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Freiburg:

Dreijähriger Junge aus Lenzkirch gestorben - Kinderklinik weist Behörden zuvor mehrfach auf Misshandlungsverdacht hin

Stand: 20.01.15 20:40 Uhr

20.01.2015. Im Fall des am 16. Januar gestorbenen dreijährigen Jungen aus Lenzkirch hat die Kinderklinik des Uniklinikums Freiburgs darauf hingewiesen, dass es die Behörden seit Mitte 2014 mehrfach darauf hingewiesen habe, dass der Junge misshandelt worden sein könnte. Der Junge war mehrfach wegen Vorliegens unklarer Verletzungsspuren ins Klinikum aufgenommen worden. Die Universitätsklinik Freiburg habe schließlich sogar Strafanzeige gegen unbekannt erstattet. Um so betroffener sei man, dass der Junge jetzt gestorben sei.

Das teilte die Universitätsklinik Freiburg heute in einer Stellungnahme zum Tod des dreijährigen Jungen aus Lenzkirch mit:

In der Pressemitteilung heißt es: "Das Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Freiburg (ZKJ) hat mit großer Betroffenheit die Nachricht vom Tod des Jungen aus Lenzkirch am 16. Januar 2015 aufgenommen. Da der Junge in der Kinderklinik behandelt wurde, gibt das Universitätsklinikum Freiburg folgende Hintergründe zu dessen Tod bekannt:

- Ende August 2013 wurde der Junge erstmals stationär in der Kinderklinik des Universitätsklinikums Freiburg behandelt. Bereits bei diesem Aufenthalt wurde, bei Vorliegen unklarer Verletzungsspuren, nach Hinzuziehen eines Rechtsmediziners, der Verdacht geäußert, dass der Junge körperlich misshandelt werde. Dieses wurde vom Pädiatrischen Kinderschutzzentrum (KiZ), das am Universitätsklinikum Freiburg angesiedelt ist, dem Allgemeinen Sozialdienst (ASD) des Landratsamts Breisgau-Hochschwarzwald gemeldet.

- Ende Juli bis Anfang August 2014 war der Junge erneut in stationärer Behandlung in der Kinderklinik des Universitätsklinikums. Eine niedergelassene Kinderärztin hatte ihn dorthin überwiesen. Die Ärzte und Rechtsmediziner des Universitätsklinikums waren sich sicher, dass der Junge schwersten Misshandlungen ausgesetzt sein muss und eine akute Kindeswohlgefährdung vorliege. Bereits am Aufnahmetag, am 28. Juli 2014, wurde aufgrund der eindeutigen Zeichen der Kindesmisshandlung das zuständige Jugendamt informiert. Diese Einschätzung wurde durch weitere pädiatrische und rechtmedizinische Untersuchungen im Verlauf bestätigt. Aufgrund der Schwere der Verletzungen, ebenso wie der wiederholten Vorstellung mit misshandlungsbedingten Auffälligkeiten, wurde seitens der Klinik gleichzeitig Strafanzeige bei der Polizei gegen Unbekannt gestellt. Am 15. August 2014 wurde ein abschließender, ausführlicher Bericht an den ASD des Landratsamtes geschickt. In diesem wurde nochmals eindringlich auf die akute Gefährdung des Jungen hingewiesen.

Die Ärztliche Direktorin der Klinik für Allgemeine Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Freiburg, Prof. Dr. Ute Spiekerkötter, sowie das Team des Pädiatrischen Kinderschutzzentrums sind zutiefst erschüttert über den Tod des Dreijährigen, zumal ein hohes Maß an Gefährdung für das Kind bekannt war.

„Unser Konzept, das wir hier am Uniklinikum gemeinsam mit der Stadt Freiburg initiiert haben, um frühzeitig Kindesmisshandlungen zu erkennen, hat funktioniert", so Spiekerkötter. „Kinderärzte, Psychologen und Rechtsmediziner haben den Fall als sehr eindeutig eingeschätzt, die zuständigen Stellen wurden informiert, es wurde sogar Strafanzeige gestellt. Umso erschütternder ist der weitere Verlauf", so die Kinderärztin."

Hintergrund Pädiatrisches Kinderschutzzentrum KiZ

Das Pädiatrische Kinderschutzzentrum (KiZ) ist eigenen Angaben zufolge an den beiden Freiburger Kinderkliniken, dem Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin (ZKJ) des Universitätsklinikums sowie der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde des St. Josefskrankenhauses, ansässig und entstand in enger Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten im Verein Paednet Südbaden. Aufgaben des Kinderschutzzentrums sind die Prävention und Intervention bei Misshandlung, Vernachlässigung und Missbrauch von Kindern. Das KiZ hat am 1. September 2011 seine Arbeit aufgenommen und wird durch die Stadt Freiburg gefördert.

Unterstützungsbedarf für Familien mit kleinen Kindern entstehe immer dann, wenn die eigenen Ressourcen nicht mehr ausreichen, um auftretende Belastungen gut zu bewältigen. Zu den zentralen Aufgaben des KiZ gehören daher die Beratung bei familiären Problemen, insbesondere bei Problemen mit Gewalt, Misshandlung und Vernachlässigung, die medizinische und psychosoziale Diagnostik bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung sowie die psychotherapeutische Krisenintervention für traumatisierte Kinder und Jugendliche nach Misshandlung und sexuellem Missbrauch.

Bis zu 90 Missbrauchsfälle erkennen die Fachleute an der Uniklinik und am Josefskrankenhaus jährlich. Ärztinnen und Ärzte spielen bei der Prävention und Erkennung von Gefährdungen eine wichtige Rolle. Sie kommen schon früh mit belasteten Familien in Kontakt und sind Ansprechpartner bei gesundheitlichen und erzieherischen Fragen. Risikokonstellationen können sie deshalb früh erkennen. Die pädiatrische Expertise von Ärzten, Psychologen und Sozialpädagogen wird durch das Freiburger Konzept für Kinderschutz und Frühe Hilfen zusammengeführt. Dabei hilft auch das standardisierte Vorgehen aller Beteiligten nach festgelegten Leitlinien.

Das KiZ fördere die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit von Ge-sundheitssystem und Jugendhilfe und ist damit ein wichtiges Bindeglied zu anderen Institutionen des Kinderschutzes. Das so entstehende Hilfenetz kann auch Eltern in Belastungssituationen unterstützen. Das Pädiatrische Kinderschutzzentrum veranstaltet zudem Fort- und Weiterbildungen für Fachkräfte und trägt mit wissenschaftlichen Aktivitäten zur Verbesserung des Kinderschutzes bei.

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