Helmut Haussmann im RTF.1-Gespräch | Bildquelle: RTF.1

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"Falsche Akzente":Ex-Bundeswirtschaftsminister Haussmann kritisiert schwarz-rote Wirtschaftspolitik

Stand: 18.12.14 22:10 Uhr

Er war von 1988 bis 1991 unter Helmut Kohl Bundeswirtschaftsminister und er vertrat von 1976 bis 2002 den Wahlkreis Reutlingen für seine Partei, die FDP, im Bundestag: Die Rede ist von Helmut Haussmann. Aus Anlass eines Besuchs in der RTF.1-Redaktion hat der Bad Uracher im Studio-Gespräch mit Nachrichten-Chef Michael Klarner die Große Koalition aus CDU und SPD als "Koalition der Abkassierer" kritisiert. Haussmann warnt vor falschen politischen Akzentsetzungen und dem Ende der derzeitigen wirtschaftlichen Boom-Stimmung. Er fordert Korrekturen in der Außenpolitik und sagt zudem, warum er die FDP - trotz der derzeit schlechten Stimmung - für das Land für unverzichtbar hält.


Der Moment des Entsetzens: Für die FDP und ihre Abgeordneten war dieser Tag der Tiefpunkt: Am 27. September 2013 schafften es die Gelben erstmals in der bundesrepublikanischen Geschichte nicht, bei einer Bundestagswahl in den Bundestag zurückzukehren. Statt Regierungspartei in Berlin zu bleiben, folgte dann der Beginn eines bis jetzt andauernden rasanten demoskopischen sowie bundes- und landespolitischen Abstiegs. Seit dem wird Deutschland von der Groko aus CDU und SPD regiert. Was Wirtschaftswachstum, sinkende Arbeitslosigkeit und Rekordeinnahmen in Zahlen angeht: erfolgreich. Und erfolgreich auch in den Augen vieler Bürger.

Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Helmut Haussmann bezweifelt indessen, dass das bei dem gegenwärtigen politischen Kurs noch lange so bleibt. Er lobt die Agenda 2010, die ein mutiger, wegweisender Schritt eines sozialdemokratischen Bundeskanzlers gewsen sei. Jetzt, so Haussmann, wärte es eigentlich die Aufgabe der aktuellen Bundeskanzlerin Angela Merkel, eine zukunftssichernde Agenda 2020 aufs Gleis zu setzen. Stattdessen kassiere die schwarz-rote Koalition einzelne Elemente wieder ein - wie die Rente mit 63, die international als Rückschritt wahrgenommen werde. Ein Riesenfehler, so Haussmann, in einem Land mit alternder Bevölkerung und geringer Geburtenzahl.

Ähnliches gelte auch für die Einführung eines vom Staat fixierten Mindestlohns, der zu massivwn Jobverlusten führen werde. Unselig seien zudem auch die Steuerdiskussionen. Der Soli werde einfach einbehalten, obwohl der Solidaritätszuschlag doch nur temporär und zweckgebunden gedacht gewesen sei. Die Arbeitnehmer litten unter der Steuerprogression, auch "Kalte Progression" genannt, die Gehalts- und Lohnerhöhungen wegfresse. Insgesamt müsse man deshalb von einer "Koalition der Steuerabkassierer" sprechen. Grade bei dem derzeit schwächelndem internationalen Umfeld brauche es jetzt aber, damit die Binnenkonjunktur im Land anspringe, Entlastungen bei Steuern und Abgaben. Hier sei das Fehlen der FDP unübersehbar.

Von der Kanzlerin wünsche er sich zudem im Falle der Ukraine- und Rußland-Politik zugleich mehr außenpolitische Vorsicht. Auch wegen der negativen und spürbaren Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft müsse man aus der Sackgasse der Sanktionen herauskommen. Amerika habe hier definitiv andere Interessen als Deutschland, darüber müsse man sich klar sein. Rußland sei strategisch der wichtigste europäische Partner.

Um die grundsätzliche Zukunft der FDP mache er sich jedenfalls grade angesichts der derzeitigen Politik von CDU und SPD zumindest langfristig keine Sorgen. Im Grunde werde derzeit eine politische Idee bestraft, die für Marktwirktschaft und eine "Politik der Mitte" stehe. Vermittelt werden müsse, dass es eben um diese Inhalte gehe und nicht um gute Talkshow-Auftritte. Gelinge es, genau diese Botschaft zu vermitteln, sei er überzeugt, dass der Wiedereinzug der Liberalen nicht nur in Berlin, sondern in Landesparlamente und auch Regierungen gelingen werde.

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