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Düsseldorf:

Religionspolitischer Kongress der Grünen - Im Namen der Freiheit: Religion, Staat und Gesellschaft im Konflikt?

Stand: 21.01.15 00:56 Uhr

20.01.2015. Über 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben am 17. Januar 2015 beim Religionspolitischen Kongress von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Düsseldorf das Spannungsfeld zwischen Staat und Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften diskutiert. Zum Abschluss des Kongresses erklärt Bettina Jarasch, Mitglied im Bundesvorstand der Grünen und Leiterin der Kommission "Weltanschauungen, Religionsgemeinschaften und Staat: "Spätestens die Attentate von Paris zeigen: Wir müssen Religionen reinholen in den öffentlichen Diskurs. Hierzulande haben wir ein kooperatives Verhältnis von Staat und Religionsgemeinschaften. Das heißt, dass die Auseinandersetzung über Religion und säkulare Werte auch in den Schulen und Universitäten stattfindet. Das ist eine Chance - aber nur, wenn das Modell nicht so bleibt, wie es derzeit ist."

Solange der rechtliche Rahmen Diskriminierung von Menschen ermögliche und der Pluralität nicht Rechnung trage, verliert er weiter an Akzeptanz, sagte Jarasch.

Sven Lehmann, Landesvorsitzender von Bündnis 90/Die GRÜNEN NRW, sagte: "Wir Grüne arbeiten weiter an einem interaktiven Verhältnis von Staat und Religions- bzw. Weltanschauungsgemeinschaften. Interaktion bedeutet, dass der Staat Religionsgemeinschaften nicht außen vor lässt, ihnen aber gleichzeitig auch einen Rahmen vorgibt. Dieser Rahmen ist für uns unsere Verfassung und Grundwerte wie Gleichberechtigung, persönliche Freiheit und Selbstbestimmung."

Man müsse verstärkt darauf achten, dass Menschen wegen ihres Glaubens oder Nicht-Glaubens nicht ungerechtfertigt bevorzugt oder benachteiligt werden:  "Daher haben wir uns heute Reformen in vielen Bereichen wie dem Kirchlichen Arbeitsrecht, der Kirchenfinanzierung und der staatlichen Gleichbehandlung vorgenommen."

In insgesamt sechs Foren haben sich Grüne, Vertreterinnen und Vertreter von Weltanschauungs- und Religionsgemeinschaften, Verbände, Gewerkschaften und Soziale Bewegungen aus dem gesamten Bundesgebiet an diesem Samstag im Landtag NRW ausgetauscht.

Unter anderem haben sich nach Angaben der Grünen Aiman A. Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Prof. Dr. Micha Brumlik, Senior Advisor am Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg, und Sylvia Löhrmann, stellvertretende Ministerpräsidentin Nordrhein-Westfalens und Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, an den Diskussionen beteiligt.

Aiman A. Mazyek sagte: „Der Glauben an sich kann nicht beleidigt werden, beleidigen kann man nur die Mitglieder einer Glaubensgemeinschaft. Dieser Gedanke gehört genauso zur Grundausstattung einer modernen Gesellschaft wie die Kenntnis über andere Weltanschauungen und Religionen. Der islamische Religionsunterricht ist in diesem Kontext ein bildungspolitischer Durchbruch, der hoffentlich in einer rechtlichen Gleichstellung münden wird."

Zitat Sylvia Löhrmann: Die Grünen stoßen einmal mehr eine schwierige, aber gesellschaftlich notwendige Debatte an. Die Attentate von Paris sind das schrecklichste Zeichen für diese Relevanz. Der heutige Kongress hat dieser Debatte einen neuen Schub verliehen und stand ganz im Zeichen von Aufklärung und Begegnung. Auch Schule ist ein Ort der Aufklärung und Begegnung von Kindern und Jugendlichen mit den verschiedensten Identitäten. Diesem Leitbild folgend ist es konsequent und notwendig, den islamischen Religionsunterricht in unseren Schulen – wie in NRW geschehen – zu verankern."

Prof. Micha Brumlik sagte: „Sowohl Kirchen als auch Geistlichen wird aufgrund ihrer Einbindung in das staatliche und kommunale Sozialwesen aber auch ob ihres Kontakts mit den säkularen Wissenschaften jene Isolation und Selbstausgrenzung unmöglich gemacht, die zu Fundamentalismus führt. Aus religionspolitischen, funktionalistischen Gründen spricht nichts für eine Aufhebung oder Abschaffung des deutschen Religionsverfassungsrechts, wohl aber alles für seine Fortentwicklung und Korrektur – in bildungspolitischer, in arbeits- und strafrechtlicher sowie in gesellschaftspolitischer Hinsicht."

Vor etwa einem Jahr hat die Parteikommission „Weltanschauungen, Religionsgemeinschaften und Staat" von Bündnis 90/Die GRÜNEN ihre Arbeit aufgenommen, schreiben die Grünen in ihrer Pressd-Info. Ihr Ziel sei: Mit Blick auf eine immer stärker pluralisierte und individualisierte Gesellschaft den Veränderungsbedarf zwischen Staat, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften ermitteln und ihr Verhältnis neu austarieren.

Der Religionspolitische Kongress habe eine erste Zwischenbilanz ziehen und den parteiinternen Dialog in die Öffentlichkeit tragen sollen. Eingeladen hatten die GRÜNE Fraktion im Landtag NRW, der Bundes- und der NRW-Landesverband von Bündnis 90/Die GRÜNEN.

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