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Baden-Württemberg:

Täglich kommen über 200 Flüchtlinge nach BW - Große Herausforderungen für Land, Kreise und Kommunen

Stand: 21.12.14 01:47 Uhr

Dezember 2014. Zusammen mit Integrationsministerin Bilkay Öney zog der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann eine erste Bilanz zur Flüchtlingsarbeit im ablaufenden Jahr. "Wir sehen, dass unsere Kraftanstrengungen sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene Wirkung zeigen", sagte Kretschmann.

„Momentan kommen jeden Tag über 200 Flüchtlinge neu nach Baden-Württemberg. Ihre Aufnahme und Unterbringung stellen das Land, die Kreise und die Kommunen vor große Herausforderung. Es bewährt sich, dass wir die Aufgaben gemeinsam angehen. Wir sehen, dass unsere Kraftanstrengungen sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene Wirkung zeigen", sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Anschluss an die Sitzung des Ministerrats. Zusammen mit Integrationsministerin Bilkay Öney zog er eine erste Bilanz zur Flüchtlingsarbeit im ablaufenden Jahr. Öney sagte: „Neun Wochen sind seit dem Flüchtlingsgipfel der Landesregierung vergangen. Seitdem ist viel passiert. Viele Punkte konnten wir bereits umsetzen, an anderen arbeiten wir konzentriert."

Flüchtlingszahlen 2014: BAMF-Prognose tritt ein

Die Prognose des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist eingetreten, im Jahresverlauf hat der Südwesten rund 26.000 Flüchtlinge aufgenommen. Damit kamen im Vergleich zum Jahr 2011 fünfmal mehr Menschen, gegenüber 2013 sind es fast doppelt so viele. „Ein Blick auf die Krisenregionen der Welt macht klar, dass auch im kommenden Jahr viele Menschen ihre Heimat verlassen müssen, um Not und Gewalt zu entkommen", so Kretschmann. Die Landesregierung gehe deshalb davon aus, dass die Zugangszahlen ähnlich hoch bleiben werden.

Plätze in der Erstaufnahme aufgestockt

Aktuell gibt es mit Karlsruhe und Meßstetten zwei Landeserstaufnahmeeinrichtungen (LEA) für Flüchtlinge im Südwesten. „Die Landesregierung hat damit die Erstaufnahmekapazitäten auf mehr als 3.000 Plätze erweitert. Das ist vor allem deshalb gelungen, weil die Einrichtung auf allen Ebenen konstruktiv und positiv begleitet wurde. Dass die engagierten Bürger aus Meßstetten inzwischen über die Medien bundesweit bekannt geworden sind, ist gerade in diesen Tagen ein wertvolles Signal der Mitmenschlichkeit", erklärte Kretschmann. Eine dritte LEA solle Ende März 2015 in Ellwangen in Betrieb gehen, sagte Ministerin Öney, weitere seien in Planung: „Heute Abend bin ich in Freiburg bei einer Bürgerinformation. Auch dort möchte das Land zusammen mit der Kommune eine LEA einrichten. Vom Gemeinderat gibt es bereits ein positives Votum." Zudem soll die derzeitige Außenstelle der LEA Karlsruhe in Mannheim 2015 den Status einer eigenständigen LEA erhalten.

Bei dem derzeitig hohen Flüchtlingszugang rechne die Landesregierung mit einem Bedarf von maximal 6.000 regulären Erstaufnahmeplätzen, sagte der Ministerpräsident. Unabhängig davon würden weitere 3.000 temporäre Erstaufnahmeplätze eingerichtet, um Zugangsspitzen in den Wintermonaten aufzufangen. Diese sogenannte bedarfsorientierte Unterbringung (BEA) umfasse 2.000 Plätze in Heidelberg, 200 Plätze in Mannheim und rund 800 Plätze in Karlsruhe. Kretschmann: „Für die große Bereitschaft, angesichts des Winters und der Not der Menschen schnell und unbürokratisch zu helfen, möchte ich den Oberbürgermeistern, Stadtverwaltungen und Gemeinderäten von Heidelberg, Mannheim und Karlsruhe ausdrücklich danken."

Faire Lastenverteilung zwischen Land und Kreisen

„Die Landesregierung lässt die Stadt- und Landkreise bei den Kosten für Aufnahme und Unterbringung nicht im Stich", sagte der Ministerpräsident. Die Landesregierung stehe zu einer fairen finanziellen Lastenverteilung zwischen Land und Kommunen. Öney: „In allen Stadt- und Landkreisen ist die Erhebung der Ist-Ausgaben für das Jahr 2013 abgeschlossen. Wir werden noch vor Weihnachten mit den kommunalen Landesverbänden über die Ergebnisse der Erhebung und die notwendige Anpassung der Pauschalen verhandeln."

Verteilung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge neu geregelt

Bei der Verteilung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen hat das Land ebenfalls eine Forderung der Kreise umgesetzt. Seit dem 30. Oktober 2014 ist eine Verordnung des Integrationsministeriums in Kraft, die es ermöglicht, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auf die Kreise zu verteilen. Auf Bundesebene setzt sich die Landesregierung darüber hinaus für eine Gesetzesänderung ein, die die faire Verteilung unbegleiteter Minderjähriger bundesweit ermöglichen soll.

Unterstützung Flüchtlingsrat und psychosoziale Zentren erhöht

Im Doppelhaushalt 2015/2016 hat die Landesregierung zudem die Finanzmittel für den Flüchtlingsrat Baden-Württemberg und die fünf psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und traumatisierte Folteropfer aufgestockt. Zur Förderung des Ehrenamts erhält der Flüchtlingsrat zusätzlich 200.000 Euro. Die Unterstützung der psychosozialen Zentren wurde pro Jahr und Einrichtung von 65.000 auf 100.000 Euro erhöht.

Sonderwohnbauprogramm für Flüchtlinge aufgesetzt

Anfang Dezember hat der Ministerrat das vom Ministerium für Finanzen und Wirtschaft aufgesetzte Programm zur Förderung des Wohnungsbaus für Flüchtlinge gebilligt. Demnach stellt das Land in den Jahren 2015 und 2016 jeweils 15 Millionen Euro als Fördersumme zur Verfügung. Gefördert werden mit jeweils maximal 25 Prozent investive Maßnahmen bei der Schaffung von neuem Wohnraum. Eine gleichmäßige Verteilung der Mittel ist über das Vergabeverfahren gewährleistet. Anträge können Städte und Gemeinden ab Januar 2015 über die L-Bank stellen.

Land arbeitet an Sprachförderprogramm und Arbeitsmarktintegration

Vor dem Hintergrund des vom Bund beschlossenen leichteren Arbeitsmarktzugangs für Flüchtlinge erarbeitet das Ministerium für Integration derzeit ein Sprachförderkonzept und damit verbunden gemeinsam mit dem Sozialministerium ein Konzept zur Hinführung zum Arbeitsmarkt. Ein Schwerpunkt ist dabei eine möglichst frühe Erhebung von Qualifikationen der Flüchtlinge und Asylbewerber. „Wir wollen gemeinsam mit den Stadt- und Landkreisen, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit verlässliche und tragfähige Lösungen anbieten. Damit ermöglichen wir einerseits den Menschen eine möglichst frühe Integration in den Arbeitsmarkt, andererseits leisten wir einen Beitrag zur Fachkräftesicherung im Land", so Öney.

Sonderkontingent für Schutzbedürftige

„Es ist uns ein Herzensanliegen, verfolgten Frauen und Kindern im Nordirak zu helfen. Deshalb arbeiten wir mit Hochdruck daran, unser humanitäres Versprechen einzulösen. Wir wollen bis zu 1.000 Schutzbedürftigen, denen nicht im Irak geholfen werden kann, Hilfe in Baden-Württemberg anbieten", sagte der Ministerpräsident. Er fügte hinzu: „Wir klären momentan viele komplexe Fragen, die mit dem Sonderkontingent verbunden sind, zum Beispiel wie die Auswahl der Hilfsbedürftigen nach medizinischen und humanitären Kriterien erfolgt oder wie Visa-Erteilung und Transport geregelt werden." Parallel dazu bereite die Landesregierung die Aufnahmemöglichkeiten im Land vor. Der Ministerpräsident dankte den Städten Stuttgart, Freiburg und Schwäbisch Gmünd für ihre Bereitschaft, Frauen und Kinder aus dem Sonderkontingent aufzunehmen. Die Universitätsklinika im Südwesten signalisieren ebenfalls ihre Unterstützung und auch die Kirchen bieten Hilfe an.

Erfolge auf Bundesebene

Auch auf Bundesebene habe sich Dank Baden-Württemberg viel getan, unterstrich Kretschmann. „Die Umsetzung des Asylkompromisses wird diese Woche am Freitag im Bundesrat verabschiedet. Mit meiner Zustimmung dazu wurde die Abschaffung der Residenzpflicht sowie der Vorrang von Geld- statt Sachleistungen erreicht. Außerdem können Flüchtlinge durch Fristverkürzungen bei der Vorrangprüfung in Zukunft einfacher und schneller einer Beschäftigung nachgehen." Neben der deutlichen finanziellen Entlastung für die Länder und Kommunen durch eine Erhöhung der Bundesmittel, die ebenfalls Ergebnis der Verhandlungen mit der Bundesregierung gewesen sei, habe der Bund auch eine Zusage zur Einführung der Gesundheitskarte erteilt. „Die Gesundheitskarte ist für die Flüchtlinge eminent wichtig, da sie es ermöglicht, nicht mehr vor jedem Arztbesuch zunächst ein Amt aufsuchen zu müssen."

Bereits verabschiedet sei zudem ein Gesetz, das bauplanungsrechtliche Erleichterungen für den Bau von Flüchtlingsunterkünften vorsieht. „Mit einem Vorstoß im Bundesrat ist es uns gemeinsam mit Hamburg gelungen, eine Änderung des Baugesetzbuches herbeizuführen. Ziel war es, auch in geeigneten Gewerbegebieten eine Nutzung von Liegenschaften zur Unterbringung von Flüchtlingen zuzulassen. Seit Ende November ist dies nun möglich", so Kretschmann.

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