreiheit und bessere Rahmenbedingungen benötigen.

Pegida muss ernstgenommen werden, weil..

... in diesem Land kein Platz ist für Fremdenfeindlichkeit. Deshalb ein klares Nein zu allem, was Hass und Ausgrenzung bedeutet. Aber all jenen, die sich  Sorgen machen und [sich] mit diesen Fragen beschäftigen, will ich auch sagen, dass wir das nicht ausblenden wollen, sondern dass wir mit ihnen konkret auch ins Gespräch kommen möchten.

Guido Wolf möchte möglichst viele Nichtwähler an die Urnen bringen. Selbst bei Ihrem Mitgliederentscheid hat nur die Hälfte der Parteimitglieder sozusagen sich für Strobl oder für Sie ausgesprochen. Das fand ich auch ein bisschen ein mageres Ergebnis. Aber politisch: Wenn nur die Hälfte aller Baden-Württemberger wählt, ist das natürlich auch ne Enttäuschung. Wie wollen Sie das besser hinkriegen?

Naja, also wenn ich dieses Rezept jetzt auf den Tisch legen könnte, dann wäre ich wahrscheinlich ein vielgefragter Mann. Nein nein, da muss man ringen, da muss man natürlich zunächst mal für einen Politikstil stehen, der die Menschen ernst nimmt. Der die Menschen in den Mittelpunkt stellt. Der sich etwas verabschiedet von alten parteipolitischen Ritualen, die immer nur alles schlecht finden, was vom politischen Gegner kommt. Sondern vielleicht auch mal gelegentlich Gemeinsamkeit zum Ausdruck bringt. Für mich gilt es, Politik nahe an den Menschen, Politik in einem etwas anderen Politikstil zu betreiben und eben auch die Menschen spüren zu lassen, dass mir ihre Talente und Fähigkeiten wichtig sind. Dass nicht wir allein - die Politikerinnen und Politiker - die Weisheit mit Löffeln gefressen haben. Sondern dass wir auf die Kompetenz der Menschen angewiesen sind.

Die CDU wird die Landtagwahl 2016 gewinnen und die Landesregierung bilden. Warum?

Weil es uns nach einem intensiven Wahlkampf gelungen ist, die Menschen für eine bessere Politik und mit mir auch für einen Ministerpräsidenten zu gewinnen, dem sie ihr Vertrauen schenken.

Letzte Frage: Wir haben menschlich begonnen, wir wollen auch menschlich enden: So ein Spitzenkandidaten-Amt und Job kostet natürlich enorm viel Kraft und Substanz. Wie tankt Guido Wolf auf. Was hat er für Hobbies?

Naja, also bei mir muss der Akku relativ schnell aufgetankt sein. Die langen Ruhephasen habe ich nicht. Aber: Zum einen mache ich meinen Beruf unheimlich gerne. Das heißt, ich brauche nicht für alles so viel Kraft, wie man vermutet, weil ich es eben auch gerne tue.

Aber wenn ich dann mal am Wochenende die Chance haben, zum Joggen zu gehen. Im Sommer zum Wandern, zum Schwimmen, zum Fahrradfahren: Alles was mit Bewegung verbunden ist, dann tut mir das sehr gut. Und wenn ich dann noch die Muse finde, auch mal Geschichten oder Gedichte zu schreiben: Dann spüre ich, dass ich wirklich auch meine innere Ruhe wieder gefunden habe.

Ein Politiker mit einer poetischen Ader. Ein sehr schönes Schlusswort. Herr Wolf, Herzlichen Dank.

Ich danke Ihnen für das Gespräch

Liebe Zuschauer, danke für Ihr Interesse. auf Wiedersehen.

Das Gespräch mit dem baden-württembergischen Landtagspräsidenten und CDU-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2016, Guido Wolf, führte unser Redaktionsleiter Talk, Studiendirektor a.D. Roland Steck.

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