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"Verbale Abrüstung statt demagogischer Hetze" - Diözesanratsvorsitzender mahnt differenzierte Diskussion über "Verteidigung des Abendlandes" an

Stand: 14.01.15 17:28 Uhr

15.01.2015. Hans Tremmel, Vorsitzender des Diözesanrats der Katholiken der Erzdiözese München und Freising, warnt vor Einseitigkeit und pauschalen Vorurteilen in der Debatte um eine angebliche Bedrohung des Abendlandes. "Natürlich dürfen wir Christen nicht abseits stehen, wenn die Werte des christlichen Abendlandes angegriffen werden", schreibt Tremmel in einem Beitrag für die Münchner Kirchenzeitung vom 18. Januar. "Aber die Frage muss erlaubt sein, wer hier eigentlich wen angreift und welche Werte zur Disposition gestellt werden."

Gehe es um die positive Vergewisserung der Menschenwürde, der Solidarität, der Gerechtigkeit, der Gewissens-, Meinungs- und Glaubensfreiheit, der Nächstenliebe, der Toleranz und der Bewahrung der Schöpfung, „dann sollten möglichst viele Christinnen und Christen überall in Deutschland und auch anderswo zum Ausdruck bringen, wie wichtig uns die Botschaft dieses Jesus von Nazareth noch heute ist", mahnt Tremmel.

Allerdings verbiete das Christentum eine „nationale und egoistische Engführung" der Frohen Botschaft, unterstreicht der Diözesanratsvorsitzende. „Machen wir uns nichts vor, wir tragen sehr wohl Mitverantwortung für das Schicksal der Menschen in anderen Ländern und für ihre Fluchtgründe. Vor allem aber tragen wir Verantwortung für die bei uns lebenden Migranten." Dass die Wirtschaft Zuwanderung nach Deutschland dringend fordere, „sollte hier auch nicht gänzlich unerwähnt bleiben", sagt Tremmel.

Die Parole „Wir sind das Volk" nur auf sich zu beziehen, sei daher ein „brandgefährlicher Trugschluss". Der Diözesanratsvorsitzende betont: „Was 1989 als Antwort auf die Durchsagen der Volkspolizei skandiert wurde, verkommt zur Parole der Intoleranz und der Ausgrenzung, wenn in Dresden Tausende das Abendland gegen Islamisierung verteidigen wollen, obwohl in Sachen lediglich 0,1 Prozent Muslime leben und auch nur eine Minderheit von 23,6 Prozent Christen."

„Um eines ganz klar zu sagen: Niemand will Verbrecher und Terroristen dulden, egal woraus deren Hass und kriminelle Energie gespeist sind. Nach dem barbarischen Akt verblendeter islamistischer Fanatiker in Paris ist nun aber nicht die Zeit für Populismus und demagogische Hetze, sondern für Besinnung, verbale Abrüstung und für konstruktiven, differenzierten Dialog. Alle Menschen guten Willens sind dringlich gefordert, die Lunte am Pulverfass zu löschen und zusammenzustehen, egal zu welchem Gott sie beten", so Tremmel.

„Unterstützen wir unsere Politiker gerade jetzt bei ihrem Bestreben, Zusammenhänge klarzumachen, Ängste abzubauen, Sorgen ernst zu nehmen und echte christliche Werte zu vermitteln. Helfen wir ihnen, dem parteipolitischen Reflex zu widerstehen, Ressentiments gegen Ausländer zu schüren, um vermeintliche Wählerstimmen am rechten Rand zu gewinnen. Machen wir ihnen klar, dass sie die christliche Mitte verlieren, wenn sie allzu sehr auf den braungefärbten, faktisch atheistischen rechten Rand schielen", sagt der Diözesanratsvorsitzende. (uq)

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