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Heidenheim:

"Politik muss partnerschaftliche Familienmodelle fördern"- Meinungsaustausch der SPD mit katholischen Bischöfen auf Fraktionsklausur

Stand: 15.01.15 23:53 Uhr

15.01.2015. Die Politik im Bund wie im Land hat die Aufgabe, Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass partnerschaftliche Familienmodelle wirklich lebbar sind. "Familien brauchen Zeit, Geld und Kinderbetreuungsangebote, um die Art ihres Miteinanders wirklich frei wählen zu können", hieß es nach einem Meinungsaustausch der SPD-Abgeordneten mit den Vertretern der katholischen Kirche in Baden-Württemberg im Rahmen der Fraktionsklausur in Heidenheim.

Das teilte die SPD in einer Presse-Info mit: Die Politik müsse partnerschaftliche Familienmodelle fördern, und Familien brauchen Zeit, Geld und Kinderbetreuungsangebote, um die Art ihres Miteinanders wirklich frei wählen zu können.

So betonte der Rottenburger Bischof Dr. Gebhard Fürst, die Familie sei ein Ort der tiefen Geborgenheit, „aber gleichzeitig auch ein Platz, an dem Konflikte ausgefochten, Erwartungen, Ansprüche und Anforderungen verhandelt werden müssen". Damit der Knotenpunkt Familie halte und Sicherheit gebe ohne zu reißen, brauche es Kraft, Mut, Geschick der Familienangehörigen und vielfache Unterstützung von außen. Nicht umsonst stelle daher das Grundgesetz Ehe und Familie unter seinen besonderen Schutz, so der Bischof.

Viele Familien stehen heute nach Einschätzung der katholischen Bischöfe vor einer dreifachen Herausforderung: Väter wie Mütter müssen und wollen ihren Lebensunterhalt durch flexible Arbeitszeiten verdienen, sie wollen sich um die Erziehung ihrer Kinder kümmern, gemeinsame Freizeit mit ihnen verbringen und sie sind überdies in immer stärkerem Maße gefordert, pflegebedürftigen Eltern zu helfen. Hier echte Wahlfreiheit in der Gestaltung des familiären Zusammenlebens zu garantieren, setze „einen „Ausgleich in Transfers und Sozialsystemen voraus, für diejenigen, die Kinder erziehen und dafür nicht oder nur geringfügig versicherungspflichtig beschäftigt sind".

Auch müsse beim Ausbau der Kinderbetreuung nicht nur auf Quantität geachtet werden, sondern im gleichen Maß auf die Qualität der Angebote. Dazu gehöre etwa die Freistellung der Leitung solcher Einrichtungen von den unmittelbaren Betreuungsaufgaben. Überdies sei Wahlfreiheit auf gesellschaftliche Akzeptanz und Finanzierbarkeit durch politisch gerechtes Handeln angewiesen. „Dies gilt für die Vielfalt der Familienformen und die große Mehrheit der Ehepaar-Familien", unterstrichen die kirchlichen Gesprächsteilnehmer.

Die Vertreter der Kirchen begrüßten vor diesem Hintergrund den verbesserten gesetzlichen Anspruch auf Pflegezeit. Der Bedarf an Pflegezeit in den Familien werde aber mit wachsender Pflegebedürftigkeit von immer mehr hochbetagten älteren Menschen rapide zunehmen. „Die bisherige Grenze von sechs Monaten Freistellung in der Familienpflegezeit wird auf Dauer nicht zu halten sein", prophezeite der Freiburger Weihbischof Dr. Bernd Uhl. Obwohl die Familie nach wie vor der „größte Pflegedienst der Nation" sei, bedürfe es zu ihrer Entlastung der Unterstützung durch ambulante Pflegedienste. „Unsere Sozialstationen haben den Vorteil, dass sie pflegebedürftige Personen in den vertrauten vier Wänden versorgen können", so der Weihbischof.

Die beiden Diözesen unterhielten über ihre Träger 179 Sozialstationen im Land. Das kirchliche Netz sei fast flächendeckend. „Wir arbeiten weiter für eine qualitätsvolle Pflege, sehen aber auch riesige Herausforderungen auf uns zukommen angesichts der Prognose von über 10 Millionen Menschen, die im Jahr 2050 über 80 Jahre alt sein werden", erklärten die Vertreter der Kirchenleitungen.

SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel plädierte in der Familienpolitik für einen Dreiklang aus mehr Zeit, finanzieller Unterstützung und besserer Infrastruktur. „Wir wollen die Menschen in Baden-Württemberg unterstützen, ihren wie auch immer gearteten individuellen Familienwunsch auch leben zu können", sagte Schmiedel. Sowohl in der Landesregierung wie auch in der Großen Koalition sorge die SPD mit dafür, dass der Stillstand in der Familienpolitik überwunden werde und nicht mehr zeitgemäße Vorstellungen von Familie an neue Formen des Zusammenlebens und Füreinandereinstehens von Menschen angepasst würden.

Schmiedel verwies dabei auf das neue ElterngeldPlus, das Familien ab Juli 2015 mehr Wahlmöglichkeiten bei der Kombination von Elterngeld und Teilzeitarbeit eröffne. „Das ElterngeldPlus verdoppelt den Zeitraum für eine Lohnersatzleistung auf künftig 28 Monate. Wenn sich Vater und Mutter beide gleichmäßig die Betreuung ihrer Kinder teilen, gibt es sogar noch einmal vier Monate oben drauf", sagte Schmiedel.

Ohne eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung ist nach den Worten der SPD-Familiensprecherin Anneke Graner kein Wiedereinstieg von Vätern und Müttern in den Beruf möglich. Deshalb habe Grün-Rot mit dem „Pakt für Familien mit Kindern" den Ausbau der Kleinkindbetreuung massiv vorangetrieben und den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter 3 Jahren umgesetzt. „Zusammen mit den jetzt im Doppelhaushalt 2015/2016 vorgesehenen Geldern werden wir bis Ende der Legislaturperiode rund 1 Milliarde Euro in die frühkindliche Betreuung und Bildung investiert haben", rechnete Graner vor.

Für berufstätige Eltern sei es von entscheidender Bedeutung, dass die Betreuungsangebote nach dem Kindergarten nicht abreißen. „Hier spielt der Ausbau der Ganztagsgrundschulen eine Schlüsselrolle", meinte Graner. Sie geht davon aus, dass sich bis 2023 rund 70 Prozent der Grundschulen mit Unterstützung der Landesregierung zu Ganztagsschulen weiterentwickeln werden.

Neben der Familienpolitik tauschten sich Fraktion und Kirchenleitungen auch über den aktuellen Stand in der Flüchtlingsunterbringung und -hilfe aus und betonten die Notwendigkeit, Ängste und Vorurteile abzubauen, um auch weiterhin auf der Grundlage eines breiten gesellschaftlichen Konsenses nach den geeigneten Lösungswegen für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen suchen zu können.

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