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"Deutliche Nachbesserungen gefordert" - DBG: Bündnis Bildungszeit begrüßt den Gesetzentwurf der Landesregierung

Stand: 29.12.14 12:59 Uhr

29.12.2014. Das vom DGB Baden-Württemberg ins Leben gerufene Bündnis Bildungszeit aus 15 Verbänden und Dachorganisationen begrüßt den laufenden Gesetzgebungsprozess zum Bildungszeitgesetz. Das Bündnis fordert aber in drei Bereichen deutliche Nachbesserungen an dem Gesetzentwurf. Zentrale Forderungen des Bündnisses sind die Verankerung der allgemeinen Bildung im Anwendungsbereich des Gesetzes, die gleichberechtigte Einbeziehung aller Beschäftigten im Land sowie transparente Regelungen bei der Anrechnung bereits bestehender Freistellungsansprüche zu Bildungszwecken. Dem Bündnis gehören neben den acht DGB-Gewerkschaften auch Sozial- und Umweltverbände sowie kirchliche Einrichtungen an.

Der Ausschluss allgemeiner Bildung widerspricht einem umfassenden Bildungsverständnis

Der Ausschluss der allgemeinen Bildung wird vom Bündnis Bildungszeit grundsätzlich abgelehnt. Er widerspricht einem umfassenden Bildungsverständnis. „Praktisch führt der Ausschluss der allgemeinen Bildung dazu, dass die vielbeschworenen Soft-Skills und Schlüsselqualifikationen, die von der Wirtschaft in der beruflichen Bildung stark in den Fokus gerückt werden, aus dem Anwendungsbereich der Bildungszeit herauszufallen drohen", kritisiert das Bündnis. Lerntechniken, Gesundheitsprävention, interkulturelle Kompetenzen, psychologische Kenntnisse und Kompetenzen sind nach dem vorliegenden Gesetzentwurf als Bildungsmaßnahmen weitgehend ausgeschlossen.

Das Bündnis fordert die Landesregierung daher auf, die Definition der beruflichen Bildung so eindeutig zu fassen, dass auch Schlüsselqualifikationen und Sprachkenntnisse erworben, Schulabschlüsse nachgeholt und Maßnahmen der Alphabetisierung und Integration unter das Bildungszeitgesetz fallen. „Nur mit einem weiten Verständnis von beruflicher Weiterbildung können sich die Menschen beruflich weiterentwickeln. Nur so kann das Bildungszeitgesetz einen Beitrag zur Sicherung des Fachkräftebedarfs im Land leisten", betont der DGB Baden-Württemberg.

Das Bündnis fordert gleichberechtigten Zugang zur Bildungszeit für alle Beschäftigten

Das Bündnis Bildungszeit hatte sich seit seiner Gründung im Mai 2014 dafür engagiert, dass alle Beschäftigten ohne Ausnahme von der Bildungszeit profitieren können. Die Benachteiligung von Beschäftigten in Kleinbetrieben mit weniger als 10 Beschäftigten, von Studierenden der DHBW und Auszubildenden widersprechen einem gleichberechtigten Zugang zur Bildungszeit. Der Gesetzentwurf der Landesregierung erfüllt damit auch nicht die Anforderungen der Internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (kurz: ILO Übereinkommen Nr. 140 von 1974 zur bezahlten Bildungszeit).

Die aktuell geplante Kleinbetriebsklausel schließt 90 Prozent der baden-württembergischen Betriebe und 16 Prozent der Beschäftigten de facto aus dem Geltungsbereich des Gesetzes aus. Baden-Württemberg sei zu Recht stolz auf seine mittelständische Wirtschaftsstruktur. „Deren Beschäftigte werden aber durch die vorgesehene Regelung massiv benachteiligt", kritisiert das Bündnis Bildungszeit. Besonders Frauen sind davon betroffen, weil sie häufig in Kleinbetrieben beschäftigt sind.

Auch ist die Beteiligung an Weiterbildung gerade bei Beschäftigten in Kleinbetrieben unterentwickelt. Sie liegt bei nur 34 Prozent (gegenüber 67 Prozent in Großbetrieben). Über die Ausgestaltung einer Überforderungsklausel für Kleinbetriebe kann sich das Bündnis weitere Gespräche mit der Landesregierung vorstellen. So könne vermieden werden, dass Betriebe in Nöte geraten, wenn zu viele Beschäftigte zeitgleich Bildungszeit beantragen.

Ein weiterer Kritikpunkt: Die mit 12 Monaten im Vergleich zu anderen Bundesländern lange Wartezeit bis zur Erlangung des Anspruchs auf Bildungszeit benachteiligt befristet Beschäftigte.

Auch die Einschränkungen, denen die Lehrkräfte an Schulen und Hochschulen unterliegen, lehnt das Bündnis ab.

Zudem ist die Beschränkung der Bildungszeit für Studierende der DHBW und Auszubildende auf nur fünf Tage während der gesamten Ausbildungszeit nicht nachvollziehbar. Gerade junge Menschen an der Schnittstelle von der Schule in die Ausbildung drohen für ehrenamtliche Tätigkeiten verloren zu gehen. Eine umfassende Freistellung für Qualifizierungen für ehrenamtliche Tätigkeiten für Studierende der DHBW und Auszubildende könnte daher ein deutliches Signal sein und würde das Ehrenamtsland Baden-Württemberg stärken. Neben dem Erwerb von Zusatz- und Schlüsselqualifikationen hält das Bündnis einen Ausbau der politischen Bildung für die jungen Menschen im Land für dringend erforderlich, um die Demokratie, die Partizipation und die Mitbestimmung im Land zu stärken.

Die Anrechnung bestehender Freistellungen zu Bildungszwecken muss transparent sein

Das Bündnis Bildungszeit hat sich für eine Anrechnung bestehender Regelung zur Freistellung eingesetzt. Nur so kann vermieden werden, dass Arbeitgeber benachteiligt werden, die ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch ohne ein Bildungszeitgesetz umfassende Möglichkeiten für selbstbestimmte Weiterbildungen eröffnet hatten. Die im Entwurf für ein Bildungszeitgesetz vorgesehene Anrechnung führt zu großer Rechtsunsicherheit. Im Gesetz müsse klar geregelt werden, dass nur solche Freistellungen angerechnet werden können, die dies ausdrücklich vorsehen, eine vollständige Entgeltfortzahlung enthalten und vollumfänglich den Zielen der Bildungszeit dienen, fordern die Mitglieder des Bündnisses. Betrieblich veranlasste Weiterbildungen, die dem Arbeitgeber dienen, müssen bei einer Anrechnung eindeutig ausgeschlossen werden.

Die Landesregierung plant – wie im Koalitionsvertrag verankert - eine gesetzliche Regelung zur Bildungsfreistellung auf der Grundlage völkerrechtlicher Verpflichtungen (ILO-Übereinkommen 140) von fünf Tagen pro Jahr. Sie will sich dabei an den Regelungen der anderen Bundesländer orientieren. Der Gesetzentwurf befindet sich derzeit in der Anhörung. Das Gesetz soll Ende Januar im Kabinett behandelt und im Februar im Landtag verabschiedet werden.

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