Stau im Straßenverkehr | Bildquelle: pixelio.de - Rolf Handke Foto: pixelio.de - Rolf Handke

Deutschland:

Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf zur PKW-Maut - Kritiker weiter skeptisch

Stand: 18.12.14 18:19 Uhr

Das Bundeskabinett hat heute den von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt vorgelegten Gesetzentwurf zur Maut beschlossen, die "Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen". Der Minister betont erneut: Es werde keine Mehrbelastung für Halter von in Deutschland zugelassenen Kfz geben. Die Zweifel der Kritiker bestehen jedoch fort.

Bundesverkehrsminister Dobrindt betont, die Infrastrukturabgabe sei fair, "weil sie bei vielen unserer Nachbarn in ähnlicher Weise praktiziert wird". Jeder Euro, der zusätzlich eingenommen wird, fließe in die Stärkung der Verkehrsinfrastruktur – rund zwei Milliarden Euro in einer Wahlperiode erwartet der Minister. Gerecht sei die Abgabe auch, "weil wir diejenigen angemessen an der Finanzierung unserer Straßen beteiligen, die diese bisher kostenlos nutzen".

Der Gesetzentwurf ist laut Dobrindt europarechtskonform - daran gibt es nach wie vor Zweifel. Die Vereinbarkeit der Infrastrukturabgabe mit EU-Recht habe jedoch ein Gutachten von Prof. Hillgruber von der Universität Bonn bestätigt (http://www.bmvi.de/gutachten-infrastrukturabgabe).
Danach stellt die Infrastrukturabgabe für die Nutzung des deutschen Bundesfernstraßennetzes - auch in der Kombination mit entsprechenden Freigrenzen bei der Kfz-Steuer - weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Diskriminierung von Unionsbürgern aus Gründen der Staatsangehörigkeit dar.

Das Gesetz sieht die Einführung einer Maut in Form einer elektronischen Vignette für in- und ausländische Fahrzeughalter vor. Sie gilt auf Autobahnen und Bundesstraßen. Halter von im Ausland zugelassenen Fahrzeugen sind nur bei der Nutzung der Bundesautobahnen abgabepflichtig. Dadurch ist gewährleistet, dass der "kleine Grenzverkehr" nicht beeinträchtigt wird. In das Kraftfahrzeugsteuergesetz werden Steuerentlastungsbeträge aufgenommen. Die entsprechenden gesetzlichen Regelungen zur Kfz-Steuerreform wurden heute ebenfalls im Bundeskabinett beschlossen.

Die Gesamteinnahmen aus der PKW-Maut werden rund 3,7 Milliarden Euro pro Jahr betragen, rechnet das BUndesverkehrsministerium. Davon entfallen demnach rund 3 Milliarden Euro auf in Deutschland zugelassene Fahrzeuge und rund 700 Millionen Euro auf nicht in Deutschland zugelassene Fahrzeuge. Diese Mittel sollen nach Abzug der Systemkosten in den Verkehrshaushalt fließen. Die zusätzlich erwarteten Nettoeinnahmen in Höhe von 500 Millionen Euro pro Jahr sollen direkt wieder in die Infrastruktur investiert werden.


Der Autofahrerclub ADAC traut der Zusage nicht, dass kein inländischer Autofahrer durch eine Pkw-Maut finanziell belastet wird. Er will, dass diese Zusage nicht nur für die Einführungsphase, sondern auch für die Zukunft gilt. ADAC Vizepräsident für Verkehr Ulrich Klaus Becker: „Mit der Infrastrukturabgabe schafft die Bundesregierung ein neues Instrument zur Generierung weiterer Einnahmen von den Autofahrern. Leider kann dies auch sehr schnell und einfach zu finanziellen Mehrbelastungen der deutschen Autofahrer führen."

Unbeantwortet bleibt laut ADAC weiter die Frage, worauf sich die konkrete Erwartung des Bundesverkehrsministeriums (BMVI) stützt, allein von ausländischen Pkw-Fahrern könnten Brutto-Einnahmen in Höhe von 700 Millionen Euro in die Kassen des Staates gespült werden. Demgegenüber stünden die Ergebnisse einer wissenschaftlichen Studie des Verkehrswissenschaftlers Ralf Ratzenberger zu möglichen Einnahmen einer Ausländermaut. Sie kommt – obwohl höhere Mautsätze angesetzt wurden – zu deutlich niedrigeren Einnahmeerwartungen.

Bestätigt sieht sich der ADAC in seiner Einschätzung, dass das Maut-Konzept dem Diskriminierungsverbot der EU widerspricht. Die neue EU-Verkehrskommissarin Bulc hatte nach Medienberichten jüngst in einem Schreiben an das Bundesverkehrsministerium auf fehlende Vereinbarkeit des Gesetzentwurfs mit dem EU-Recht hingewiesen.

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