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"Freiheit, Wohlstand, Flüchtlinge" - Neujahrs-Ansprache von Ministerpräsident Winfried Kretschmann

Stand: 01.01.15 23:46 Uhr

01.01.2015. "Wir in Baden-Württemberg können froh und dankbar sein, dass wir 2014 in Freiheit und Frieden leben konnten. Die Wirtschaft hielt sich auf hohem Niveau, wir mussten keine schlimmen Krisen oder größere Naturkatastrophen beklagen.". Das sagte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann in seiner Neujahrsansprache zum Jahreswechsel 2014/2015. Kretschmann warb auch für die Unterstützung von Flüchtlingen: "50 Millionen Menschen in aller Welt sind gegenwärtig auf der Flucht. Bis zu uns schlagen sich jeden Tag bis zu 200 Flüchtlinge durch. Und sie bitten uns nun um Asyl. Viele haben unter furchtbaren Umständen Familie und Heimat verloren."

Ansprache von Ministerpräsident Winfried Kretschmann zum Jahreswechsel 2014/2015:

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

liebe Landsleute,

es ist ein alter, und es ist ein guter Brauch, zwischen den dahineilenden Jahren inne zu halten, um über das vergangene Jahr nachzudenken und um Hoffnungen und Wünsche an die Zukunft auszusprechen. So freue ich mich, dass ich als Ministerpräsident unseres Landes Baden Württemberg einige Gedanken dazu äußern kann.

2014 haben wir schaudernd an den Ersten Weltkrieg gedacht, dessen Gräuel schon hundert Jahre zurückliegen. Dieses Jahr erreichten uns aber auch die schlimmsten Nachrichten über Kriege, Bürgerkriege, Terror, Vertreibungen und Mordaktionen nationalistischer oder religiöser Fanatiker.

Wir in Baden-Württemberg können froh und dankbar sein, dass wir 2014 in Freiheit und Frieden leben konnten. Die Wirtschaft hielt sich auf hohem Niveau, wir mussten keine schlimmen Krisen oder größere Naturkatastrophen beklagen.

Dennoch: Unser Land ist keine Insel der Glückseligen. Wir wollen auch keine Insel sein. Wir sind ein fester Teil von Europa und sind Partner der Welt - mit allen damit verbundenen Vorteilen und Verpflichtungen.

50 Millionen Menschen in aller Welt sind gegenwärtig auf der Flucht. Bis zu uns schlagen sich jeden Tag bis zu 200 Flüchtlinge durch. Und sie bitten uns nun um Asyl. Viele haben unter furchtbaren Umständen Familie und Heimat verloren.

Die Landesregierung, die Landkreise und Kommunen, die Kirchen und Verbände haben alles unternommen, um sie aufzunehmen und menschenwürdig unterzubringen. Sie wurden dabei ganz maßgeblich unterstützt von Helfergruppen.

Die Arbeit dieser Helferinnen und Helfer ist für ein gedeihliches Zusammenleben unverzichtbar. Es ist die Politik der Landesregierung, die Sorgen der Bürgerschaft und ihren Wunsch nach direkter Mitsprache ernst zu nehmen. Das halte ich für das beste Mittel gegen Vorurteile und Ängste oder gar dumpfe Stimmungen, wie sie gegenwärtig auf manchen Demonstrationen in Dresden und anderswo verbreitet werden.

Bei meinem Besuch in einer Unterkunft für Asylbewerber in Weingarten sprach mich Patric O. aus Nigeria an. Er musste vor der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram fliehen. Er bat mich inständig, zu ermöglichen, dass er uns durch „harte Arbeit", wie er sagte, seine Dankbarkeit erweisen könne. Ich meine, dass wir genau das tun sollten: Ihn durch Spracherwerb, Ausbildung und Berufstätigkeit rasch zu integrieren. Das ist gut für ihn. Das ist gut auch für uns, weil wir junge qualifizierte Arbeitskräfte brauchen.

Die Bürger von Meßstetten, einer kleinen Stadt auf der Schwäbischen Alb, haben im Herbst eindrucksvoll gezeigt, mit welcher Zuwendung und Hilfsbereitschaft Flüchtlinge in unserem Land aufgenommen werden. Das ist für mich das eindrucksvollste Erlebnis des Jahres 2014, für das ich dankbar bin und das ich als Hoffnung gerne mit ins nächste Jahr nehmen will: Bürgerschaftliche Hilfsbereitschaft ist unsere Antwort auf Krieg und Vertreibung.

Uns geht es gut in Baden-Württemberg. Wir dürfen aber nie in gefährliche Zufriedenheit verfallen. Auch wir haben eine Menge „harter Arbeit" vor uns - genau wie Patric O.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

ich danke mit großem Respekt all denen, die sich für ihre Familien, für ihre Nachbarn, für Kranke, für Bedürftige und für Menschen in Not eingesetzt haben! Ich bitte Sie: Setzen Sie sich weiter dort ein, wo Sie gebraucht werden und für das, was Ihnen wichtig ist.

Wir können in Baden-Württemberg zuversichtlich in die Zukunft blicken.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen ein gutes neues Jahr.

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