Barbara Bosch | Bildquelle: RTF.1

Reutlingen:

"Kein Grund, etwas zu ändern": Reutlinger OB Bosch weist scharfe IHK-Kritik bei RTF.1 zurück

Stand: 02.01.15 18:25 Uhr

Die Reutlinger Oberbürgermeisterin Barbara Bosch hat Kritik von Seiten der IHK an einer angeblich nicht genug wirtschaftsfreundlichen Stadtverwaltung im RTF.1-Interview strikt zurückgewiesen. Auch andere Vorwürfe rund um den roten Doppel-Haushalt, dem bisher CDU und Grüne die Zustimmung verweigerten, zielten ins Leere. Sie sei aber froh, dass durch die schlechte Haushaltslage jetzt ein öffentliches Bewusstsein für die schwierige Gesamtlage der Stadt entstehe - so Bosch im Rahmen unserer Reihe städtischer Rück- und Ausblicke. Zudem gäbe des vieles, worauf die Stadt im vergangenen Jahr stolz sein könne.


Für die Stadtverwaltung und ihre Spitze im Rathaus war es ein Jahr mit Licht, aber auch mit viel Schatten. Positiv: Die Stadt wurde für ihre Personalpolitik in der Verwaltung ausgezeichnet, dafür, sich bei der Personalauswahl und Betreuung besonders um Menschen mit Migrationshintergrund zu kümmern.

Stolz ist Bosch aber auch auf anderes: beispielsweise auf erneute Verbesserung bei der Kinderbetreuung, in die Reutlingen eine Menge an Geld investiere. Zwei Kinderhäuser wurden 2014 eingeweiht. Man habe neuerlich Fortschritte bei der Entwicklung der Reutlinger Altstadt, aber auch von vielen Ortskernen wie in Oferdingen gemacht. Eine gut angenommene Attraktion seien die Trampoline beim Bürgerpark. Zu erwähnen seien da auch die Umgestaltungen rund um die Nicolai-Kirche. Und da werde es an vielen verschiedenen stellen auch zukünftig weiter gehen.

Ein weiteres, absolutes Vorzeigeobjekt für Barbara Bosch : Die Reutlinger Stadthalle. Die habe ein sehr gutes Jahr hinter sich, mit einem preisgekrönten Kulturmanagement. Aber auch wegen der „Green Globe"-Zertifizierung, die die Halle zu einem ökologischen Vorzeige-Objekt mache

Vorbildlich sei auch zudem das Engagement vieler Reutlinger, die sich ehrenamtlich oder als sogenannte Jobpaten, als Mobilitätsbegleiter in den Stadtbussen oder für die vielen hilfesuchenden Flüchtlingen engagierten.Die stellten die Stadt derzeit vor finanzielle Herausforderungen. Das Problem: bisher gibt es keine Kostenerstattung für die, die zur endgültigen Unterbringung nach Reutlingen kommen. Ob es nun für etwa entstehende Hausmeisterkosten, weitere Sozialbetreuung oder sonstiges sei.

Hier habe man sich an den Landkreis gewandt. Der erhält zwar eine Pauschale von 13 000 Euro pro Flüchtling. Die reiche aber auch dort für die entstehenden Kosten keineswegs aus. Der Kreis hofft deshalb auf die Umsetzung der Versprechungen, die das Land beim Stuttgarter Flüchtlingsgipfel gemacht hat.

Landesweite Unterstützung bräuchte es auch bei der Auskreisung der Stadt aus dem Landkreis, die Reutlingen derzeit durchrechnen lässt. Der Landtag müsste hier zustimmen. Hier gehe es darum, mehr Aufgaben in die eigene Hand zu bekommen, um so ihre Einwohner besser bedienen zu können. Zudem habe man – zusammen mit dem Landkreis – festgestellt, dass der durch eine Trennung nicht ärmer würde. Möglicherweise brächte derer Aufstieg zur kreisfreien Stadt aber über den Finanzausgleich mehr Geld für die Stadt.

Ein solches Ergebnis wäre für Reutlingen durchaus günstig, denn der Doppelhaushalt 2015/ 2016 und die Prognosen bis 2018 gehören zu den Schattenseiten des Jahres für die Stadt. Trotz relativ guter Einnahmen laufen die Kosten davon. Bis 2018 sollen die Schulden von knapp 100 auf rund 160 Millionen steigen. CDU und Grüne verweigern bisher die Zustimmung.

Das aber sei nichts Neues, so Bosch. Schon kurz nach ihrem Amtsantritt habe sie gesagt, dass Reutlingen zu wenig Einnahmen habe, für die Ausgaben, die die Stadt stemmen müsse. Auch weil man auf Grund der Rechtslage noch mehr Personal einstellen müsse, wie beispielsweise im KITA-Bereich. Das seien Dinge, die die Stadt nicht beeinflussen könne.

Die grundsätzliche Reutlinger Problematik liege aber – im Gegensatz zu anderen Kommunen - bei den Einnahme-Flüssen, die nicht mithielten. Man sei vor allem bei den Gewerbesteuereinnahmen viel zu schwach. Es seien die Einnahmen einer Kleinstadt, nicht aber die einer Kommune von der Größe Reutlingens. Zudem benehme sich die Stadt bereits mit ihren Angeboten wie ein Stadtkreis. Die Besonderheit Reutlingens mache aus, dass der eigentlich „gute Besatz" an Arbeitsplätzen und an international agierenden Firmen der Stadt trotzdem viel zu wenig Gewerbesteuer einbrächten.

Die regionale IHK hingegen hakte genau bei diesen Punkten ein, forderte scharf einen Masterplan, der Reutlingen aus der Krise ziehe, neue Gewerbegebiete und: eine wirtschaftsfreundlichere Stadtverwaltung. Ein Vorwurf, den Bosch zurückweist. Man habe erhebliche Ansiedlungen gehabt. Grade deshalb seien ja die Gewerbegebiete „so vollgelaufen". Man habe faktisch eine Menge an Ansiedlungen und Erweiterungen gehabt. Die Wirtschaftspolitik der Stadtverwaltung sei deshalb – im Gegenteil - „das Ergebnis einer Erfolgsgeschichte, und nicht das Ergebnis davon, dass man nichts getan habe". Genau „das Gegenteil" sei der Fall.

Auch die IHK-Forderung, dass sich die Stadt endlich um neue Gewerbeflächen und -gebiete bemühen müsse, laufe da vollkommen ins Leere. Denn man arbeite ja „schon seit zwei, drei Jahren" an Lösungen und werde demnächst mit Vorschlägen auf den Gemeinderat zugehen. Insofern enthielten die IHK-Forderung nichts Neues – und schon gar nicht, was „Anlass gebe, irgendetwas anders zu machen".

Für das neue Jahr hat Bosch dem Gemeinderat eine Haushalts-Klausur vorgeschlagen, in der ein Konsens für Problemlösungen gefunden werden soll. Daneben wolle sich die Stadt vor allem um die von der EU angemahnte Luftreinhaltung und die Verkehrsentwicklungsplanung im Vorgriff auf die Eröffnung des Scheibengipfeltunnel kümmern.

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