Prof. Ferdinand Kirchhof | Bildquelle: RTF.1

Reutlingen:

CDU-Neujahrsempfang mit prominentem Gastredner

Stand: 18.01.15 16:31 Uhr

Der CDU-Stadtverband und die CDU-Gemeinderatsfraktion Reutlingen haben heute ihren traditionellen Neujahrsempfang begangen. Als Gastredner hatten die Christdemokraten den Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts Professor Ferdinand Kirchhof eingeladen. Kirchhofs Redetitel: "Es fährt ein Zug nach Nirgendwo - wohin steuert unser Banken- und Finanzsystem?"


Zahlreiche Gäste waren in den kleinen Saal der Reutlinger Stadthalle gekommen. Mitglieder des Reutlinger Gemeinderates ebenso wie aktuelle oder ehemalige Bundestagsabgeordnete.

Dazu Landrat Thomas Reumann und auch viele Vertreter aus Wirtschaft, Kirche und Vereinen. Nach kurzer musikalischer Einführung hatte Referent Professor Kirchhof dann das Wort. Er plädiert dafür, sich wieder mehr auf die Basis zu besinnen und nachhaltige Wirtschafts- und Finanzmarktpolitik zu betreiben.

Beim Banken- und Finanzsystem habe sich seiner Meinung nach ein Wildwuchs entwickelt, der ihm Sorge bereite. Er macht das an einigen Punkten fest. Kirchhof nennt das Beispiel der Risikokredite.

Ein Grundstückskäufer, der nicht mal den Kaufpreis aufbringen könne, dass da keine Bonität da sei. Im Gegenteil: man hätte ihm sogar noch mehr gegeben. Das führte zu den grotesken Situationen. Wenn jemand ein Auto für 20.000 Dollar kaufen wollte, und hätte das Geld nicht dazu, hätte er sich ein Grundstück für 100.000 Dollar gekauft und einen Kredit von 120.000 bekommen und es wäre völlig klar, dass der Grundstückskredit platzte, weil er kein Interesse daran hätte (...) man hätte dann diese meistens notleidenden Kredite, man könne auch sagen „faulen Kredite" gebündelt in einem Wertpapier und hätte die Packung so geschickt gefüllt, dass da mehrheitlich andere gute Kredite wären und weniger diese schlechten Kredite (...) Dann bekämen diese Kredite ein Rating. Und das Rating sei natürlich gut, weil mehrheitlich gute Kredite drin seien. Also würde das Wertpapier mit den faulen Krediten weitergeleitet mit einem guten Rating. Das könnten Sie über mehrere Stufen durchführen und nachher hätten Sie Rating Triple A, obwohl da fast zur Hälfte faule Kredite drin seien.

Die Börse und ihr alltägliches Verfahren stellen für den zweithöchsten Richter Deutschlands ebenfalls einen solchen fehlgeleiteten Weg des Finanzsystems oder um im Bild zu bleiben: einen weiteren Zug, der nach Nirgendwo fährt, da.

Es gäbe seiner Meinung nach Sofortanleger, die seien, wenn sie Aktien kauften, nicht an der Branche, der Firma und deren Erfolg interessiert, sondern sie wollten nur aus dem Computerverfahren, dem Festlegen der Kurse, Gewinne erzielen (...) Die erfassten die Kurse im Computer, orderten und stornierten auf ihrem Computer in Sekundenbruchteilen immer, wenn sich irgendeine Kursbewegung andeutete. Dann kämen diese High-Speed-Trader in Nanosekunden vorher in das Geschäft, orderten, dann würde storniert und dann die Gewinne geschöpft -  aus Bruchteilen von Cents, aber mit großen Volumina und das lohnte sich dann (...) Die Highspeed-Trader mieteten sich Räume in der Börse, damit sie nur wenige Meter vom Computer der Börse entfernt seien, natürlich gegen eine hohe Miete und zögen dann ihre Geschäfte daraus. Da sähe man, dass das mit sinnvollen Finanzgeschäften oder ähnlichem nichts zu tun hätte.

Das könnte nach Meinung von Kirchhof aber relativ einfach unterbunden werden, indem die High-Speed-Trader ihre Aktien zumindest für wenige Minuten halten müssten und sie nicht gleich wieder verkaufen dürften.

Als Ziel für 2015 sieht es der Richter vom Bundesverfassungsgericht, das Bankensystem wieder auf seine legitime Aufgabe der Unterstützung von Kunden und Unternehmen zurückzuführen. Das Parlament sollte dafür sorgen, dass der Zug nach Nirgendwo wieder sein klares Ziel der Servicefunktion von Banken erhält.

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