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"Erheblicher Handlungsbedarf bei der Energiewende" - Expertenkommission nimmt Stellung zum Fortschrittsbericht der Bundesregierung

Stand: 19.12.14 23:18 Uhr

19.12.2014. Am 17. Dezember hat die von der Bundesregierung beauftragte unabhängige Expertenkommission erstmals ausführlich ihre Stellungnahme zu dem jüngsten nationalen Energiewende-Fortschrittbericht erläutert. Prof. Dr. Frithjof Staiß, Mitglied des vierköpfigen Gremiums und geschäftsführendes Vorstandsmitglied am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) begrüßte das ausdrückliche Bekenntnis der Regierung zum Klimaschutz. Der Energieexperte sieht jedoch die Gefahr von Zielverfehlungen in verschiedenen Bereichen der Energiewende. "Insbesondere bei der Energieeffizienz fällt der aktuelle Trend deutlich hinter den Zielpfad des Energiekonzepts der Bundesregierung zurück", so Staiß

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung hat die Bundesregierung neben ihrem Fortschrittsbericht mit dem Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 und dem Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz zusätzliche Maßnahmen beschlossen, um die absehbare Verfehlung des Klimaschutzziels für 2020 aufzufangen. "Die Maßnahmen sind allerdings noch zu vage formuliert", gibt Staiß zu bedenken. "Angesichts der Zeitachse müssen sie zeitnah konkretisiert und umgesetzt werden. Dies ist für die Glaubwürdigkeit des weiteren Energiewendeprozesses von erheblicher Bedeutung."

Instrumente richtig umsetzen

Bei der gestrigen Vorstellung der Stellungnahme in der baden-württembergischen Landesvertretung am Berliner Tiergarten wies der ZSW-Wissenschaftler darauf hin, dass bei den erneuerbaren Energien die bestehenden Instrumente grundsätzlich geeignet seien, um die anspruchsvollen Ziele zur regenerativen Bereitstellung von Strom, Wärme und Kraftstoffen zu erfüllen.

Allerdings müssten die Instrumente zieladäquat umgesetzt werden. "Der Ausbau der Photovoltaik liegt absehbar deutlich unterhalb des im Erneuerbare-Energien-Gesetz vorgesehenen Ausbaukorridors. Hier muss gegebenenfalls nachgebessert werden", so Staiß. "Bei der Nutzung der Windenergie gilt es vor allem, die geplante Umstellung auf ein Ausschreibungsmodell so zu gestalten, dass die Entwicklung nicht ins Stocken gerät. Gleichzeitig müssen die Bundesländer ihren Beitrag leisten und ausreichende Flächen für die Windenergienutzung ausweisen."

Im Fortschrittsbericht vom 3. Dezember beschreibt die Bundesregierung den Stand der Energiewende, zeigt, wie weit die im Energiekonzept genannten Ziele bisher erreicht wurden, und nennt weitere Maßnahmen zur besseren Umsetzung bis 2020. Am Vortag übergab die Expertenkommission ihre Expertise. Das Maßnahmenpaket der Regierung besteht unter anderem aus einer stärkeren Förderung der Gebäudesanierung durch die KfW und der steuerlichen Absetzbarkeit der energetischen Sanierungsinvestitionen. Mehr Energieeffizienz-Netzwerke sollen in der Industrie zu weniger Energieverbrauch beitragen. Im Verkehrssektor könnte eine Stärkung des Schienengüterverkehrs und eine Weiterentwicklung der Lkw-Maut zu weniger Treibhausgasen führen.

Seit 2012 legt die unabhängige Expertenkommission eine Stellungnahme zum jährlichen Energiewendebericht der Bundesregierung vor. In der Stellungnahme geht es um die wissenschaftliche Einordnung und Bewertung der Berichte. Die Mitglieder der Kommission sind Prof. Dr. Andreas Löschel (Vorsitzender), Universität Münster; Prof. Dr. Georg Erdmann, TU Berlin; Prof. Dr. Frithjof Staiß, Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW); Dr. Hans-Joachim Ziesing, AG Energiebilanzen e.V. (AGEB).

Die Empfehlungen der Expertenkommission an die Bundesregierung: http://bmwi.de/DE/Themen/Energie/Energiewende/fortschrittsbericht.html

Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) gehört eigenen Angaben zufolge zu den führenden Instituten für angewandte Forschung auf den Gebieten Photovoltaik, regenerative Kraftstoffe, Batterietechnik und Brennstoffzellen sowie Energiesystemanalyse. An den drei ZSW-Standorten Stuttgart, Ulm und Widderstall sind derzeit rund 230 Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker beschäftigt. Hinzu kommen 120 wissenschaftliche und studentische Hilfskräfte.

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